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22. Jun 2021

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Gesellschaft

"Der Masterplan muss sichtbar sein"

Journalist: Kirsten Schwieger

Guido Maria Kretschmer über  Lieblingsplätze als Kraftquellen, aktuelle Design-Trends und die deutsche Unart, Raumplanung  nach dem Fernseher auszurichten.

Noch nie haben wir so viel Zeit Zuhause verbracht wie in den vergangenen 14 Monaten. Und nicht wenige haben diese Zeit genutzt, ihre eigenen vier Wände nicht nur aufzuräumen, sondern auch zu verschönern. „Ich glaube die aktuelle Situation, dass wir so eingeschränkt sind, bringt uns dazu, Designs auszuwählen, die das außen nach innen bringen – ein Gefühl von Freiheit in den eigenen Wänden schaffen“, beobachtet der Mode- und Interiordesigner Guido Maria Kretschmer. Dieser Umstand schlägt sich in seinen Augen in den Mix-Trends der Saison nieder: Urban Summerlook, Modern Jungle, Green Garden und weitere exotische Trends. Kombinationen aus Metall und Glas, Stein in unterschiedlichen Variationen. Wir holen uns die Natur und die Ferne in Form von Materialien und Formen, Möbeln und Dekoration ins Haus.

Daraus Momente zu kreieren, „die Ruhe schaffen, die dich glücklich sein lassen, aber auch praktisch und funktional sind“ ist dann die große Herausforderung der Raumgestaltung. „Meine Kraftquelle ist ganz klar mein Zuhause. Ich habe mir überall kleine Lieblingsplätze geschaffen – das ist für mich essentiell, um entspannen und leben zu können“, offenbart der Designer. Für alle, denen die Decke auf den Kopf fällt oder die sich satt gesehen haben an ihrer Einrichtung, hat er gleich ein paar einfache Umstyling-Tipps mit großer Wirkung parat: „Neue Perspektiven schaffen, Möbelstücke durch die Gegend schieben. Den Raum durch Kleinigkeiten verändern – anstatt eines Holztisches einen Glastisch einsetzen oder einen neuen Teppich. Wenn das nichts hilft, sind Lampen immer eine gute Wahl.“

Aber wie findet man seinen ganz persönlichen Einrichtungsstil? „Indem man weiß, wer man ist, sein möchte oder könnte. Es ist immer wichtig sich zu fragen: Was ist meine Idee vom Leben? Wenn ich jemand bin, der sehr reduziert ist, das Nordische mag und mit wenigen, aber guten Sachen lebt, dann ist das auch ein Teil der eigenen Persönlichkeit“, weiß der Designer und verrät: „Der Masterplan muss sichtbar sein. Wohnen im richtigen Stil ist ein großes Geschenk. Und eine Form von Freiheit, in dieser riesengroßen Welt seinen Platz gefunden zu haben. Dann kann man alles sein.“ 

Was nach ziemlich viel Psychologie und fast wie eine Lebensaufgabe klingt, ist dennoch kein Hexenwerk. Um das Potenzial von Räumen zu erkennen und optimal zu nutzen, empfiehlt der Profi erst einmal ein „Probewohnen“: 

„Einmal sitzen, einmal stehen, einmal liegen und sich fragen: Wo ist der Platz, an dem ich etwas erleben möchte? Man muss sich überlegen, mit welchem Blick man wach werden möchte, aus welchem Fenster man am liebsten schauen würde. Jeder Raum sollte seiner Bestimmung zugeführt werden und das machen viele Menschen leider nicht.“ So sei das dafür vorgesehene Schlafzimmer nicht immer der Raum, in dem man schlafen sollte. Auch die „Unart“ deutscher Wohnräume auf den Fernseher ausgerichtet zu sein, darf gerne überdacht werden: „Das Sofa steht automatisch gegenüber vom Fernseher. Womöglich ist das aber der völlig falsche Platz dafür und es wäre eine viel bessere Idee, eine Leitung zu verlegen und die Hardware zu verändern.“

Natürlich spielen auch architektonische Gegebenheiten, Licht und Farben eine wichtige Rolle bei der Raumgestaltung. Wie beispielsweise das Zusammenspiel vom Fenster zur Tür. Oder wo die Sonne aufgeht und wo unter. „In dunklen Räumen sollte man schauen, dass man auf der gegenüberliegenden Seite des Fensters, das wenige Licht optimiert. Und man sollte Farben wählen, die den Raum offen wirken lassen“, rät der 56-Jährige, der lange auf Mallorca gelebt hat. Außerdem sollten Lichtquellen in einem Raum immer in mindestens drei Ecken platziert werden.

Für seine eigenen Wohn-Kollektionen bei OTTO lässt sich der Weltenbummler von seiner Erinnerung an schöne Räume, in denen er zu Gast war oder gewohnt hat, inspirieren. Oder wenn er etwas Formschönes gesehen hat. „Möbel können gute Lebenspartner werden, wenn man den richtigen Entwurf schafft.“ Das Thema Nachhaltigkeit spielt dabei für ihn eine wichtige Rolle. „Wir achten auf die Umwelt, es gibt kurze Produktionswege und wir arbeiten mit Qualitäten, die lange bleiben – sodass Möbel auch die Chance haben, Generationen zu überstehen und vielleicht weitergegeben werden können. Ich glaube das ist die größte Herausforderung für uns alle und auch alle Designer. Weil das die Zukunft ist und unerlässlich.“

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.