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30. Sep 2021

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Gesellschaft

Die Sensibilität ist deutlich gestiegen

Journalist: Armin Fuhrer

Nachhaltigkeit spielt heute eine sehr große Rolle für die Unternehmen der Baubranche, sagt Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB.

Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.; Foto: DGNB

Spüren Sie, dass das Thema Nachhaltigkeit für den Bausektor an Bedeutung gewonnen hat?

Ja, das hat es. Wir spüren das zum Beispiel in unsere Rolle als Non-Profit-verein über einen enormen Zulauf an neuen Mitgliedsorganisationen. Auch bei der Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden und Quartieren steigt die Zahl der Anmeldungen, sodass die von der DGNB ausgebildete Auditoren erstmals aktiv Aufträge ablehnen müssen, weil die Nachfrage zu hoch ist. 

Worauf führen Sie das zurück?

Ein zentraler Grund ist die deutlich gestiegene generelle Sensibilität für die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dabei ist zuletzt speziell der Bausektor mehr in den Fokus gerückt, etwa durch das Verfehlen der Klimaschutzziele im vergangenen Jahr. Aber auch die Aktivitäten der EU-Kommission rund um den Green Deal und die EU-Taxonomie haben dafür gesorgt, dass ein Ignorieren nur noch schwer möglich ist. 

Wie wichtig ist ein nachhaltigerer Bausektor angesichts der Tatsache, dass sein CO2-Fußabdruck ziemlich  groß ist?

Der Bausektor ist natürlich von enormer Bedeutung. Die gute Botschaft ist, dass die Hebel zur Veränderung auch entsprechend groß sind, wenn es gelingt, die vielfältigen Themen, die sich hinter der Idee des nachhaltigen Bauens verbergen, zur Maxime machen. Hier braucht es ein grundlegendes Umdenken sowie – noch viel wichtiger – daraus abgeleitete Aktivitäten. Wir haben schon viel zu viel Zeit unnötig verloren, weil es an ernst gemeintem Gestaltungs- und Transformationswillen in der Politik, bei Kommunen, in der Finanz- und Realwirtschaft fehlt und Worten keine Taten gefolgt sind.

Profitieren die Unternehmen durch nachhaltiges Wirtschaften auch direkt selbst?

Nachhaltigkeit wird in vielen Bereichen ein zentraler Wettbewerbsfaktor sein und zum Teil ist er es schon. Unternehmen müssen ihre eigene Geschäftsmodelle hinterfragen, was vielleicht unbequem und anstrengend, aber unbedingt notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Aber auch die Chancen sind groß. Das fängt schon bei der Suche nach geeigneten Fachkräften an. Young Professionals suchen immer mehr ihren Arbeitgeber danach aus, wie sich ein Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit engagiert. Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeit immer auch Qualität, Zukunftsfähigkeit und Risikominimierung heißt. Welchem Unternehmen sind diese Aspekte nicht wichtig? Insofern sollte nachhaltiges Wirtschaften über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. 

Ist für mehr Nachhaltigkeit die Digitalisierung eine Voraussetzung?

Nein, es ist keine Voraussetzung. Man muss dabei auch unterscheiden, über welche Form von Digitalisierung wir sprechen. In der Planung und zur Gebäudedokumentation können digitale Lösungen sicher dazu beitragen, die Nachhaltigkeitsqualität zu erhöhen. Geht es um digitale Lösungen, die in Gebäu-den verbaut werden, müssen wir schon genauer hinschauen. Was ist nur Spielerei, was steigert wirklich die Effizienz? Man darf dabei nicht vergessen, dass Technik wartungs- und damit kostenintensiv ist und gleichzeitig schnell veraltet. Hierfür muss man nur einmal 20 Jahre zurückblicken und überlegen, welche technischen Möglichkeiten es damals und heute gibt. Dieser Fortschritt geht ja weiter.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.