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23. Jul 2019

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Gesellschaft

Drei Experten über Nachhaltigkeit in der Textilindustrie

Journalist: Armin Fuhrer

Georg Dieners, Generalsekretär der Internationalen OEKO-TEX®-Gemeinschaft, Foto: Presse

„Bewusstsein schaffen“

Viele Verbraucher möchten neben den üblichen Kriterien wie Qualität, Funktion oder einem attraktiven Preis heute vor allem eines – Textilien mit einem guten Gewissen kaufen. Immer öfter geben also eine umweltfreundliche Herstellung sowie soziale und faire Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken den Ausschlag für die Kaufentscheidung.

Wir gehen daher zusammen mit der Textil- und Bekleidungsindustrie neue Wege, damit die weltweite Textilproduktion sozialer und umweltfreundlicher wird. Unsere Verantwortung sehen wir darin, die produzierenden Regionen bestmöglich zu unterstützen. Wir wollen das Bewusstsein schaffen, dass Nachhaltigkeit unseren Planeten schützt und dabei gleichzeitig wirtschaftlich ist. OEKO-TEX® sorgt bereits seit 1992 mit Schadstoffprüfungen für „Textiles Vertrauen“. Heute können wir mit unserem Gesamtsystem aus mehreren sich ergänzenden beziehungsweise aufeinander aufbauenden Zertifizierungssystemen der gesamten Textilbranche und dem Verbraucher weitreichende und praxisnahe Lösungen anbieten.

Unsere Produktlabel signalisieren Verbrauchern Transparenz, Glaubwürdigkeit und Produktverantwortung im Sinne von Verbraucher- und Umweltschutz. Unsere OEKO-TEX® Label stehen für Vertrauen durch Transparenz. So kann man über die Nummer auf dem Label die Gültigkeit und die Zertifikatsinhalte überprüfen bzw. bei MADE IN GREEN nachvollziehen, wo der Artikel hergestellt wurde. 


Dr. Maria Rost, Leitung CSR Gesamtverband der deutschen Textil-und Modeindustrie textil+mode, Foto: Presse

Textiles for future!

An was denken Sie, wenn Sie leere Plastikflaschen oder ihren Kaffeesatz aus der Kaffeemaschine entsorgen? Lassen Sie mich raten? Bestimmt nicht an Textilien. Dabei forscht die Branche weit über den eigenen Tellerrand hinaus. So werden Abfälle aus der Olivenölproduktion verwendet, um Leder für Schuhe ökologisch zu gerben. Aus Kaffeesatz wird Funktionsunterwäsche hergestellt. Aus Fischhäuten, die früher tonnenweise im Müll gelandet sind, entstehen Designerhandtaschen; aus alten Fischernetzen Sportschuhe; aus gebrauchten Plastikflaschen Jacken. Auch Brennnesseln können zu Fasern verarbeitet werden. Smart ist auch die Idee, die Kräuter im Supermarkt in voll kompostierbaren Töpfen zu verkaufen, die aus textilen Abfällen hergestellt wurden.

Zukunftsmusik? Nein. Das alles gibt es schon. Textil filtert in Kläranlagen, reinigt Industrieabfälle und ist in der Lage, feinste Rohstoffe aus Industrieabwässern für die Wiederverwendung heraus zu sieben. Und wer glaubt, Textil sei eine der Hauptursachen von Mikroplastik, hat sich auch hier getäuscht: Der Abrieb von Autoreifen ist fast zwanzig Mal höher als der Faserabrieb beim Wäschewaschen. Während der Autoreifenabrieb direkt in die Umwelt gelangt, werden mehr als 95 Prozent der abgeriebenen Textilfasern in Kläranlagen zurückgehalten. Noch ein Beispiel, warum Forschung der Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft ist – auch in der Textilindustrie, die mit ihren textiles for future noch viele Zukunftslösungen bereithält. 


Ralf Hellmann, Geschäftsführer von Dibella, Foto: Presse

Nachhaltigkeit spielt bei Dibella schon seit 1986 eine große Rolle. Wir kreieren langlebige Textilien, gehen achtsam mit der Natur um und stellen Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns. Dabei werden wir vom Grundsatz des Holismus geleitet. Das bedeutet, dass natürliche Systeme und ihre Eigenschaften als Ganzes zu betrachten sind. Der holistische Ansatz bezieht sich nicht nur auf den reinen Produktionsprozess und die gesamte Wertschöpfungskette, sondern zieht sich durch alle Unternehmensaktivitäten. Transparenz in unserer Lieferkette ist für uns elementar, so kommen bereits jetzt schon über 75 % unserer Ware aus GOTS/Fairtrade oder STeP zertifizierten Betrieben.

Wir befinden uns in einer Transformationsphase beim Einsatz hin zu nachhaltigen Fasern. Diese Fasern wie Bio Fairtrade Baumwolle bieten den Kleinstbauern Möglichkeiten einer Einkommensverbesserung. Dies geht einher mit höheren Faserpreisen, die einen ökonomischen und ökologischen Mehrwert beinhalten. Dieser Mehrwert ist in einem konventionellen Marktumfeld noch schwer zu platzieren, ein Paradigmenwechsel ist hier dringend notwendig.

Um möglichst viele eigenverursachte CO2-Emmissionen zu kompensieren haben wir 2018 in Nachikuppam in Indien ein Wiederaufforstungsprogramm gestartet. Dort sollen bis zu 10.000 Bäume gepflanzt werden. Mitmachen ist erwünscht, da weitere Flächen verfügbar sind.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.