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16. Jun 2023

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Gesellschaft

Die Grundregel lautet: „Keep cool!“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Anna Nekrashevich/pexels, Presse

„Laien-Anleger sollten sich nicht durch allgemeine Krisen verunsichern lassen“, rät Martin Weber, Experte für Behavioral Finance.

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BU: Prof. Martin Weber, Seniorprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim

Wie lassen sich die derzeitigen Chancen und Risiken mit Blick auf Anlagen und Investments darstellen?
Es gibt eine Grundregel: Keep cool. Man sollte sich schlicht nicht aus der Ruhe bringen lassen, denn als Wissenschaftler sind wir davon überzeugt, dass es keinen Unterschied macht, ob man vor, während oder nach einer Krise anlegt. Es gibt immer Risiken, die man abwägen muss und es gibt auch immer Alternativen. Man darf Krisen natürlich in ihrer Bedeutung nicht herunterspielen, aber für das Anlegen spielen sie keine große Rolle.

Zu welchen Anlage- und Investmentmöglichkeiten raten Sie?
Ich rate immer zu Varianten, bei denen man fair behandelt wird. Und das bedeutet auch, dass man Vorsicht und Vernunft walten lassen sollte. Bei normalen Anlagen gibt es Marktpreise und diese sind durch Angebot und Nachfrage so gebildet, dass man ihnen vertrauen kann. Zu solchen Anlagevarianten gehören Aktien, Renten und Rohstoffe. Immobilien zählen dann dazu, wenn man größer anlegen möchte.

Warum ist die Investmentkultur in Deutschland nicht so weit entwickelt wie zum Beispiel in den USA?
In den USA ist das traditionell viel stärker ausgeprägt als bei uns. Bei uns waren Schatzbriefe, Bausparverträge und Sparbücher beliebt, die ja auch relativ hoch verzinst wurden. Außerdem gibt es in den USA viel mehr große Firmen als in Deutschland. Inzwischen gibt es bei uns auch eine stärkere Hinwendung zu Aktien. 

Laien schneiden bei der Vorhersage von Aktienkursen fast genauso gut ab wie Finanzmarktexperten. Woran liegt das?
Die Aktienkurse sind ein Prozess, der am besten als Zufallsprozess beschrieben werden kann. Der Preis einer Aktie ist nichts anderes als die zukünftige abgezinste Gewinnerwartung eines Unternehmens. Zwar haben wir eine Vorstellung dieser Entwicklung, doch wir kennen sie nicht, weil sie von vielen Faktoren bestimmt wird, die wir nicht vorhersehen können. Wie zum Beispiel Corona oder aktuell Putins Überfall auf die Ukraine – der war weder für Laien noch für die meisten Experten vorhersehbar.

Das beste Umfeld ist eines, in dem keine Seite einen Wissensvorsprung hat. Laien profitieren von diesem Zustand und deshalb ist der Aktienmarkt für Laien sehr empfehlenswert.

Ist das jetzt eine gute Nachricht für Laien, die in Aktien investieren möchten?
Ich persönlich finde das gut. Das beste Umfeld ist eines, in dem keine Seite einen Wissensvorsprung hat. Laien profitieren von diesem Zustand und deshalb ist der Aktienmarkt für Laien sehr empfehlenswert.

Raten Sie grundsätzlich dazu, aktiv zu werden?
Wer nichts macht, leidet unter der Inflation und verliert Geld. Und die empirischen Daten der vergangenen 200 Jahre zeigen, dass die Rendite bei Aktien am besten ist. Aktien sind kein Spekulationsobjekt, sondern stellen einen Anteil an einem Unternehmen dar. Ich rate dazu, in Aktien zu investieren – aber das Risiko so zu gestalten, dass man es aushalten kann und nicht alles in einen Korb legt.


Martin Weber ist Experte für die Untersuchung der menschlichen Psyche in finanz­iellen Situationen. Er ist Autor einer Vielzahl von Veröffentlichungen in diesem Bereich und Mitherausgeber zahlreicher nationaler und internationaler Zeitschriften. Seit 2017 ist er als Seniorprofessor an der Universität Mannheim tätig.

 

Link zur Studie: https://www.soscisurvey.de/retinv/

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.