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11. Sep 2024

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Wirtschaft

„Die Zeichen des Bodens erkennen“ – mit Johann Aufreiter

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Gabriel Jimenez/unsplash, Daniela Koeppl

Gute landwirtschaftliche Böden sind essenziell für eine gesunde Ernährung und für das Klima. Je höher der Humus-Anteil, desto besser.

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Johann Aufreiter, Vorstandsmitglied des Vereins Enkeltaugliches Österreich

Gute Böden spielen in der Landwirtschaft eine ausschlaggebende Rolle sowohl für den Ertrag als auch für die Qualität und Resistenz der Pflanzen. Was im Boden, also etwa in den obersten, für das Wachstum der Pflanzen wichtigen 15 bis 20 Zentimetern passiert, erforscht die Wissenschaft allerdings erst Schritt für Schritt. Neue Forschungsergebnisse können für Verbesserungen der Bodenqualität sorgen, aber ebenso ist das Bewusstsein der Bewirtschafter für das sehr komplexe System Boden wichtig. „Wir brauchen, um für Stabilität der Böden zu sorgen und sie somit zukunftsfähig zu werden, einen Aufbau des Humus und keinen Abbau, wie es derzeit oft geschieht“, sagt Johann Aufreiter, Vorstandsmitglied des Vereins Enkeltaugliches Österreich.

Herr Aufreiter, sie betreiben selbst seit fast 50 Jahren einen landwirtschaftlichen Betrieb, der Bio-Kräuter anbaut. Was sagt Ihnen Ihre Erfahrung: Wann kann ein Boden als gut gelten?

Ein guter Boden ist reich an Humus, wobei der Anteil je nach Beschaffenheit des Bodens unterschiedlich ist. Wichtig ist die Durchlässigkeit des Bodens und eine aktive Durchwurzelung, die für einen lockeren, leichten Boden sorgt. Und er ist nicht sandig oder klumpig, sondern krümelig. Es ist die Kunst des Bewirtschafters, die Qualität und Beschaffenheit zu erkennen und zu entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Er muss die Zeichen erkennen, die der Boden ihm gibt.

Ein guter Boden ist reich an Humus, wobei der Anteil je nach Beschaffenheit des Bodens unterschiedlich ist.

Welchen Einfluss auf die Qualität der Produkte hat die Beschaffenheit des Bodens?

Grundsätzlich kann man darauf vertrauen, dass auf Bioflächen gesunde Pflanzen ohne Chemie heranwachsen. Eine wichtige Rolle spielen die Mikrobiome, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen. Hier gilt der alte Spruch: Du bist, was Du isst. Mit der Nahrungsaufnahme können wir sehr viel für unsere Gesundheit tun.

Gibt es eine Wechselwirkung zwischen den Böden und dem Klima?

Die Art der Bewirtschaftung hat einen großen Einfluss auf das Klima. Die CO2-Bilanz von künstlich hergestelltem Stickstoff für Dünger ist katastrophal. Humus aufzubauen, bedeutet dagegen, CO2 zu speichern, denn er bindet CO2 im Boden. Es wäre sinnvoll, dies durch die Vergabe von Zertifikaten zu fördern.

Sie sind Mitglied des Vereins Enkeltaugliches Österreich. Hat er sich zum Ziel gesetzt, auf solche Zusammenhänge hinzuweisen?

Wir setzen uns aus Bio-Bauern, Wissenschaftlern und zukunftsorientierten Privatpersonen zusammen, die alle die innere Überzeugung eint, dass nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund stehen darf, sondern dass Landwirtschaft eine Verantwortung für die Menschen hat. Und dass es wichtig ist, jetzt dementsprechend zu handeln, um die Lebensgrundlagen auch für zukünftige Generationen zu sichern. Wir kämpfen nicht gegen etwas, sondern wir setzen unsere ganze Energie für zukunftsfähige – also enkeltaugliche Lösungen ein. In den vergangenen Jahren sind bei uns die Wissenschaftler aus ganz verschiedenen Bereichen sehr wichtig geworden. Aber es gilt ein Grundsatz: Die Bio-Bauern haben immer das letzte Wort.

Die Art der Bewirtschaftung hat einen großen Einfluss auf das Klima.

Infos zum Verein: https://www.etoe.at/

Fakten:

Humus ist ein wichtiger Bestandteil des Bodens, der aus abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Materialien besteht, die von Mikroorganismen zersetzt wurden. Während dieses Zersetzungsprozesses wird Kohlenstoff in organischer Form im Humus gebunden. Dieser gebundene Kohlenstoff kann für lange Zeiträume im Boden verbleiben.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.