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23. Jul 2019

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Gesellschaft

Die Bauentwicklung der Zukunft

Journalist: Jörg Wernien

Building Information Modeling (BIM) wird das Bauen in Deutschland disruptiv verändern. Die Digitalisierung von Bauprojekten jeder Größe ist im vollen Gange.Dr. Josef Kauer ist der Präsident der BIM World in München. Eine Fachmesse, die sich ausschließlich mit allen Neuerungen, Entwicklungen und Möglichkeiten des digitalen Bauens beschäftigt. 180 Austeller bedeuten einen Zuwachs von 50 Prozent – die BIM World ist der weltweite „Hotspot“ für digitales Bauen. Wir haben mit Dr. Kauer ein ausführliches Interview geführt.


Dr. Josef Kauer, Präsident der BIM World in München, Foto: Presse

Herr Dr. Kauer, BIM ist der Trend der Baubranche – was schätzen Sie wie viele Bauten wurden in Deutschland schon mit der Hilfe von BIM erstellt?

Noch viel zu wenig im internationalen Vergleich! Nun Deutschland hat grob gesprochen rund 350.000 Baustellen. Auch wenn das Thema BIM inhaltlich in der Branche stark diskutiert wird, so werden nach meiner Schätzung aktuell noch deutlich weniger als 5% der Bauten in Deutschland mittels der BIM-Methode tatsächlich realisiert. Bei den Großprojekten sieht die Zahl positiver aus. Dort könnten es nach meiner Schätzung bald 50% sein.

Woran liegt das? Auch wenn die BIM Methodik sowohl für große als auch für kleine Projekte geeignet ist, so kostet die Umstellung auf die neue Methodik für alle Beteiligten erstmal Zeit und Geld.

Damit Deutschland im Baubereich wettbewerbsfähig bleibt, müssen sich also sogenannte „BIM-Umsetzungs-Strings“ bilden. Es müssen sich Firmen, die modern und effizient arbeiten wollen, in einer aufeinander abgestimmten Prozesskette zusammenschließen und die BIM-Übergabeschritte miteinander durchtesten. So sind sie dann gemeinsam am Markt schlagkräftig. An dieser BIM-String-Bildung arbeiten wir auf der BIM-World im Rahmen der BIM Town. Dort stimmen Firmen, die als Team auftreten wollen, ihre modernen Workflows aufeinander ab.

In der öffentlichen Hand soll der Bau mit BIM ab dem nächsten Jahr verbindlich sein – Kann die öffentliche Hand damit schneller bauen?

Sie meinen damit wahrscheinlich den Erlass für Hochbauprojekte vom Frühjahr 2017, also aus der letzten Legislaturperiode, durch die damalige Bundesbauministerin Barbara Hendricks. Dort ist festgelegt, dass bei zivilen Bauvorhaben des Bundes ab 5 Mio. Euro Investment die BIM-Methodik in allen Planungsphasen zu prüfen ist.

Das ist zwar alles ein Schritt in die richtige Richtung – dem sollten eigentlich die Landesbehörden folgen. Aber die Landesbehörden selbst sind sehr zögerlich bei der Einführung von BIM. In der Gesamtschau mussten wir leider feststellen, dass die neue Bundesregierung und die Landesregierungen in den letzten 2 Jahren zum Thema BIM relativ wenig an neuen Aktivitäten entfaltet haben. Wir verlieren nach einer Aufhol-Phase aus den Jahren 2015-2017 derzeit wieder an „Boden“ bezüglich der internationalen Wettbewerbskraft zu diesem Thema. Dänemark, Skandinavische Länder, Kanada und UK sind da nach wie vor wesentlich weiter.

Deutschland diskutiert über Bausünden wie BER oder Stuttgart 21 – Wären diese Katastrophen zu verhindern gewesen?

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit der 5D-BIM-Methodik beim BER nicht eine 6-malige Verschiebung des Eröffnungstermins erlebt hätten. Bei der 5D-BIM-Methodik werden neben der dreidimensionalen Planung als 4te Dimension die Zeit und als 5 Dimension die Kosten digital mitgeführt. Auch Simulationen zum Brandschutz lassen sich sehr gut digital durchführen. Das geht technisch alles sehr gut und hätte sicherlich den Akteuren, die eine oder andere Überraschung erspart. Ich kann hier nur das BIM-Credo wiederholen: „Erst digital, dann real bauen!“

Welche Möglichkeiten haben Architekten mit BIM Bausünden, wie gleich aussehenden Bauten, zu vermeiden?

Das ist ein allgemeines Missverständnis, dass man mit digitaler Planung gleich aussehende Bauten erzeugt. Das will niemand und ist schlichtweg falsch. Im Gegenteil: Digitale Methoden eröffnen neue Räume für Kreativität. Nehmen Sie zum Beispiel das Architekturbüro Snohetta mit Hauptsitz in Oslo. Hier wendet man die BIM-Methodik konsequent an, um den Formenreichtum des Bauens zu steigern. Wenn Sie 2-dimensional planen, dann ist es schwierig komplexe Formen im Schnitt abzubilden. Eine 3-dimensionale Planung eröffnet dabei viel mehr Gestaltungsspielraum. Ergänzend zur digitalen Planung am Bildschirm kann der Architekt heutzutage auch Augmented Reality Technologien nutzen und die Planung im Raum digital begehbar machen und so noch kreativer an die Planung heran gehen.


9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.