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22. Nov 2019

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Gesellschaft

Für die Zukunft planen

Journalist: Theo Waigel

In diesen Tagen wird viel über Konjunktur in Deutschland geredet. Die Fundamentaldaten trüben sich ein und wir stehen nach zehn Jahren eines soliden Wachstums an einem Scheideweg.

Es wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wohin die Reise gehen wird.

Noch wissen wir nicht was der Brexit, aber auch die Handelskonflikte zwischen den USA und China und den USA und der Europäischen Union bringen werden, wir müssen uns für härtere Zeiten wappnen. Doch das fällt dem Durchschnittsverdiener hierzulande zunehmend schwerer. Niedrigzinsen, sogar Negativzinsen lassen die eine oder andere Geldanlage eher unattraktiv erscheinen.

Zudem belastet die implizite Staatsschuld, die bei 150 Prozent liegt, die zukünftigen Generationen an Beitrags- und Steuerzahler. Aus Sicht der Geld- und Finanzpolitiker bleibt es dabei die Zinsen niedrig zu lassen und vor dem Hintergrund der sich abkühlenden Konjunktur die Zeit des billigen Geldes fortzusetzen. Am Ende wird diese Politik auch negative Folgen haben. Denn das Gebot der Nachhaltigkeit erfordert, dass wir Vorsorge betreiben, damit die Jungen nicht überfordert werden. Das heißt auch, dass wir wieder einen größeren Anteil der öffentlichen Ausgaben in die Infrastruktur investieren und zudem gezielt Investitionen der privaten Wirtschaft fördern.

Während meiner Zeit als Finanzminister mussten wir als Staat mehr als 8 Prozent Zinsen aufbringen. Damals begünstigten die Steuerzahler die Sparer. Heute ist es umgekehrt: Der Fiskus profitiert zulasten der Sparer.

Auch vor diesem Hintergrund sollte man jetzt eine symmetrische Finanzpolitik betreiben, einen Teil des Überschusses für die Schuldentilgung und die Bildung von Rücklagen verwenden und einen Teil an die Steuerzahler und Sparer zurückgeben. Mit einem solchen Kurs werden auch die Wachstumskräfte in Deutschland gestärkt.

Ich denke, es braucht einen Zukunftsfonds, der die Folgen des demografischen Wandels für zukünftige Generationen abfedert. Man denke an die rapiden steigenden Kosten der Rente oder der Pflege, die auf uns zukommen. Finanzielle Rücklagen im Haushalt werden da nicht ausreichen. Wir leben auf Kosten der kommenden Generationen. Das ist nicht gerecht. Über das Thema der impliziten Staatsschuld, also die Ausgaben, die durch die sozialen Belastungen der künftigen Generationen verursacht werden, wird meines Erachtens zu wenig geredet. Übrigens: Das Geld aus einem solchen Zukunftsfonds müsste man anlegen, beispielsweise auch in Aktien, damit es aufgrund der Negativzinsen nicht weniger wird.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.