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14. Dez 2023

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Gesellschaft

Für das Gelingen der Energiewende

Journalist: Julia Butz

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Foto: Presse

Ein Interview mit Dr. Simone Peter, seit 2018 Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).

Der BEE vereint als Dachverband der Fachverbände und Landesorganisationen, Unternehmen und Vereine alle Sparten und Anwendungsbereiche der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Mit dem gemeinsamen Ziel: 100 Prozent Erneuerbare Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität zu erreichen.

 

Frau Dr. Peter, Solar, Wasser, Wind, Geothermie und Bioenergie bezeichnet der BEE als die „fünf Superhelden“. Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Technologien für das Gelingen der Energiewende?

Für die Umsetzung der Energiewende wird der gesamte erneuerbare Technologien-Mix benötigt. Wetterabhängige Solar- und Windenergie sind die Leistungsträger der Energieproduktion. Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft und Speicher übernehmen dann, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen. Grüne Kraft-Wärme-Kopplung, grüner Wasserstoff und intelligente Vernetzung ergänzen das erneuerbare Stromsystem. Hinzu kommen Wärmepumpen, Solarthermie und Bioenergie im Wärmesektor.

 

Wie sieht der Umbau der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität in der Detailausgestaltung aus?

Die Verfügbarkeit von günstiger Erneuerbarer Energie wird mehr und mehr zu einem Wettbewerbsvorteil, siehe z. B. Tesla in Brandenburg.

In Bundesländern mit hohen und weiterwachsenden Anteilen von grünem Strom wird perspektivisch auch der grüne Wasserstoff hergestellt, der als Molekül neben der Bioenergie von der Industrie für nicht-elektrifizierbare Prozesse bzw. für Schiffs- und Flugverkehr gebraucht wird. Die gute Nachricht ist: Wir haben die Potenziale, uns weitestgehend ohne teure Importe zu versorgen.

 

Ist der Strukturwandel nur mit staatlicher Unterstützung möglich?

Förderung, Ordnungsrecht und Marktanreize spielen bei der Energiewende zusammen. Der Vorteil bei der Energiewende ist: Es sind rentierliche und oft private Investitionen, die sich – anders als beim fossil-atomaren Energiesystem – auszahlen. So ist Sonnen- und Windstrom heute schon global am günstigsten. Erneuerbare insgesamt vermeiden klimaschädigende CO₂-Emissionen, teure Importe und Folgekosten, z. B. für Endlager oder Klimaschäden, und sie erzeugen heimische Wertschöpfung.

 

Wie kann der Heimatmarkt für Zukunftstechnologien gestärkt werden? Wo z. B. fehlen Investitionen? Welche innovativen Lösungen sollten unterstützt werden?

Vergleichbar mit dem Milliarden-Investitionsprogramm „Inflation Reduction Act” der USA braucht es auch in Europa starke Investitionsanreize für die Produktion heimischer Klimaschutztechnologien. Dafür muss die EU das Beihilferecht reformieren und strategisch investieren, gerade auch mit Blick auf eine resiliente, krisensichere Versorgung. Und weitere regulatorische Hürden aus dem Weg räumen, wie z. B. langwierige Genehmigungsverfahren. Als neue Innovationen sind Sektorenkopplungstechnologien wie Elektrolyseure für grünen Wasserstoff zu unterstützen.

 

Die deutsche Solarbranche ist in großen Teilen nach China und USA abgewandert, auch aus Fachkräftemangel. Können wir es schaffen, mehr in Europa zu produzieren und unsere nationale Wertschöpfungskette zu stärken?

Ja, das können wir. Das Bundeswirtschaftsministerium will gezielte temporäre finanzielle Unterstützung leisten und hat hierzu ein Interessenbekundungsverfahren für die Solarindustrie gestartet. Es prüft zudem handelsrechtliche Optionen. Resilienz-Ausschreibungen und Boni für Solarkomponenten aus europäischer Fertigung würden ebenfalls helfen. Die EU setzte mit dem „Net-Zero Industry Act” und dem „Wind Power Action Plan” jüngst den Rahmen für die Förderung grüner Technologien. Das Thema Fachkräfte ist hier zentral, denn allein die europäische Solarbranche rechnet in den nächsten Jahren mit einem Bedarf von mehreren Hunderttausend zusätzlichen Fachkräften.

 

Braucht es Ihrer Ansicht nach weitere regulatorische Maßnahmen, um den Ausbau der EE in Deutschland weiter voranzutreiben?

Die Ampel hat bereits vieles angestoßen und vorangebracht. Jetzt gilt es, das gesetzlich festgelegte überragende öffentliche Interesse der Erneuerbaren im Stromsektor auch auf die anderen Sektoren auszuweiten und in Fachgesetzen zu konkretisieren. Weitere Ausbauhürden und Hemmnisse müssen abgebaut werden – von überholter Regulatorik über Bürokratie bis hin zum personellen Flaschenhals in den Behörden und mangelnder Digitalisierung. 

 

Die frühere Bundesvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen und saarl. Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr begeistern seit ihrer Jugend zentrale Umwelt- und Klimafragen. Politisch in den 1980er-Jahren sozialisiert, engagiert sich die promovierte Biologin seit einem Vierteljahrhundert für die Energiewende.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.