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28. Okt 2019

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Wirtschaft

Expertenmeinungen zu Smart Farming

Journalist: Kirsten Schwieger

Foto: Maximilian von Wedel, Geschäftsführung Strategie und Vertrieb House of Crops, Foto: Presse

Die digitale Revolution der Land- und Agrarwirtschaft krempelt nicht nur die Ur-Produktion um, sondern auch die Arbeitsvorgänge davor und danach. Digitale Plattformen bieten durch die Dokumentation, Einsatzsteuerung von Maschinen oder Vermarktung der Ernte heutzutage ein enormes Effizienzpotential. Auch im Umgang mit Lebensmitteln wird die Digitalisierung massive Veränderungen vorantreiben, beispielsweise was deren Rückverfolgbarkeit betrifft. Mit unserem digitalen Makler für Getreide haben wir einen Weg gefunden, digitale Vorteile mit den Stärken des traditionellen Handel zu vereinen, und diese zu unterstützen. Unser B2B Tool, verfügt aktuell über eine Nachfrage von mehr als 250.000 Tonnen Getreide, welches hier einfach, schnell und anonym vermarktet werden kann. Landwirte, Verarbeiter und Händler sparen mit diesem digitalen Beschaffungs- und Vertriebskanal Zeit, Nerven und Geld. Dank eines ausgeklügelten, selbstlernenden Algorithmus können alle Marktteilnehmer sicher sein, den optimalen Match zu erhalten – gleichzeitig bleiben die Handelsbücher gegenüber Dritten geschlossen. Neben Preis, Qualität und Logistik fließen noch über 60 weitere Kriterien in die automatisierte Angebotserstellung ein. An diesem Algorithmus, in welchen auch die Expertise klassischer Makler eingeflossen ist, hat ein Team aus Informatikern geforscht. Werden sich die Marktteilnehmer einig, erstellt unser System einen digitalen Kontrakt, der ohne Aufwand zukünftig in hauseigene ERP- oder Warenwirtschaftssysteme übertragen werden kann.



Foto: Christoph Preine, Staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt, Foto: Privat

Bei der Installation von Robotern im landwirtschaftlichen Betrieb ist einiges an Planung und Organisation notwendig. Bei einem Neubau ist dies sicherlich einfacher – bei unserem Hof handelt es sich um einen älteren Bau. Aus diesem Grund waren die Umbaumaßnahmen etwas umfangreicher und haben etwa drei Monate angedauert, sodass wir mehr Platz schaffen konnten, dies geschah allerdings, im Gegensatz zum Einbau des Melkroboters, in Eigenleistung.

Nachdem der Roboter dann eingebaut wurde, haben wir die ersten drei Tage rund um die Uhr mit der Betreuung unserer Kuhherde verbracht. Nach etwa einem halben Jahr lief der Betrieb dann wieder wie gewohnt – die Kühe hatten sich an den Roboter gewöhnt.

Der Aufwand hat sich allemal gelohnt. Gerade in puncto Fachkräftemangel lohnt sich die Automatisierung auch für Familienbetriebe, dieser stellt ein immer größer werdendes Problem in der alltäglichen Aufgabenbewältigung dar.

Was wir schon länger installiert haben, sind Spaltenroboter in unseren Milchviehställen. Wichtig war uns, dass er geräuschlos arbeitet und somit keine Unruhe in der Herde verursacht.

 Für die Zukunft denken wir auch über die Anschaffung einer automatischen Fütterung durch Roboter nach.



Foto: Christian Schultze-Wolters, Director of Blockchain Solutions IBM DACH, Foto: Presse

Big Data, Analytics, Künstliche Intelligenz und Blockchain bieten enorme Potenziale für die Landwirtschaft. So lassen sich beispielsweise durch die Sammlung und Analyse großer Mengen an Wetterdaten konkrete Vorhersagen über den optimalen Zeitpunkt für Aussaat und Düngung treffen. In Kombination mit historischen Aufzeichnungen über das Wetter und Daten zur Bodenbeschaffenheit kann das Wachstum von Ackerpflanzen genauestens modelliert werden. Selbstlernende Systeme wie IBM Watson können beispielsweise die Erträge für Getreideernten auf bis zu drei Monate im Voraus prognostizieren. Sensoren im Boden, an Maschinen oder in Drohnen bringen das Internet der Dinge auf den Acker. Via Computer oder Smartphone kann der Landwirt die hieraus gewonnenen Erkenntnisse für seine Planung, Feldbestellung, Aussaat, Besprühung und Ernte nutzen. Doch die Digitalisierung steigert nicht nur die Produktivität der Landwirtschaft, sondern verbessert auch ihr Image, indem sie zu erhöhter Transparenz beiträgt. Interessierte Verbraucher können Lebensmittel bis zur Aussaat (oder Geburt) zurückverfolgen. Mit der modularen Lösung IBM Food Trust auf Basis von Blockchain Technologie ist bereits heute jeder Produktionsschritt nachvollziehbar. Per QR-Code-Scan wird beispielsweise der komplette Produktzyklus von antibiotikafreiem Geflügel oder glyphosatfreiem Brot angezeigt. Das schafft Vertrauen beim Verbraucher und steigert neben dem Image auch den Umsatz. Smarte, innovative Lösungen wandeln den vielleicht vormals etwas drögen Agrarsektor in eine moderne, zukunftsweisende Branche.


Foto: Andree-Georg Girg, Geschäftsführer BASF Digital Farming GmbH, Foto: Presse

Remote Sensing Technologien wie Satelliten, Drohnen, Kameras und Sensoren erfassen feldzonengenau Daten, deren Werte für den einzelnen Landwirt genutzt werden können. Die Analyse der Daten erlaubt die teilflächenspezifische Ausbringung von Saatgut, Pflanzenschutz und Düngemitteln. Benutzerfreundliche Anwendungen sind eine Grundbedingung für die weitere Entwicklung der digital optimierten, profitablen Pflanzenproduktion. Der effiziente Einsatz landwirtschaftlicher Produktionsmittel leistet gleichzeitig einen Beitrag zu nachhaltiger Landwirtschaft. Der xarvio Field Manager ist beispielsweise weltweit das Produkt mit den meisten Modellen verschiedener Kulturpflanzen und mit vielen relevanten Krankheits- und Schädlingsmodellen. Basierend auf dieser Grundlage werden Risiken und Intensitätszonen ermittelt, um den Landwirt über den idealen Zeitpunkt von Maßnahmen oder deren Notwendigkeit informiert. Hilfe bei der Auswahl der richtigen Mittel findet er mittels der xarvio Scouting-App, die per Bilderkennungssoftware z.B. Insekten, Unkräuter und Krankheiten identifiziert. Die technologischen Innovationen und xarvios Kooperationen mit Universitäten und Industriepartnern werden in Zukunft weitere neue Entwicklungen einer noch effizienteren hyperlokalen Pflanzenproduktion ermöglichen. Zudem werden wir zukünftig mit dem xarvio Field of Vision Landwirte darin unterstützen, die Nachhaltigkeit Ihrer ackerbaulichen Tätigkeiten auf und abseits des Feldes zu dokumentieren, zu bewerten und sie somit in der öffentlichen Diskussion zu unterstützen.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.