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22. Mär 2022

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Business

Digitalisierung muss einfach gemacht werden

Journalist: Dejan Kosmatin

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Foto: Presse

Spätestens seit der aktuellen Pandemie haben Unternehmen die Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt und den Wandel eingeleitet, meint auch Hagen Rickmann, Geschäftsführer der Telekom Deutschland GmbH.

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Hagen Rickmann, Gesicht der Digital X und Geschäftsführer der Telekom Deutschland GmbH

Die Pandemielage 2020 hat eindrücklich vor Augen geführt: Deutschland muss dringend bei der Transformation aufholen und neue globale Standards erreichen. Wo sollten Unternehmen zuerst ansetzen?

Die Corona-Pandemie wirkte wie ein Booster für die Digitalisierung. Sie hat klar gemacht, dass digitalisierte Unternehmen resilienter gegen Krisen sind. Sie können ihre Geschäftsmodelle schneller umstellen, Prozesse kurzfristig anpassen, grundsätzlich reagieren sie flexibler auf Veränderungen. Ich erlebe, dass die Vorbehalte deutlich abnehmen. Während in 2016 noch 36 Prozent der Unternehmen den wirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung bezweifelt haben, waren es 2021 nur 12 Prozent. Der Mittelstand will investieren. Deutschland muss sich aber beeilen, um im globalen Wettstreit mitzuhalten. Denn die Digitalisierung kennt keine Unternehmensgrößen, Ländergrenzen und Geschäftszeiten. Um digitaler und zukunftssicherer zu werden, muss sich jedes Unternehmen egal welcher Branche voll auf den Kunden fokussieren und seine Leistung an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Digitale Strategien ermöglichen überregionale und globale Märkte zu erschließen, und das rund um die Uhr.

Der Handel beispielsweise, der schon vor Corona digital gut aufgestellt war, gehört zu den Gewinnern in der Krise und hat die Vorteile und den Nutzen deutlich gemacht.

Damit wir in Sachen Digitalisierung und Transformation in Deutschland aufholen, brauchen wir meiner Meinung nach vor allem mehr Pragmatismus. Meine Botschaft lautet: Einfach anzufangen, mit den agilen Ansätzen „Trail & Error“ und „Fail-Fast“. Es ist besser in kleinen Schritten voranzugehen, erste Erfolge zu erzielen und daran zu wachsen. Branchenübergreifende Ökosysteme bieten die Möglichkeit voneinander zu lernen und sich zu digitalen Best Practices auszutauschen getreu dem Motto „vernetzen, austauschen, voneinander lernen“.

Erfolg basiert künftig auf der Digitalisierung ganzer Wertschöpfungsnetzwerke. Wie können Unternehmen die Möglichkeiten digitaler Technologien voll ausschöpfen, die praktisch jeden Aspekt des Geschäfts betreffen?

Am Beispiel des Handels sehen wir die Bedeutung von Serviceleistungen und der Kundenzentrierung. Die ganze Wertschöpfungskette ist an der Customer Journey und dem Kundenerlebnis ausgelegt: Trotz Lockdown und Beschränkungen wurden Kunden online beraten und über Click & Collect ihre Waren bereitgestellt. Der Online-Handel hat ein kräftiges Plus an Kunden und Umsatz zu verzeichnen.

Die Industrie und andere Branchen können sich diese Best Practices zunutze machen und analoge Prozesse digitalisieren. Intelligente IT-Systeme sammeln und werten Daten aus, wie beispielsweise über getätigte Käufe und Bestellungen. Künstliche Intelligenz berechnet die Bedarfe und Wahrscheinlichkeiten und spielt die aufbereiteten Daten an die Fertigung und Logistik aus. Durch die Synchronisierung können sofort interne Planungs- und Einkaufsprozess sowie Lieferketten optimiert werden. Kleine und mittelgroße Unternehmen sollten offene, erschwingliche Systeme nutzen, um mit der Transformation einfach anzufangen. Die Telekom- Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“ zeigt, dass ein steigender Digitalisierungsgrad die Krisenfestigkeit stärkt. Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad, die sogenannten „Digital Leader“, konnten schnell und flexibel auf die Krise reagieren.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.