31. Aug 2021
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Gesellschaft
Journalist: Kirsten Schwieger
Zur Bekämpfung des Fachkräfte-mangels in Deutschland sollen Aus- und Weiterbildung verbessert sowie ausländische und abgewanderte Experten geködert werden.
Nach vorübergehender Abschwächung durch die Corona-Pandemie verzeichnet Deutschland weiterhin einen gravieren-den Fachkräftemangel über alle Branchen hinweg. Mit weitreichenden Folgen für die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit vieler, insbesondere mittelständischer, Unternehmen. Laut aktuellem KfW-ifo-Fachkräftebarometer behindern die Engpässe in einigen Dienstleistungsbranchen bis zu 44 Prozent der Unternehmen. Bis Ende 2021 prognostiziert man dort für ein Drittel aller Unternehmen deutschlandweit einen Fachkräftemangel.
Vor allem in den MINT-Berufen, aber auch im Gesundheitsbereich, klafft eine große Lücke zwischen Nachfrage und Angebot. Insbesondere IT-Experten sind hierzulande Mangelware, und zwar branchenübergreifend. Laut aktueller Bitkom-Studie waren Ende 2020 86.000 IT-Stellen unbesetzt – der zweithöchste jemals gemessene Wert seit der Ersterhebung im Jahr 2011. Doch nicht nur Akademiker werden händeringend gesucht, auch Fachkräfte im Handwerk und in der Pflege.
Ausgelöst durch die Digitalisierung und befeuert vom demografischen Wandel fehlen vielerorts genau die Mitarbeiter, die den Schritt von der Industrie 3.0 hin zu 4.0 bewerkstelligen sollen. Paradoxerweise steht dem Fachkräfte-Defizit mittelfristig ein Überschuss von Arbeitskräften gegen-über, deren Jobprofile durch die digitale Transformation obsolet werden. Die Engpässe im Fachkräftebereich werden durch den nahenden Rentenbeginn der Babyboomer-Generation noch verstärkt. Weil das Gros der Jugendlichen an die Unis strömt, wird es auch in Berufen, die einen Aus- oder Fortbildungsabschluss erfordern, immer schwieriger, geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren.
Insbesondere der Mittelstand hat Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Mit dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BmWi) KMU dabei unterstützen, Fachkräfte zu finden, zu binden und zu qualifizieren. Allerdings sind Mittelständler oftmals nicht willens oder in der Lage, in Sachen Vergütung mit Großunternehmen mitzuhalten. Dennoch empfehlen Experten eine durchdachte Personalstrategie mit dem Fokus auf persönlicher Betreuung und Transparenz im gesamten Recruiting-Prozess – für Unternehmen jeder Größenordnung. Neben der Erstellung von Talent Pools sowie Schulungen für die bestehende Belegschaft, wird zum Aufzeigen klarer Karrierepfade geraten, um Nachwuchskräfte im Unternehmen zu halten. Insbesondere Weiterbildungsmöglichkeiten kommen hierbei besondere Bedeutung zu.
Ergänzend zu einer besseren Aus- und Weiterbildung fordert der Branchenverband Bitkom eine Stärkung von Frauen in der IT und die Förderung qualifizierter Zuwanderung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Diese Maßnahmen hat sich auch die Bundesregierung branchen-übergreifend auf ihre Fahnen geschrieben. So will sie zum einen Frauen sowie Ältere stärker in das Erwerbsleben einbinden als auch Geflüchtete gezielt in den Arbeitsmarkt integrieren. Zum anderen fördert sie die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Seit März 2020 soll das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) den Zuzug ausländischer Experten durch eine entschlackte Bürokratie beschleunigen. Außerdem spielt die Politik mit dem Gedanken, deutsche Fachkräfte im Ausland zur Rückkehr und für eine Karriere in Deutschland zu begeistern.