Hier sieht man einen Haufen an Münzgeld, woraus eine Pflanze wächst

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4. Apr 2024

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Gesellschaft

Grün heißt nicht per se risikoarm - Rupert Schaefer

Journalist: Julia Butz

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Foto: Micheile Henderson/unsplash

Worauf sollten Anleger bei nachhaltigen Investitionen achten und wie können sie sich vor „Greenwashing“ schützen?

06_Schaefer_022.jpg Rupert Schaefer, Exekutivdirektor für den Geschäftsbereich Strategie, Policy und Steuerung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Nachhaltigkeitsaspekte können ein wichtiger Aspekt bei Anlageentscheidungen sein. Das Thema ist auch bekannt unter „ESG“, also Environmental, Social und Governance-Kriterien. Worauf sollten Anleger hierbei achten und wie können sie sich gut informieren? Rupert Schaefer, Exekutivdirektor bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), im Interview.

Herr Schaefer, was genau ist ein nachhaltiges Investment? Es gibt keine allgemeingültige Kennzeichnung für nachhaltige Investments, aber es gibt viele Finanzprodukte, die nachhaltig sein wollen. Nicht immer haben diese Produkte tatsächlich eine positive Wirkung auf die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Anlegerinnen und Anleger sollten sich dessen bewusst sein.

Worauf müssen Verbraucherinnen und Verbraucher achten? Grundsätzlich gilt wie bei jeder Geldanlage: Nicht jedes Produkt ist für jeden gleich gut geeignet. Anlegerinnen und Anleger sollten nicht nur auf die Chancen schauen, sondern auch auf die Risiken. Sie sollten sich genau überlegen, welche Produkte zu ihren finanziellen Bedürfnissen und – das wäre ein eigener Aspekt – ihren Nachhaltigkeitspräferenzen passen: Was sind ihre finanziellen Ziele? Wie langfristig wollen sie investieren? Wenn ja, welche konkreten ESG-Ziele wollen sie unterstützen?

Welche könnten das sein? Das Spektrum an Nachhaltigkeitsstrategien ist breit: Einige schließen beispielsweise Anlagen in Unternehmen oder Branchen aus, die mit gewissen Sozialstandards oder mit dem Ziel der Klimaneutralität nicht vereinbar sind. Andere Finanzprodukte wiederum investieren nur in Unternehmen und Sektoren, die heute schon besonderen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Kundinnen und Kunden müssen selbst entscheiden, welche Produkte zu ihren persönlichen Vorstellungen und Zielen passen.

Ist ein grünes Investment mit hoher Rendite möglich? Ja, das ist möglich. Allerdings kann auch das Gegenteil der Fall sein. Die ESG-Wirkung und die Renditechancen eines Produkts sollten Anlegerinnen und Anleger gedanklich voneinander trennen und einzeln beurteilen. Es gibt keinen generellen Zusammenhang in die eine oder andere Richtung, es kommt sehr auf das Produkt und die konkrete Anlagestrategie an. Fest steht: Grün heißt nicht per se risikoarm.

Wie sollten Anleger konkret vorgehen? Sie haben grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten. Sie können sich mit Informationen zu finanziellen Chancen und Risiken sowie ESG-Kriterien beschäftigen, Meinungen von Dritten einholen, zum Beispiel ESG-Ratings, und sich beraten lassen. Statt selbst ein konkretes Finanzprodukt auszuwählen, können sie auch in bereits vorausgewählte Indizes oder Benchmarks mit Nachhaltigkeitsmerkmalen anlegen. Hier ist es wichtig, gut zu verstehen, was diese Einstufungen genau aussagen: Beziehen sie sich auf die finanzielle Rendite oder die ESG-Kriterien? Auf welchen Kriterien beruhen sie und wie unabhängig sind sie?

Das Thema „Greenwashing“ steht im Zusammenhang mit Sustainable Finance. Worum geht es? Es sollen nur Produkte und Dienstleistungen als nachhaltig verkauft werden, die es auch wirklich sind. Das ist nicht immer der Fall: Beim Greenwashing spiegeln die veröffentlichten Informationen das Nachhaltigkeitsprofil nicht eindeutig und redlich wider. Wir als BaFin gehen entschlossen dagegen vor.

Was ist hier die Aufgabe der BaFin als Aufsichtsbehörde? Wir überwachen beispielsweise, dass bei deutschen Publikumsfonds die Verpackung zum Inhalt passt. Und wir sorgen für Transparenz. Marketingmitteilung zu Finanzprodukten müssen eindeutig und nicht irreführend sein. Wird beispielsweise das Versprechen abgegeben, dass mit einem Investment der CO2-Fußabdruck gesenkt wird, muss dies in der Anlagestrategie nachvollziehbar dargelegt sein. Wichtig ist mir: Wir als Aufsichtsbehörde legen nicht selbst Bewertungskriterien für die ESG-Wirksamkeit von Anlagestrategien oder Finanzprodukten fest. Wir entscheiden nicht, ob die Aktivitäten eines Unternehmens – z. B. die Lieferketten bei der Produktion – nachhaltig sind.

Schon gewusst? Rupert Schaefer leitet seit November 2022 den neuen BaFin-Geschäftsbereich Strategie, Policy und Steuerung. Zuvor war er Mitglied der Geschäftsleitung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA). In seiner Freizeit ist der 43-Jährige gern nachhaltig unterwegs: Er fährt mit dem Mountainbike durch die Natur.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.