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5. Sep 2024

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Gesellschaft

Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft als Motoren der Transformation – mit Dr. Claas Oehlmann

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Marielle Ursua/unsplash, Presse

Dr. Claas Oehlmann von der BDI-Initiative Circular Economy beleuchtet die Rolle der Kreislaufwirtschaft für die Dekarbonisierung und nachhaltige Transformation der Wirtschaft.

foto_oehlmann_bdi_online.jpg Dr. Claas Oehlmann, Geschäftsführer BDI-Initiative Circular Economy Umwelt, Technik und Nachhaltigkeit Industrie-Förderung Gesellschaft mbH

Wie wichtig ist die Kreislaufwirtschaft (KRW) für die Dekarbonisierung und die gesamtnachhaltige Transformation der Wirtschaft?

Zirkuläre Wertschöpfung spielt eine zentrale und bisher unterschätzte Rolle in der Industriepolitik und vor allem bei der Dekarbonisierung. Studien zeigen, dass über die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen aus Rohstoffgewinnungs- und Verarbeitungsprozessen stammen. Die KRW muss durch zirkuläres Produktdesign und einen deutlich gesteigerten Einsatz von im Kreislauf geführten Rohstoffen direkt zur Senkung dieser Emissionen beitragen. Zusätzlich entsteht immer noch Treibhausgasemission durch Deponierung von Abfall, insbesondere organischem Material. Diese Emissionen können durch eine verbesserte KRW ebenfalls reduziert werden. Ohne eine integrierte Kreislaufwirtschaft ist das Ziel der Treibhausgasneutralität weder in Deutschland noch weltweit erreichbar.

Wie bewerten Sie die nationale KLW-Strategie der Bundesregierung?

Es ist wichtig, dass Deutschland eine solche Strategie entwickelt hat. Der vorgelegte Entwurf schafft eine Vision für einen zirkulären Industriestandort und verbindet Themen wie Klimaschutz, Rohstoffversorgung, Produktdesign und Digitalisierung. Eine Herausforderung ist jedoch ihre Länge und Komplexität, was die Operationalisierung erschwert. Es fehlt noch an klaren Prioritäten und Handlungsschritten. Zudem besteht die Gefahr, dass durch Regierungswechsel Kontinuität verloren geht. Kreislaufwirtschaftspolitik muss zukünftig zur Standortpolitik der gesamten Regierung werden und bleiben.

Sie waren gerade in China: Was macht das Land besser und was könnte man von dort lernen?

China geht teilweise mit höherem Tempo voran, insbesondere in der digitalen Vernetzung. Sie haben bereits weiterentwickelte Systeme für Echtzeit-Mapping von Abfällen und sensorgesteuerte Sammelbehälter. Zusätzlich wird dort Abfall stärker als Rohstoff gesehen. Trotz der Unterschiede in politischen Systemen und Strukturen können wir von Chinas Ansatz zur Digitalisierung und zur schnellen Implementierung neuer Methoden lernen.

Wie können wir in Deutschland den Digitalisierungs-Turbo zünden?

Ein helfender Schlüssel kann in der Einführung digitaler Produktpässe liegen, wie sie von der EU vorgegeben werden. Diese Pässe könnten helfen, sowohl die Unternehmens- als auch die behördliche Infrastruktur zu digitalisieren und besser zu vernetzen. Förderprogramme, besonders für den Mittelstand, sind notwendig, um die digitale Transformation zu unterstützen. Der digitale Produktpass kann als Hebel dienen, um Geschäftsmodelle zu entwickeln und die Kommunikation im Kreislauf zu verbessern.

Kreislaufwirtschaftspolitik muss zukünftig zur Standortpolitik der gesamten Regierung werden und bleiben.

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie für die Kreislaufwirtschaft in Deutschland?

Die größte Herausforderung ist die Umsetzung der europäischen Regelungen aus dem Green Deal und die Schaffung von Rahmenbedingungen, die neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Ein Systemwandel hin zu längerer Produktnutzung, Reparaturen und dem gesteigerten Einsatz von Rohstoffen der Kreislaufwirtschaft ist zwingend notwendig. Wir müssen die Profitabilität in diesen neuen Geschäftsmodellen sicherstellen und gleichzeitig die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, die Anreize für einen systemischen Wandel bieten.