Diesen Artikel teilen:

29. Apr 2019

|

Business

„Eine echte Alternative zu herkömmlichen Finanzierungen“

Journalist: Chan Sidki-Lundius

Für den Ausbau ihrer Standorte hat die ELBE Industrietechnik GmbH bei der Finanzierung auf die Zusammenarbeit mit einer Crowdfunding-Plattform gesetzt. Eine richtige Entscheidung, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat.

40 Millionen Gesamtleistung, 300 Mitarbeiter, vier Hauptstandorte: Die ELBE Industrietechnik GmbH, die ihre Zentrale in der Hamburger Speicherstadt hat, gehört zu den führenden Full-Service-Anbietern von Fördertechnik in Deutschland. Die Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Industriezweigen, vor allem aus dem Rohstoff-, Lebensmittel- und Recyclingbereich. Für sie entwickelt und betreut die ELBE Industrietechnik technische Anlagen – von der Entwicklung der Sondermaschinen bis zu deren Optimierung aus einer Hand. Zum Leistungsspektrum gehören beispielsweise Förderbandsysteme, die für den innerbetrieblichen Transport genutzt werden und dazu beitragen, den Kunden Kosten zu sparen. Um weiter zu wachsen, erweitert die ELBE Industrietechnik seit einigen Jahren konsequent ihre Standorte im Norden und Süden Deutschlands. „Unser Ziel ist es, bestehende und neue Kunden im Bereich industrietechnische Anlagen regional und überregional noch intensiver zu betreuen“, sagt Nico Reimers, Gründer und Geschäftsführer der ELBE Industrietechnik GmbH.


Nico Reimers, Gründer und Gesch.ftsführer der ELBE Industrietechnik GmbH, Foto: Pressefoto

Im Jahr 2017 stand ein weiteres Wachstumsvorhaben auf der Agenda: eine Standorterweiterung. „Dazu benötigten wir Risikokapital, das mit einem normalen Bankkredit nicht darstellbar gewesen wäre“, erzählt Nico Reimers. Die Wahl fiel schließlich auf eine Nachrangfinanzierung, weil diese insbesondere für wachstumsstarke Unternehmen sehr interessant ist. Einerseits, weil Unternehmer unabhängig von externen Geldgebern bleiben. Andererseits, weil die eigenkapitalähnliche Finanzierungsform die Bonität im Jahresabschluss verbessert. Nach eingehender Recherche nahm Nico Reimers schließlich Kontakt zu einer Crowdfunding-Plattform mit Sitz in Berlin auf. „Wir waren überrascht, wie professionell und vor allem interessiert die Geschäftsführung sich präsentierte und wie viel Zeit sie sich für uns genommen hat. Unser Eindruck war von Anfang an positiv“, bilanziert Nico Reimers. Der erste Eindruck bestätigte sich. Innerhalb weniger Tage, nach eingehender Prüfung durch ein Rating-Team erhielt, erhielt die ELBE Industrietechnik eine positive Rückmeldung für eine maßgeschneiderte Finanzierung. Gerademal drei Monate dauerte es, bis das Finanzierungsprojekt mit dem Titel „Passgenaue Fördertechnik für die Industrie“ gezeichnet war. Zum Vergleich: Viele Banken benötigen hierfür je nach Komplexität teilweise deutlich länger. „Unser Crowdfunding-Partner hat einen ansprechenden Unternehmensfilm für uns gedreht und eine starke Kampagnenseite entwickelt. Das ganze Projekt verlief unbürokratisch und überzeugend. Unter dem Strich eine rundum positive Erfahrung, und das zu marktgerechten Konditionen für Nachrangkapital“, bilanziert Nico Reimers.

Überzeugend war schließlich auch das Interesse der Anleger. Die Finanzierungsschwelle von 500.000 Euro wurde innerhalb weniger Stunden erreicht. Insgesamt finanzierten die Anleger im Laufe der insgesamt vierwöchigen Kampagne eine Summe von 1,6 Millionen Euro. Eine spannende Zeit sei das gewesen, die von einem Erfolgserlebnis gekrönt wurde, sagt Nico Reimers. Aufgrund der eigenen Erfahrung kann er es jetzt gut nachvollziehen, dass die Crowdfinanzierung und FinTechs in Deutschland mittlerweile immer besser angenommen werden. „Die Finanzierungsmöglichkeit bietet sich bei weitem nicht mehr nur für hippe Start-ups an. Auch mittelständische Unternehmen oder alteingesessene kleinere Firmen, die Wachstumskapital benötigen oder aber die Nachfolge zu klären haben, sind mit einer Crowdfinanzierung gut bedient, sofern die öffentliche Vermarktung des Vorhabens eine Option darstellt.“ Gut bzw. Risiko-adäquat bedient werden übrigens auch die Anleger. Bei einer Gesamtlaufzeit von fünf Jahren hat ihnen die ELBE Industrietechnik einen Festzins in Höhe von 8 Prozent und einen Erfolgszins von einmalig bis zu 20 Prozent angeboten.

Aufs Kleingedruckte achten

Unternehmen, die über eine Crowdfinanzierung Zugang zu Nachrangkapital oder aber zu klassischen Krediten durch private Anleger und Investoren erhalten wollen, sollten bei der Suche nach einem zuverlässigen und guten Partner aufs Kleingedruckte und auf die Bewertungen anderer Firmen achten. Ein Qualitätsmerkmal ist die Mitgliedschaft im Bundesverband Crowdfunding oder im European Crowdfunding Verband. Zur Auswahl stehen meistens mehrere Finanzierungsmodelle ohne Standard-Banksicherheiten, zum Beispiel Betriebsmittelkredite, Wachstumsfinanzierungen, Investitionsfinanzierungen oder aber Finanzierungen, die eine Prozessoptimierung zum Ziel haben. Seriöse Anbieter zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Kunden vollumfänglich beraten und begleiten – von der Erstellung eines Kampagnenkonzepts über die reibungslose Umsetzung der anlegergerechten Kampagne einschließlich des Videodrehs bis hin zur Administration und Vermarktung. Kosten sollten erst nach einer erfolgreich abgeschlossenen Finanzierung entstehen.

Volle Fahrt voraus

Die ELBE Industrietechnik GmbH will auf alle Fälle weiter wachsen und weitere Unternehmen akquirieren. Für den Fall, dass weiteres Wachstumskapital benötigt wird, schließt Nico Reimers die Finanzierung durch eine Crowd nicht aus: „Denn das ist eine gute und unbürokratische Alternative zu einer herkömmlichen Finanzierung durch eine Bank oder einen klassischen Mezzanine-Investor.“

27. Jun 2025

|

Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.