22. Sep 2022
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Lifestyle
Journalist: Kirsten Schwieger
Je mehr Medikamente eingenommen werden, desto größer ist das Risiko von Wechselwirkungen. Genetische Analysen können dieses Risiko reduzieren.
Der Bedarf an Arzneimitteln nimmt mit steigendem Lebensalter üblicherweise zu. Mehr als 20 Prozent der über 65-Jährigen nehmen täglich fünf oder mehr Medikamente ein. Mit der Zahl der eingenommenen Medikamente steigt die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen. Dabei können sich die Wirkstoffe auf verschiedenste Weise beeinflussen. So kann ein Medikamentenwirkstoff die Wirkung eines weiteren verstärken, abschwächen oder sogar aufheben. Beispielsweise indem das eine Medikament die Aufnahme des anderen im Darm behindert. Oder ein Wirkstoff bewirkt, dass ein anderer schneller über die Nieren ausgeschieden wird. Auch Nebenwirkungen können sich durch gleichzeitige Gabe eines weiteren Medikaments intensivieren. Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungspräparate können ebenfalls Arzneimittelwirkungen negativ beeinflussen.
Insbesondere ältere Menschen, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes Mellitus oder Herzschwäche leiden, haben ein größeres Risiko von Wechsel- und Nebenwirkungen. Wenn ein Medikament gegen Bluthochdruck den Insulinspiegel verändert oder die Wirksamkeit eines Medikaments gegen Herzschwäche aufhebt, kann dies mitunter lebensgefährliche Folgen haben. Deshalb sollte insbesondere bei älteren Personen genau darauf geachtet werden, welche Medikamente nicht in Kombination miteinander verordnet werden sollten, beziehungsweise durch andere aus der gleichen Wirkstoffgruppe ersetzt werden können.
Allerdings ist die Ermittlung von Arzneimittelinteraktionen grundsätzlich ein komplexes, fortwährendes Unterfangen. Auch die Abgrenzung von Wechselwirkungen zu sich addierenden Nebenwirkungen ist oft nicht eindeutig. Das liegt unter anderem daran, dass jeder Mensch Arzneimittel unterschiedlich verstoffwechselt. Ein hochkomplexes Enzymsystem in der Leber sorgt dafür, dass Medikamentenwirkstoffe im Zuge des Stoffwechselprozesses aufgenommen, umgewandelt und wieder abgebaut werden. Minimale, genetisch bedingte Veränderungen dieser Enzyme können die Reaktion auf ein Arzneimittel erheblich beeinflussen. Diese Varianten im Erbgut sind der Grund, warum das gleiche Medikament bei verschiedenen Personen oft unterschiedlich wirkt – oder nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Die Folgen sind, neben Wechsel- und Nebenwirkungen, nicht selten Unter- oder Überdosierungen von Wirkstoffen.
Pharmakogenetische Analysen können dieses Risiko wesentlich reduzieren. Denn die Pharmakogenetik, welche sich mit dem Einfluss der unterschiedlichen genetischen Ausstattung auf die Wirkung von Arzneimitteln befasst, ermöglicht Vorhersagen über den individuellen Arzneimittelstoffwechsel. Mittels umfassender genetischer Analysen lässt sich herausfinden, ob sich unterschiedliche Medikamente in ihrer Wirkung beeinflussen. Auch bei einzelnen Medikamenten ermöglichen derartige Analysen eine angepasste, bedarfsgerechte Dosierung für eine ideale Wirksamkeit.