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28. Mai 2021

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Gesellschaft

ExpertInnen über die Zukunft der Bauwirtschaft

Journalist: Alicia Steinbrück


Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung; Foto: Tobias Koch

Die Digitalisierung im Baubereich ist eine große Chance für die gesamte Wertschöpfungskette, in die es sich lohnt, zu investieren. Digitale Anwendungen bieten Produktivitätssteigerung – angefangen von der Planung der Baumaßnahmen über den Bau bis hin zum Betrieb.

Bauen 4.0 erfordert jedoch nicht nur finanzielle Investitionen in den digitalen Wandel. Neben den technischen Voraussetzungen be-darf es auch eines Kulturwandels, eines neuen Rollenverständnisses, das nicht von heute auf morgen gelingt. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diese Veränderung entlang der Geschäftsprozesse und des Projektmanagements vorbereiten. 

Zwar muss sich die Digitalisierung im Baubereich in erster Linie in der Privatwirtschaft vollziehen. Wir als Bundesregierung stehen den Unternehmen hierbei aber gleichzeitig zur Seite. Der Bund ist sich seiner Vorbildfunktion in diesem Bereich bewusst und kommt dieser auch nach – sei es mit der Entwicklung des digitalen Bauantrags oder mit der Gründung von „BIM Deutschland – Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens“. 

Es lohnt sich, hier einen langen Atem zu zeigen, digitales Planen, Bauen und Betreiben wird wichtige Beiträge leisten: für mehr Nachhaltigkeit, für kürzere Genehmigungsverfahren und auch für bezahlbares Wohnen.


Jan Tulke, Geschäftsführer der planen-bauen 4.0 GmbH; Foto: www.duu.photo 

Das Bauwesen befindet sich derzeit in einem großen Wandel. Mit der Einführung von Building Information Modeling erfolgt ein Übergang zur digitalen, modellzentrischen Zusammenarbeit. 

Diese Entwicklung wird dazu führen, dass wir über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks strukturierte Datenmodelle vorliegen haben werden, die maschineninterpretierbar sind. Damit entsteht ein Produktivitätssprung in der Bauimmobilienbranche wie noch nie zuvor. 

Robotik, die Nutzung künstlicher Intelligenz in Planung und Betrieb, die Bauüberwachung mit Drohnen sowie Smart Home und IoT sind die Anwendungsfelder, die schon sehr bald Einzug in den All-tag der Bauwirtschaft halten werden. Dabei leistet die digitale Zusammenarbeit durch die Kosteneffizienz einerseits einen Beitrag zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums und ermöglicht andererseits die erforderliche Transparenz für das nachhaltige Bauen und effiziente Betreiben von Immobilen. Zudem wird unsere Branche durch die Nutzung neu-er, technologieorientierter Arbeitsmethoden zukünftig weitaus attraktiver für Nachwuchskräfte werden. 


Dr. Josef Kauer, Steinmann-Kauer-Consulting; Foto: Fotostudio Sauter

Dr. Josef Kauer von Steinmann-Kauer-Consulting über das aktuelle Forschungsprojekt des Bundesverkehrsministeriums, welches die Digitalisierungspotenziale von Großbauprojek-ten untersucht:

In Experimenten wurde untersucht, welche aktuellen High-Tech-Entwicklungen einen Mehrwert für die Bauwirtschaft bringen. Dabei wurde in den letzten 30 Monaten die Anwendungsbereiche „Variantenassistent“, „Vermessungsassistent“, „SiGeKo“ und „Baufortschrittkontrolle“ näher beleuchtet. 

Die Ergebnisse sind unter anderem eine technisch recht leicht erreichbare Mulit-cloud-Kopplung von Geo- und BIM-Daten. 

Damit ist eine schnelle, kombinierte Analyse von BIM- und GIS-Daten in der Infrastrukturplanung möglich. Durch wochenaktuelle, digitale Bauzwillinge können außerdem mehrere Baustellen zugleich überwacht werden. Eine Indoor-Navigation auf Baustellen durch eine AR-basierte Leitstrahltechnik ist mit Smartphones möglich. So hat auch jedes BIM-Objekt eine navigationstaugliche Geokoordinate. KI ist grundsätzlich in der Lage, automatisiert Objekte aus Smartphone-Aufzeichnungen abzuleiten. Diese Objekterkennung ist bei der Erstellung von digitalen Zwillingen bzw. BIM-Modellen nützlich. 


Brigitta Fiesel, Inhaberin und Geschäftsführerin von cadventure; Foto: VBI Bundeskongress

In die Baubranche kommt Bewegung: Das zweite Jahr der Pandemie zeigt, dass die Implementierung von digitalen Prozessen keine Eintagsfliege sein darf, sondern als kritischer Erfolgsfaktor für die Fortführung des Business betrachtet werden muss. Nicht nur vom Planer, sondern auch vom Bauherrn wird erwartet, dass ein Projekt mit digitalen Strategien zum Erfolg geführt wird. 

Dabei spielt die Methode BIM eine zentrale Rolle: Über den Einsatz von Datenplattformen und klaren Informationsstrukturen wird die Zusammenarbeit in spezialisierten Kooperationen für besondere Bauaufgaben vereinfacht. Ein Zusammenziehen von dezentralen Teams über Soziale Netze und mobiles Arbeiten wird für KMU bezahlbar. 

Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden die Branche ebenfalls prägen: Mit dem Einsatz von BIM stehen Informationen von Grundlagenermittlung über Planung, durch den Betrieb hin bis zum Abriss in einem Datensatz bereit. Dadurch werden Simulationen des Gebäudelebenszyklus‘ möglich, wie Berechnungen des Energieverbrauchs im Klimawandel oder die Recyclingmöglichkeiten der heute geplanten Baumaterialien in der Zukunft.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.