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27. Mär 2019

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Gesellschaft

Gemeinsam smarte und nachhaltige Städte entwickeln

Journalist: Katja Deutsch

Kari Aina Eik hat vor fünf Jahren die globale Multi-Stakeholder-Plattform United Smart Cities gegründet, um Städte auf der ganzen Welt dabei zu unterstützen, in der Zukunft lebenswert zu bleiben. 

Der weltweit zunehmende Strom in die Städte stellt diese vor große Herausforderungen: Neben der Veränderung des Klimas, dem massiv steigenden Verkehr, dem Umgang mit Müll, der Versorgung mit Lebensmitteln und frischem Wasser stehen auch neue Technologien, Energieversorgung, medizinische Infrastruktur, Wohnraum, Arbeitsplätze und saubere Umwelt im Fokus. 

Im Moment lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, in 30 Jahren geht man davon aus, dass es drei von vier Menschen sein werden, was die vorhandenen Probleme potentiert. Jahrelang kümmerte sich jede Stadt mehr oder weniger engagiert um ihre eigenen Schwachpunkte, erstellte hier eine Analyse und setzte dort ein Projekt um. Bei jeder innerstädtischen Herausforderung waren aufwändige Untersuchungen und Besprechungen nötig, um letztendlich über Gelder aus dem Sektor der öffentlichen Hand abzustimmen, die sich oft nur als Tropfen auf dem heißen Stein entpuppten.

Ein ziemlich ineffizientes Vorgehen, befand die norwegische Politikwissenschaftlerin Kari Aina Eik. Die Generalsekretärin der Organization for International Economic Relations (OiER) und des Excellence Center for Smart and Sustainable Cities unter der Genfer UN Charter in Wien entschied, das zu ändern und gründete im Jahr 2014 eine einzigartige Initiative, die das Abstraktum Stadt in seiner Gesamtheit untersucht und dazu Politik, Privatwirtschaft und Investoren zusammenbringt: Das United Smart City Programm. Dieses Programm, kurz USC genannt, wird in Zusammenarbeit mit der UNECE und der OiER geleitet. Zudem ist es im Führungsgremium der UN-Initiative U4SSC United for Smart Sustainable Cities vertreten, das von 16 UN-Behörden unterstützt wird. „Während sich die Vereinten Nationen historisch vor allem auf der Ebene der Nationalstaaten konzentrierten, ist nun ein Wandel sichtbar. Die Städte rücken in den letzten zehn Jahren immer mehr in ihren Fokus – und das ist gut und wichtig so“, sagt Kari Aina Eik.

„Zusammen mit den globalen Zielen für Nachhaltige Entwicklung, die bis zum Jahr 2030 definiert wurden, unterstützen wir mit USC besonders Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten.“ 

Mit der Plattform USC hat die Politikwissenschaftlerin geschafft, ein ganzheitliches Konzept auszuarbeiten, das die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure ermöglicht und somit den privaten mit dem öffentlichen Bereich verbindet. Denn warum sollte man keine Privatunternehmen etwa aus dem Technologiebereich integrieren? Warum nicht wissenschaftlich Forschenden dabei helfen, ihre Erkenntnisse zu verbreiten und zur Verfügung zu stellen? 

„Wir haben 2014 begonnen, ein Assessment Tool zu entwickeln, um Städten die Möglichkeit zu geben, Aufschluss über ihren Status Quo hinsichtlich Einsatz smarter Technologien und Nachhaltigkeit bzw. dessen Erfüllungsgrad zu gewinnen. Diese Key Performance Indicators (KPI) sind für alle Städte weltweit anwendbar und abrufbar.“

Neben 54 Kernindikatoren werden 37 vertiefende Kennzahlen abgefragt, dabei behandeln 20 Fragen die Themen smarte/intelligente Technologien, 32 Fragen strukturelle Themen und 39 Fragen nachhaltige. Die 132 Datenerfassungspunkte gliedern sich in die Bereiche Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft und Kultur. 

Von Singapur über Moskau bis in die Niederlande nehmen Städte am United Smart Cities Programm teil. Eine deutsche Stadt ist bislang nicht darunter, doch eine Handvoll sei interessiert und man sei im intensiven Gesprächen, so Eik. Dabei wird die Initiative geradezu von Anfragen überrannt: unzählige Städte befinden sich aktuell in der Warteschleife. Denn die großen Fragen stellen sich immer drängender und es gibt kaum eine Stadtverwaltung, die damit nicht überfordert wäre, egal, ob sich die Stadt in einem Entwicklungsland oder im europäischen Raum befindet.

