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28. Mär 2023

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Wirtschaft

„Der Strommarkt muss berechenbar bleiben“

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: Jerry Zhand/unsplash

Die EU will die Erneuerbaren in ein starres Korsett zwängen, kritisiert BBE-Präsidentin Simone Peter. Ihr Verband präsentiert einen Gegenvorschlag.

Die Energiewende hat Fahrt aufgenommen, aber das Tempo müsse weiter beschleunigt werden, fordern Vertreter von Verbänden und Klimaschützer. Ein Blick in die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts zum in Deutschland im Jahr 2022 erzeugten Strom macht tatsächlich deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. Denn die klimaschädliche Kohle war auch im vergangenen Jahr der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung hierzulande. 33,3 Prozent des in Deutschland erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms stammten aus Kohlekraftwerken. Im Jahr zuvor waren es 30,2 Prozent, so dass statt einem erhofften Rückgang sogar ein Anstieg zu verzeichnen ist. Das hängt mit dem durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Zwang zusammen, weggebrochene russische Gasimporte auszugleichen.

Immerhin gibt es aber auch Licht am Energiehimmel, denn auch der Anteil der Windenergie stieg und liegt jetzt bei 24,1 Prozent (nach 21,6 Prozent im Vorjahr). Insgesamt stammten von den 509 Milliarden in Deutschland produzierten und eingespeisten Kilowattstunden Strom noch 53,7 Prozent aus konventionellen Energieträgern, der Anteil der Erneuerbaren lag bei 46,3 Prozent. Das bedeutet, dass es in der Gesamtbilanz eine leichte Verschiebung zugunsten der Erneuerbaren gab. Gleichwohl ist noch ein weiter Weg bis zur Erreichung der 80-Prozent-Marke, die die Bundesregierung als Ziel bis 2030 festgelegt hat. Und es bleiben dafür weniger als sieben Jahre.

Eine wichtige Rolle für den weiteren Anstieg der Erneuerbaren spielt die Frage, wie der Strommarkt der Zukunft gestaltet sein wird. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) richtet ihren Blick daher auf die Diskussionen über ein neues Strommarktdesign, das derzeit auf EU- und Bundesebene diskutiert wird. Ziel sei es, einen neuen Rahmen zu schaffen, um der systemsetzenden Rolle der Erneuerbaren stärker Rechnung zu tragen als bisher. Ebenso solle ihre Finanzierung nachhaltig gesichert, zugleich die gesamtgesellschaftlichen Kosten gedämpft und nicht zuletzt eine intelligente Koppelung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte, Mobilität und Industrie gefördert werden.

Die Herausforderungen sind also vielfältig. Und Simone Peter betont einen weiteren Punkt: „Künftig müssen hohe Mengen an fluktuierendem Strom aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen integriert und Anreize für eine Flexibilisierung von Stromangebot und -nachfrage gesetzt werden“. So könnten die Erneuerbaren mehr Systemverantwortung übernehmen und erhebliche betriebs- und volkswirtschaftliche Vorteile generieren, schrieb sie kürzlich in einem Beitrag für das „Handelsblatt“.

In diesem Zusammenhang kritisiert die BBE-Präsidentin die Vorschläge der EU-Kommission zum Strommarkt der Zukunft. Sie bauten in wesentlichen Aspekten auf den Beschlüssen zur Gewinnabschöpfung im Rahmen der Strompreisbremse auf. Verträge sollen zu vorab vereinbarten Preisen, auch Mindestpreise und Höchsterlöse, festgelegt werden (sogenannte Contracts for Difference, CfD). In Auktionen vereinbaren Versorger und Regulierer einen sogenannten strict price für die erwartete Lebensdauer der Anlagen. Diese Überlegungen lehnt Simone Peter ab: „Gerade erst in den Markt entlassen, würden Erneuerbare so wieder in ein starres Korsett gezwungen. Es besteht die Gefahr, dass bei Geboten in Ausschreibungen höhere Risiken eingepreist werden und damit volkswirtschaftliche Kosten steigen.“ 

Als Forderung setzt die BBE-Präsidentin dagegen: „Der künftige Strommarkt muss berechenbar bleiben und darf sich nicht an unvorhergesehen Marktpreisschwankungen orientieren.“ Eine Studie des BEE empfiehlt daher, die derzeitige zeitgebundene Förderung erneuerbarer Energien über 20 Jahre auf eine Mengenförderung über die Betriebslaufzeit umzustellen. Dadurch könnte zu jeder Zeit die benötigte Energie geliefert werden – ein einfacher und kurzfristig umsetzbarer Ansatz, der zudem kostenneutral sei. So werde der Strommarkt mit smarten Energien fit für die Zukunft. Das aber sei notwendig, um das Ziel von 80 Prozent erneuerbarem Strom bis 2030 erreichen zu können und dabei gleichzeitig die Vollversorgung mit erneuerbaren Energien in allen Sektoren zu gewährleisten.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes