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1. Sep 2023

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Business

Effizient, digital, nachhaltig: Die Städte der Zukunft

Journalist: Julia Butz

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Foto: JavyGo/unsplash

Sharing Mobility, Elektromobilität pushen, mehr Ressourceneffizienz im Flottenmanagement: Mobilität als Dienstleistung ist das Gebot der Stunde.

Digitalisierung, Individualisierung, Nachhaltigkeit und demografischer Wandel prägen die urbane Mobilität. Nachdem über Jahrzehnte das private Einzelfahrzeug ganz selbstverständlich von jedermann, der es sich leisten konnte, für die täglichen Besorgungen, die Fahrt zum Arbeitsplatz oder in den Urlaub eingesetzt wurde, geht die geteilte Mobilität zunehmend in das kollektive Verständnis über. Mobilität als Dienstleistung bietet die volle Bandbreite verschiedenster Verkehrsformen und -angebote sowie hohe Flexibilität. Für die Fahrt in den Supermarkt wird das Leih-Lastenrad genutzt, für die Nahmobilität der E-Scooter, das Job-Rad bringt Mitarbeiter ins Büro und für den Sonntagsausflug aufs Land kann aus einem der vielen Car-Sharing-Modelle gewählt werden. Buchung und Bezahlung funktionieren online über die App des jeweiligen Anbieters. Da Mobilitätsdienstleistungen einfach zugänglich sind, meist ökobilanziell besser abschneiden und die Gesamtnutzung betrachtend auch preisgünstiger sein können, stellt die geteilte Mobilität eine attraktive Alternative zum Individualverkehr dar.

Mobility-as-a-Service (MaaS) Modelle gehen noch einen Schritt weiter. Sie stellen den Nutzer und seinen Bedarf in den Mittelpunkt und erstellen aus den Angeboten aller Mobilitätsdienstleister maßgeschneiderte Routenlösungen auf nur einer Plattform dar. Alle Informationen über Wegezeiten, Fahrplandaten und Anschlussmöglichkeiten jedes Anbieters sind dort zentral gesammelt. Von Car-Sharing-Angeboten, Leihrädern, E-Rollern und -Scootern über Sammeltaxen, die an On-Demand-Fahrdienste angeschlossen sind, bis hin zum ÖPNV. Multioptionale Möglichkeiten von diversen öffentlichen und privaten Anbietern, aus denen sich der Nutzer seinen individuellen Mobilitätsmix zusammenstellen lässt. Buchung und Abrechnung erfolgen allerdings nur einmal über die zentrale Plattform. Keine Fahrt muss separat gebucht oder gezahlt, kein Fahrschein extra erworben und keine Chipkarte aufgeladen werden. Städte werden so zu Smart Cities, in denen der Weg von A nach B zu einer Art fließender Gesamterfahrung werden soll. Je größer und besser die Bündelung aller Mobilitätsformen umgesetzt wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der private Pkw überflüssig wird. Auf diese Weise können Mobility-as-a-Service Angebote maßgeblich zur Verkehrswende beitragen. Experten prognostizieren, dass sich durch MaaS, die Art und Weise, wie wir Verkehrsmittel nutzen und reisen, grundlegend verändern wird.

Dies betrifft auch die betriebliche Mobilität. Fuhrparkverwaltung war gestern. Für eine moderne Form der Mobilität sind heute gesamtheitliche Mobilitätskonzepte gefragt, bei der Sharing-Angebote und betrieblicher Individualverkehr vernetzt; Flexibilität und Nachhaltigkeit kombiniert und die Ressourcen im Flottenmanagement effizienter genutzt werden. Dazu gehört der Einsatz moderner Technologien wie GPS-Tracking und Telematik, die es ermöglichen, Fahrzeugstandorte in Echtzeit zu überwachen, Routen zu optimieren und den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Zudem sollen auf dem Weg in eine emissionsfreie Zukunft mehr Elektrofahrzeuge in die eigenen Flotten integriert oder als Mobilitätsdienstleistung dazu gebucht werden. Eine begrenzte Ladeinfrastruktur, zu lange Ladezeiten und geringe Reichweiten sowie die höheren Anschaffungskosten stellen aktuell (noch) einen Hemmschuh für eine weite Verbreitung von E-Mobilität dar. Hindernisse, die sich künftig durch den technologischen Fortschritt perspektivisch positiver darstellen lassen sollten. Auch Car- und Bike-Sharing-Modelle gewinnen in der betrieblichen Mobilität zunehmend an Beliebtheit. 

Die Kombination aus Flottenmanagement, Sharing-Konzepten uns Elektromobilität bietet vielfältige Möglichkeiten, umweltfreundlichere Lösungen in der betrieblichen Mobilität umzusetzen. Dazu sind digitale Services gefragt, die eine Vernetzung mit den eigenen Ressourcen ermöglicht und dabei gleichzeitig einen unkomplizierten, flexiblen Zugang zu E-Mobilität und den verschiedensten anderen Mobilitätsformen bereitstellt. Zwar gibt es bereits seit vielen Jahren Anbieter von Software für Mobilitätssysteme, diese sind allerdings im Regelfall nur auf einzelne Teilbereiche spezialisiert. Gefragt sind Komplettlösungen, die Shared Mobility und das eigene Flottenmanagement kombinieren, inklusive der Erfassung der relevanten Fahrzeugdaten. Dies ließ sich bislang kaum umsetzen, da Fahrzeugdaten zwischen Einzelanbietern nur unzureichend ausgetauscht werden konnten oder durften.

Auch hier greift die „As-a-Service“-Idee. Eine Software-as-a-Service Applikationen (SaaS) liefert vernetzte Fahrzeugdaten und damit alle notwendigen Tools, um die gesamte Wertschöpfungskette an Mobilitätsanwendungen etablieren bzw. optimieren zu können. Eine All-in-One-Lösung als ein vielversprechendes Konzept, um alle Prozesse rund um Mobilität im Betrieb intelligent zu vernetzen, zu digitalisieren, analysieren und zu automatisieren – ohne dazu mit den jeweiligen Einzelanbietern separat arbeiten zu müssen. Mit der Folge einer effizienten Verwaltung, nachhaltiger Optimierung und klarer Kosteneinsparungen im eigenen Flottenmanagement. Brancheninsider sprechen von Einsparpotenzialen bis zu 30 %. Eine Rechnung, die eigentlich auch ganz einfach ist: weniger Fahrzeuge effizienter einzusetzen, bedeutet weniger Aufwand, weniger Kosten und weniger Umweltbelastungen. Da wird modernes Flottenmanagement ganz nebenbei zum Nachhaltigkeitstreiber.

Lt. Umweltbundesamt könnten durch die Verlagerung von Pkw-Fahrten auf eine Kombination aus ÖPNV und Sharing-Mobility bis zu 3.500 t CO2 täglich eingespart werden, mit besonders hohem Einsparpotenzial in den Metropolen. Durch stationsgebundenes Carsharing allein würden zudem über 2 Mio. Parkplätze eingespart.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.