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22. Dez 2020

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Gesellschaft

Farbe bekennen

Journalist: Kirsten Schwieger

Innenarchitekt Andrin Schweizer über aktuelle Trends, die Kraft der Farben, platz- und geldsparende Lösungen sowie Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit.

Andrin Schweizer, Innenarchitekt, Foto: Judith Stadler & André Uster/www.dasbild.ch

Was sind die aktuellen Einrichtungstrends?

Ach, das ist so eine Sache mit den Trends. Einerseits sind sie in unserer pluralistischen Gesellschaft ziemlich irrelevant geworden, weder in der Mode noch in der Einrichtung gibt es die Trends, nach denen sich alle orientieren. Andererseits verändert sich unsere Wahrnehmung natürlich doch immer wieder und es gibt plötzlich Farben und Formen, von denen man noch vor wenigen Jahren nicht im Traum gedacht hätte, dass sie einem gefallen könnten. Oder wieder gefallen könnten. Momentan erleben gerade die Siebzigerjahre ein grosses Comeback. 

In welcher Form findet das Thema Nachhaltigkeit hierbei Berücksichtigung?

Leider wird das Thema bei den meisten Möbelproduzenten nach wie vor etwas stiefmütterlich behandelt. Zwar bieten inzwischen einige grosse Möbelhäuser in der Schweiz Kollektionen an, die nach-haltig produziert sind, aber diese sind noch extrem überschaubar. Da wünsche ich mir in Zukunft etwas mehr Bewusst-sein und vor allem mehr Auswahl. Doch gerade Möbelhäuser, die momentan stark auf den Schweizer Markt drängen, mit trendigen Möbeln in vielen unterschiedlichen Stilrichtungen zu recht günstigen Preisen, produzieren in Billiglohnländern, wo auf Nachhaltigkeit noch kein grosser Wert gelegt wird.

Welche Rolle spielen Farben bei der Raumgestaltung?

Immer noch eine viel zu geringe! Ich wiederhole seit über 20 Jahren wie ein Mantra, dass wir mehr Mut zu Farben in unseren eigenen vier Wänden haben sollen. Nichts verändert eine Raumatmosphäre so stark und mit so kleinem finanziellem und zeitlichem Aufwand wie bunte Wände. Gerade wir Schweizer sind da sehr ängstlich. Ich empfehle zögernden Kunden immer, amerikanische Fernsehserien mal unter diesem Aspekt anzuschauen. Sie werden nur mit grösster Schwierigkeit einen Raum mit weissen Wänden finden. Aber Farbe soll sich natürlich nicht nur auf die Wände beschränken. Textilien wie Möbelbezüge, Vorhänge, Teppiche flehen nachgerade nach Farben.

Tipps für platz- und geldsparende Lösungen?

Da müssen wir unterscheiden, denn platzsparende Lösungen sind leider meistens das Gegenteil von geldsparenden Lösungen. Wenn man in kleinen Räumen jeden Kubikzentimeter ausnützen möchte oder muss, dann kommen meistens nur speziell angefertigte Lösungen infrage. Nur diese schaffen es, wertvolle ungenutzte Räume wie Dachschrägen oder Räume unter Treppen optimal auszunutzen. Geldsparende Lösungen gibt es zuhauf. In den letzten Jahrzehnten hat eine Demokratisierung des Wohnens stattgefunden. Schön und stilvoll Wohnen hat nichts mehr mit einem grossen Budget zu tun. Praktisch jede erdenkliche Stilrichtung findet man in jeder Preisklasse. Klar muss man da manchmal ein wenig Abstriche an Qualität und Langlebigkeit machen, aber es ist ja auch nicht mehr so, dass wir uns bei der Hochzeit eine Einrichtung kaufen und diese dann ein Leben lang halten muss. Obwohl das sicher die nachhaltigste Form des Wohnens wäre.

Welches Potenzial bieten modulare Möbel?

Das liegt ja auf der Hand. Modulare Möbel passen sich den verändernden Umständen unseres Lebens an, nicht umgekehrt. Aber sie bergen auch die Gefahr, etwas unverbindlich zu wirken. Ich warne vor zu viel Flexibilität und plädiere für Commitment. Im Leben genauso wie beim Einrichten.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.