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18. Dez 2019

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Business

Experten zur Frage: Was sind die drei größten Fehler von Start-ups und wie kann man sie vermeiden?

Journalist: Katja Deutsch

Ohne Kreativität, Durchhaltevermögen und Risiko läuft nichts

Ich bin der Meinung, dass die meisten Startups an fehlender Übereinstimmung von Produkt und Markt scheitern. Was erstmal komisch klingt, denn warum sollte man überhaupt gründen, wenn nicht klar ist, wem man sein Produkt verkaufen möchte? Aber es ist der wichtigste Schritt nach der Gründung. Ein Startup hat im besten Fall etwas von einem wissenschaftlichen Experiment: Es wird mit einer Hypothese gegründet („Hier vermuten wir Marktpotenzial“), die solange überprüft und abgewandelt werden muss, bis schließlich die Skalierung beginnen kann. Der Weg zum „Product-Market-Fit“ ist mit viel Kreativität, Durchhaltevermögen und Risiko verbunden. Man muss bereit sein, Dinge loszulassen, von denen man bisher überzeugt war. Er beinhaltet außerdem zwei Voraussetzungen: Geld und guten Vertrieb. Ohne ausreichenden finanziellen Atem, haben viele Teams gar nicht erst die Möglichkeit, Zielgruppen und Richtungen auszuprobieren – und müssen auf dem Weg zum Product-Market-Fit aufgeben. Das wird noch dadurch befeuert, dass viele Startup-Teams von ihrer Produktidee beflügelt sind, aber keinen erfolgreichen Vertrieb aufbauen und daher auch keinen ausreichenden Dialog mit ihren Kunden führen.

Matthew Mockridge

Foto: Matthew Mockridge, Unternehmer und Autor (Pressefoto Red Cap)

Es gibt natürlich viele Fehler, die Gründer machen können, aber zum Scheitern führen häufig die folgenden drei Punkte: Erstens zu viel Ego. Gründen um berühmt oder schnell reich zu werden, kommt aus Mangel. Weil Mangel immer auch zu Mangel führt, werden Gründer mit zu großem Ego nie wirklich erfolgreich. Selbst wenn das Startup auf Papier erfolgreich aussieht, sind die Gründer meist nicht glücklich – in Wahrheit ein Misserfolg. 

Der zweite große Fehler liegt in zu vielen Funktionen. Viele Gründer wünschen sich zu viele Funktionen in Ihrem Produkt. Der Fokus geht verloren. Gute Frage machen den Unterschied, wie beispielsweise: Können wir noch etwas weglassen? Nicht: Können wir noch etwas hinzufügen? Google.com ist eine weiße Seite mit einem Suchfeld. Die Firma hat letztes Jahr 136 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Simplicity wins!

Der dritte große Fehler hört sich nach genau dem Gegenteil an: Zu viel Erfolg. Nichts ist so gefährlich wie Erfolg. Wenn etwas funktioniert, werden Gründer oft arrogant und dadurch unkonzentriert. Viele Gründer scheitern am eigenen Erfolg. 

Felix Thönnessen

Foto: Felix Thönnessen, Gründer und Start-up Coach (Pressefoto)

Der häufigste Fehler ist es, zu wenig Budget zu haben – Budget, nicht Geld. Viele Gründer haben tolle Produkte, schaffen es aber nicht, diese Produkte im Markt zu platzieren, weil ihnen einfach schlichtweg das Geld für Marketing und Werbung fehlt. Dabei unterschätzen sie, dass Werbung und Vermarktung Faktoren sind, die viel Geld kosten.

Zweitens unterschätzen viele Gründer den Vertrieb: Es gibt heute immer weniger Leute, die wirklich Vertrieb können und dazu eine gewisse Sales-Expertise haben. Es wird dann davon ausgegangen, das alles selber gut zu können und plötzlich stellt man fest, dass das richtige Verkaufen gerade im Eins-zu-eins-Gespräch mit potentiellen Kunden wesentlich schwieriger ist als gedacht. Deshalb mein Ratschlag, sich hier weiterzubilden, auszutauschen, sich Unterstützung und Hilfe zu holen.

Der dritte Punkt ist Mindsetting, der Glaube an sich selbst. Denn viele Gründer, gerade aus der Kreativ- und Medienbranche, stellen ihr Licht viel zu schnell unter den Scheffel. Zu denken, man sei nur ein kleines Gründerlein, das nichts könne und keine Ahnung habe, überzeugt niemanden und bringt langfristig keinen Erfolg. Der Glaube an sich selbst ist ein wesentlicher Faktor.

Florian Nöll


Foto: Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Startups (Pressefoto)

Der erste und größte Fehler, den man als Gründer*in machen kann, ist, keine Fehler zu machen. Denn nur wer nichts macht, kann auch nichts falsch machen. Untätigkeit und die Angst davor, Entscheidungen zu treffen, ist der sichere Weg in den Misserfolg.

Einen weiteren Fehler, den ich insbesondere in Deutschland häufig sehe, ist es, die Geschäftsidee auf der Grundlage von ungeprüften Annahmen zu entwickeln. Das führt oft dazu, dass man eine fabelhafte Lösung für ein Problem findet, welches nicht existiert. Ich rate Gründer*innen dazu, so früh wie möglich mit möglichst vielen potentiellen Kunden über die eigene Idee zu sprechen und das Feedback ernst zu nehmen. Ein Pivot ist günstiger, je eher er passiert.

Ebenfalls problematisch: Viele Gründer*innen beschäftigen sich zu sehr damit, Geld von Investoren oder Förderprogrammen einzusammeln, anstatt die offensichtliche Alternative in den Blick zu nehmen: Das beste Geld ist immer noch das Geld des Kunden.

Bei allen Warnungen: Fehler gehören zum Leben – und zum Gründen insbesondere – dazu. Man sollte keine Angst davor haben, bei mutigen Entscheidungen auch mal einen Fehler zu begehen, im Gegenteil. Gar keine Entscheidung zu treffen ist oft einer der größten Fehler, die man machen kann.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.