Die USC-Initiatorin geht davon aus, dass sich unser zukünftiges Leben vor allem in zwei Punkten deutlich von dem jetzigen unterscheiden wird: „Wir werden anders wohnen und anders arbeiten – nahe an seinem Zuhause oder gleich von zuhause aus. Deshalb werden viel weniger Menschen mit ihrem Auto in die Stadt fahren.“ Gleichzeitig ginge es darum, smarte Logistik-Lösungen zu erschaffen und in neue Solartechnologien zu investieren. In vielen Ländern stünde zudem die Einführung funktionierender Müll-Management-Systeme und Gesundheitsinfrastruktur ganz oben auf der Agenda. 

 „Ich bin ein Volloptimist“, lacht Kari Ani Eik. „Ich gehe davon aus, dass wir die Probleme lösen können. Ich möchte das auch sehr gerne erleben. Aber wir haben keine Zeit, noch endlos hin und her zu überlegen, wir müssen handeln.“

31. Mär 2025

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Wirtschaft

Nachhaltiges Bauen als Gemeinschaftsaufgabe verstehen – Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Wir beschäftigen uns seit 17 Jahren damit, das nachhaltige Bauen in sämtlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen zu etablieren. Die Themen, die sich im Laufe der Jahre daraus ergeben haben, sind vielfältig. Einige haben sich bereits verstetigt und sind zum festen Bestandteil einer jeden Planung geworden. Das ist erfreulich und bestärkt unser Tun. Allerdings kommen auch immer neue Themen, mit denen es sich zu beschäftigen gilt, dazu. Das wird von vielen Beteiligten in der Bau- und Immobilienbranche als anstrengend und herausfordernd empfunden und das darf es auch sein. Wir plädieren dafür, die Chancen darin zu sehen, um ins Handeln zu kommen. Gerade in unserer eher trägen Branche tut es doch gut, Impulse wahrzunehmen, Abläufe zu überdenken und offen zu sein für Neues. Die Alternative wäre ein lähmender Stillstand, den wir uns gerade in der heutigen Zeit des allgemeinen Wandels nicht leisten können. Dass ein Umdenken stattfindet, merken wir eigentlich in allen Bereichen unseres Handelns. Der Zulauf in unserem Non-Profit-Verein ist groß, unsere Fort- und Weiterbildungsangebote sind ausgebucht und auch die Projektanmeldungen zur Gebäude- und Quartierszertifizierung haben sich vervielfacht. Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Das hat zur Folge, dass sich immer mehr Menschen ernsthaft mit Themen wie Ökobilanzierung, Zirkularität, Suffizienz und Bestandserhalt auseinandersetzen, sprechfähig sind und in einen ernst gemeinten Dialog treten. >Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Prozesse beim Bauen lang sind. Umso wichtiger ist hier der fach- und gewerkeübergreifende Schulterschluss, um endlich schneller zu werden. Es sind bereits viele Lösungsansätze vorhanden und erprobt, die weitergedacht werden können. Wir plädieren stark dafür, das Rad nicht immer neu zu erfinden, sondern auf vorhandenem Wissen und vielleicht noch wichtiger, auf vorhandenen Erfahrungen aufzubauen um den wachsenden Herausforderungen, verursacht durch Klimawandel, Ressourcenknappheit, Biodiversitäts- und Energiekrise gerecht zu werden. Nachhaltigkeit muss von Anfang an und von allen Beteiligten mitgedacht werden. Hier hilft der integrale Planungsansatz bei dem nicht nur der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes von der Planung über den Bau bis hin zu Betrieb und Rückbau betrachtet werden, sondern auch sämtliche Fachplanerinnen und Fachplaner ab Projektstart an einem Tisch sitzen und auf Augenhöhe kommunizieren. Synergien werden dadurch erkannt und effizient sowie ohne Kostensteigerung umgesetzt. Apropos Kosten: Neben neuen Themen und Erkenntnissen treffen wir auch auf immer neue Zielgruppen. Aktuell ist es der Finanzsektor, der in die Verantwortung rückt, Geldströme zur Förderung nachhaltiger Investitionen zu lenken. Und so schließt sich einmal mehr der Kreis, in dem alle Beteiligten eingebunden werden müssen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen auf der Erde zu garantieren.

