17. Mär 2023
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Gesellschaft
Journalist: Jörg Wernien
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Foto: Mark Boss/unsplash
Die Stichworte einer ganzen Branche lauten Dekarbonisierung, Digitalisierung und Dezentralisierung. Und nicht zu vergessen die Nachhaltigkeit – eine Kernbotschaft, die immer mehr das wirtschaftliche Handeln der Unternehmen bestimmt. Und immer wichtiger werden die Netze für eine in die Zukunft gerichtete Versorgungssicherheit der Unternehmen und der Städte und Gemeinden.Bis zum Jahr 2030 sollen 65 Prozent aller erzeugten Energien aus nachhaltiger Erzeugung stammen – so der Beschluss der Bundesregierung.
Ein Ansatz ist dabei der Ausbau sogenannter Smart-Grid-Plattformen. Smart-Grids sind intelligente Stromnetze. Hier werden auf kommunaler Ebene die Stromerzeugung, das Speichern von Strom und der Verbrauch miteinander vernetzt und überwacht. Die unterschiedlichen Komponenten tauschen sich kommunikativ aus und ermöglichen so einen effizienten und zuverlässigen Betrieb des Systems. Gerade erst hat das Umweltministerium in Baden-Württemberg eine neue Förderung von Smart-Grid-Plattformen im Land beschlossen. Schon 2012 hat man damit begonnen, die unterschiedlichen Akteure unter einen Hut zu bekommen. Mittlerweile beteiligen sich knapp 80 Gemeinde und regionale Energieversorger an dem Projekt. In den nächsten Jahren liegt der Fokus auf der Entwicklung von Smarten Quartieren und der E-Mobilität.
Doch auch die großen Energieunternehmen arbeiten in der Forschung an den intelligenten Netzen. Die Voraussetzung dafür hat die Bundesregierung mit dem Gesetz zur digitalen Energiewende geschaffen. Seit 2017 sind intelligente Stromzähler Pflicht, bis zum Jahr 2032 muss jeder Haushalt einen digitalen Stromzähler haben. Sie erfassen die Verbräuche in Echtzeit und kommunizieren diese an die Zentralen der Energieversorger. Hier kann dann die Auslastung des Netzes gesteuert werden, mögliche Peaks werden abgefedert oder überschüssiger Strom aus privaten Photovoltaikanlagen gespeichert werden.
Doch der steigende Anteil des Stroms aus erneuerbaren Quellen bringt auch Probleme für das Stromnetz. Der Ausbau der großen Nord-Süd Verbindungen, mit den Superleitungen soll der Windstrom aus dem Norden in den industriellen Süden transportiert werden, hinkt weit den Plänen hinterher. Eine Möglichkeit den Strom sinnvoll zu nutzen, ist die Power-to-Gas-Technologie. Schon vor 200 Jahren wurde die Elektrolyse entdeckt. Mit der Hilfe von Strom lässt sich Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff spalten. Der Wasserstoff lässt sich entweder direkt nutzen oder in Methan umwandeln. Dieses mit grünem Strom erzeugte Gas ist klimaneutral und kann ohne Probleme in den Gasspeichern gelagert oder in den Haushalten genutzt werden. „Jetzt ist es an der Politik, die Weichen zu stellen. Das gilt für den Stromnetzausbau, der die Unterstützung von Bund und Ländern braucht, genauso wie für Power-to-Gas-Anlagen“, sagte Manon van Beek, Vorstandsvorsitzende von Tennet in einem Handelsblatt-Interview.
Und weiter: „Um den zunehmenden Schwankungen im Energienetz begegnen zu können, müssen wir unsere Gas- und Strominfrastrukturen nahtlos aufeinander abstimmen.“
Immer mehr Energieversorger setzen auf das neue und schnelle Rennpferd Wasserstoff. Nach einer Studie der Managementberatung Horváth & Partners unter deutschen Energieversorgungsunternehmen sehen 80 Prozent der Befragten in der Energiewende eine große Chance für ihren Betrieb. Die Digitalisierung eröffnet den Energieversorgern Handlungsspielräume, die sie über ihr Kerngeschäft hinauswachsen lassen. „Mit neuen Strom- und Gasverträgen im bestehenden Rahmen ist kaum mehr Geld zu verdienen“, sagt Matthias Deeg, Leiter des Beratungsbereichs für die Energiewirtschaft von Horváth & Partners. „Die Differenzierungsmöglichkeiten im klassischen Energiemarkt sind zu gering, um sich von den Wettbewerbern abzusetzen und es herrscht enormer Preisdruck.“
Wie sieht also die Zukunft der Gas- und Stromnetze aus? Eine wichtige Rolle wird die die dezentrale Energieerzeugung in einem intelligenten Netz spielen. Hier kommt den großen Städten und Ballungsgebieten eine wichtige Rolle zu. Ein Forschungsprojekt zum Thema wird gerade in Dortmund aufgebaut. Mit der Hilfe des neuen Mobilfunkstandards 5G, soll das Energienetz in einer Vernetzung aller Komponenten entwickelt werden. Die Abrechnung der Leistungen wird mit der Hilfe von Blockchain-Lösungen erfolgen. „Unsere Plattform ermöglicht Stadtquartieren, ein eigenes Energiemanagement aufzubauen und zu steuern. Davon profitieren Energieerzeuger und -verbraucher gleichermaßen, Netze werden entlastet, Kosten, Energie und damit CO2 eingespart sowie individuelle Tarife in Echtzeit ermöglicht,“ erklärt der Urban-Energy Geschäftsführer Pauli Dittrich. Das gemeinsame Forschungsprojekt 5Gain unter der Leitung von Adesso SE läuft in Dortmund bis Ende des Jahres 2022.
Die Zukunft der Strom- und Gasnetze wird in den nächsten zehn Jahren eine spannende Entwicklung nehmen, da sind sich die Experten einig.