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28. Sep 2023

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Gesellschaft

Gamechanger Künstliche Intelligenz

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Luke Chesser/unsplash, DFKI/Jürgen Mai

Interview mit Prof. Antonio Krüger über das Potential von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin sowie deren Risiken.

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Prof. Dr. Antonio Krüger, CEO des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes

Welche Möglichkeiten eröffnet KI im Rahmen der Diagnostik?
Da KI-Systeme in der Lage sind, viel mehr Daten viel schneller zu verarbeiten als der Mensch, können sie auch aus viel mehr Quellen lernen. Beispielsweise aus Röntgenbildern, Ärzte-Reports oder den neuesten Forschungsergebnissen und Studien. KI kann das zusammenfassen und Ärzte dabei unterstützen, bessere Diagnosen zu stellen. Daneben gibt es auch direkte Diagnostikverfahren durch KI, beispielsweise bildgebende Verfahren bei Hautkrebs oder in der Augenheilkunde. Insbesondere bei schwer erkennbaren und seltenen Krankheiten ist das ein Riesenpfund.

Welche Auswirkungen hat KI auf die Therapiewahl?
KI wird die Behandlung von Krankheiten definitiv optimieren. Die personalisierte Medizin ist ein ganz tolles Feld für KI, wo wir auch erst am Anfang stehen. Das betrifft nicht nur individuelle Therapievorschläge, wie beispielsweise in der Krebstherapie, sondern auch eine personalisierte Medikamentenerstellung, bei welcher Medikamente ganz speziell auf den individuellen Organismus zugeschnitten werden können. So lassen sich Wechsel- und Nebenwirkungen mit Hilfe von KI viel genauer und präziser vorhersagen.

Der Einsatz von KI hinsichtlich der Prävention ist deswegen so interessant, weil wir immer mehr digitale, physiologische Daten vom gesunden Organismus bekommen.

Greift KI auch schon bei der Prävention?
Definitiv. Der Einsatz von KI hinsichtlich der Prävention ist deswegen so interessant, weil wir immer mehr digitale, physiologische Daten vom gesunden Organismus bekommen. Beispielsweise durch Smartwatches, welche EKG, Herzschlag und Sauerstoffsättigung aufzeichnen können, und zwar auch von völlig gesunden Menschen. So lassen sich Abweichungen vom Normalzustand erstmalig überhaupt richtig definieren. Auch Daten aus der elektronischen Patientenakte können hinzugezogen werden, um Vorschläge zu machen, wie individuelles Verhalten vielleicht geändert werden sollte. Dies kann dann wieder über Smartwatch oder Apps zurückgespielt werden.

Wie ist denn eine ideale Mensch-Maschine-Interaktion beschaffen?
In absehbarer Zeit wird KI in vielen Bereichen der Medizin nicht unbedingt voll autonome Aufgaben übernehmen. Aber als Werkzeug gesehen kann sie durch die Übernahme von Routineaufgaben medizinisches wie Pflege-Personal entlasten. Beispielsweise durch das Schreiben von Arztberichten, die Übernahme der Dokumentation in der Pflege, der Essensausgabe oder bei der Körperpflege.

Ist denn die Sorge vor einem Kontrollverlust berechtigt?
Wir werden in absehbarer Zukunft kein KI-System haben, was völlig eigenständig eine Diagnostik durchführt und dann einen Therapievorschlag erstellt. Es wird immer eine mehr oder weniger starke Überwachungskomponente durch den Menschen geben. Damit das funktioniert, muss die Maschinenschnittstelle auf diese Aufgabe besonders gut zugeschnitten sein. Es muss klar erkennbar sein, wie die KI eine Situation einschätzt, auch Wahrscheinlichkeiten. Auch Erklärbarkeit wird eine riesige Rolle spielen. Je fortgeschrittener der diagnostische Vorschlag des Systems ist, desto mehr besteht allerdings auch die Gefahr, dass sich Ärzte einfach darauf verlassen, aus Überlastung vielleicht.

Wie hoch ist das Sicherheitsrisiko einer datenbasierten Medizin?
Also beispielsweise in der elektronischen Patientenakte liegen schon sehr sensible Daten, auf die Arbeitgeber oder Versicherungen besser keinen Zugriff haben. Es muss ein gutes Rechtemanagement sowie hohe Sicherheitsstandards geben und Ansätze zur Verhinderung von Phishing, wie beispielsweise Pass Keys. Aber ein kleines Restrisiko wird immer bleiben.

Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) wurde 1988 als gemeinnützige Public-Private Partnership gegründet ist auf dem Gebiet innovativer Softwaretechnologien auf der Basis von KI die führende wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung Deutschlands.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.