1. Mär 2025

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Gesellschaft

Nachhaltige Verpackungen: Gesundheit, Umwelt und Innovation–ein Beitrag von Dr. Birgit Geueke, Senior Scientific Officer, Food Packaging Forum

Verpackungen sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken – sie schützen Produkte, halten sie frisch und erleichtern den Transport. Doch es gibt auch Schattenseiten: Angesichts wachsender Umweltprobleme durch steigende Emissionen und schwindende Ressourcen wird der Ruf nach nachhaltigen Lösungen lauter. Nachhaltige Verpackungen bedeuten jedoch mehr als nur den Ersatz eines Materials durch ein anderes. Es betrifft auch die Chemikaliensicherheit, den unkritischen Gebrauch von Einwegmaterialien und die Entsorgung. In diesen Bereichen ist rasches und reflektiertes Handeln erforderlich. Es braucht ein neues Bewusstsein, das wir alle mittragen müssen. Nach oft kurzer Nutzung tragen Verpackungen zu den rund 150 kg Hauskehricht bei, die in der Schweiz pro Person und Jahr anfallen. Weit weniger sichtbar ist das Mikroplastik, das aus Kunststoffverpackungen in Mensch und Umwelt gelangen kann. Ebenso besorgniserregend sind die vielen Chemikalien, von denen manche aus der Verpackung in die Lebensmittel übergehen und so in den Körper gelangen. Hormonelle Störungen und ein erhöhtes Krebsrisiko gehören hier zu den möglichen gesundheitlichen Folgen. Weltweite Daten bestätigen, dass wir alle einen Cocktail aus Chemikalien in uns tragen, an dem auch Lebensmittelverpackungen massgeblich beteiligt sind. Daher ist es wichtig, dass bei nachhaltigen Verpackungen die Chemikaliensicherheit berücksichtigt und ausreichend getestet wird. Besonders kritisch ist der Einsatz recycelter Materialien, die nicht vollständig inert sind. Verfahren zum Recycling von Kunststoffen und papierbasierten Materialien sind oft nicht geeignet, chemische Verunreinigungen in ausreichendem Masse zu entfernen und so die Sicherheit zu gewährleisten. In der Schweiz wurde deshalb der direkte Einsatz von Recyclingpapier und -karton im Lebensmittelbereich bereits 2019 stark eingeschränkt. >Kosten sind eine der grössten Hürden, wenn es um nachhaltige und sichere Verpackungen geht. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass jede Erkrankung, die durch Chemikalien verursacht wird, zu viel Leid führt – und unsere Gesundheit eines der wertvollsten Güter ist. Der wichtige Zielkonflikt zwischen der Verringerung von Abfall und dem Schutz der menschlichen Gesundheit ist nicht zu übersehen und zeigt, dass es nicht reicht, sich auf einzelne Aspekte eines Problems zu konzentrieren. Innovative Geschäftsmodelle können aber zu neuen Wegen führen. Mehrwegsysteme und Pfandlösungen haben bewiesen, dass Kreislaufwirtschaft funktioniert – vorausgesetzt die Infrastruktur ist vorhanden und die Materialien sind wirklich kreislauffähig und inert. Sobald solche Lösungen einfach und bequem in unseren Alltag integriert werden können, wird sich auch das Konsumverhalten anpassen. Kosten sind eine der grössten Hürden, wenn es um nachhaltige und sichere Verpackungen geht. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass jede Erkrankung, die durch Chemikalien verursacht wird, zu viel Leid führt – und unsere Gesundheit eines der wertvollsten Güter ist. Auch eine zerstörte Umwelt lässt sich kaum durch Geld wiederherstellen. Langfristig lohnen sich daher Investitionen in Nachhaltigkeit – für unsere Gesundheit, den Planeten und die kommenden Generationen. Nachhaltige und sichere Verpackungen erfordern gemeinsames Handeln. Ob Detailhändler, Verbraucherinnen, Lebensmittelproduzenten und Politik – wir alle müssen an einem Strang ziehen, um Produkte sicher, ressourcenschonend und gesundheitsfreundlich zu verpacken.