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26. Sep 2023

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Gesellschaft

„Grüne Logistik wird immer bedeutender“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: ThisIsEngineering/pexels, BME

Kreislaufwirtschaft ist gut für das Klima und fördert auch die Resilienz von Lieferketten, sagt BME-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov.

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Helena Melnikov, Vorstand & Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME)

Frau Melnikov, Nachhaltigkeit ist auch in der Logistik ein großes Thema. Welche Rolle spielt dabei die Kreislaufwirtschaft?
Sie ist ein wichtiger Baustein, denn „Grüne Logistik“ wird immer bedeutender. Die Logistikunternehmen setzen zunehmend auf effiziente Erneuerbare Energien, optimieren ihre Lieferketten und suchen nachhaltige Verpackungslösungen. Hier kommt die Kreislaufwirtschaft ins Spiel; sie fördert die Reduzierung, Wiederverwendung und das Recycling von Materialien. Das hilft, Abfall zu minimieren und Ressourceneffizienz zu maximieren. Im besten Fall hat das nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile.

Stellt es eine zusätzliche Herausforderung für die Logistik dar, die Kreislaufwirtschaft zu integrieren?
Absolut. Durch die Kreislaufwirtschaft müssen traditionelle Abläufe neu gedacht werden. Dazu gehören die Rückführlogistik, Anpassungen im Produktdesign und in der Materialauswahl sowie bei den Investitionen in neue Technologien und Infrastrukturen. Auch regulatorische Anforderungen sind nicht zu unterschätzen. Im Wandel liegt aber auch die Kraft, sich als verantwortungsbewusstes und umweltfreundliches Unternehmen im Wettbewerb zu positionieren. Das wird von Verbrauchern immer mehr goutiert und kann ein wichtiger Vorsprung sein.

Durch effizient genutzte Ressourcen minimieren Unternehmen ihre Abhängigkeit von neuen Rohstoffen.

Macht die Kreislaufwirtschaft Lieferketten stabiler?
Definitiv, durch effizient genutzte Ressourcen minimieren Unternehmen ihre Abhängigkeit von neuen Rohstoffen. Sie verringern das Risiko von Unterbrechungen in der Lieferkette und sie fördern meist lokale Versorgungsnetzwerke. Das trägt alles zur Resilienz bei.

Seit dem 1. Januar ist das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz in Kraft. Wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz aus?
Das LKSG stellt zweifellos eine wesentliche Veränderung für die Unternehmen dar. Bei der Umsetzung sind nicht alle gleich weit. Große Firmen haben meist die nötigen Kapazitäten, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Kleine und mittlere Unternehmen hingegen kämpfen mit der zusätzlichen Belastung, die oftmals aufgrund fehlender Ressourcen schwer zu stemmen ist. Es ist daher wichtig, Unterstützungsmechanismen bereitzustellen, um ein faires und nachhaltiges Wirtschaften für alle zu gewährleisten.

Haben Sie diesbezüglich Forderungen an die Politik?
Es ist wichtig, dass alle Akteure der Wirtschaft in der Lage sind, ihren Beitrag zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zu leisten. Das sollte unabhängig von ihrer Größe sein. Aufgabe der Politik ist es, einen ausgewogenen und unterstützenden Rahmen zu schaffen, der dies ermöglicht. Dazu gehören in erster Linie klare Richtlinien und einheitliche Standards für die Umsetzung des Gesetzes, zudem konkrete Beratungs- und Informationsangebote, um bei der Implementierung der Sorgfaltspflichten zu unterstützen. Drittens kann die Bereitstellung von finanziellen Anreizen oder Fördermitteln dazu beitragen, den zusätzlichen Aufwand abzufedern, der durch die Einhaltung des Gesetzes entsteht. Der BME fördert den Dialog zur Politik und ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen, um bewährte Praktiken zu teilen und voneinander zu lernen.

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) hat rund 9.750 Mitglieder aus allen Branchen und Sektoren. Er ist damit ein führender Fachverband und Netzwerkpartner für Einkaufs-, Supply-Chain- und Logistikverantwortliche in Deutschland und Europa. Das Volumen der von den Verbandsmitgliedern beschafften Waren und Dienstleistungen beträgt jährlich rund 1,25 Billionen Euro. 

31. Mär 2025

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Wirtschaft

Nachhaltiges Bauen als Gemeinschaftsaufgabe verstehen – Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Wir beschäftigen uns seit 17 Jahren damit, das nachhaltige Bauen in sämtlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen zu etablieren. Die Themen, die sich im Laufe der Jahre daraus ergeben haben, sind vielfältig. Einige haben sich bereits verstetigt und sind zum festen Bestandteil einer jeden Planung geworden. Das ist erfreulich und bestärkt unser Tun. Allerdings kommen auch immer neue Themen, mit denen es sich zu beschäftigen gilt, dazu. Das wird von vielen Beteiligten in der Bau- und Immobilienbranche als anstrengend und herausfordernd empfunden und das darf es auch sein. Wir plädieren dafür, die Chancen darin zu sehen, um ins Handeln zu kommen. Gerade in unserer eher trägen Branche tut es doch gut, Impulse wahrzunehmen, Abläufe zu überdenken und offen zu sein für Neues. Die Alternative wäre ein lähmender Stillstand, den wir uns gerade in der heutigen Zeit des allgemeinen Wandels nicht leisten können. Dass ein Umdenken stattfindet, merken wir eigentlich in allen Bereichen unseres Handelns. Der Zulauf in unserem Non-Profit-Verein ist groß, unsere Fort- und Weiterbildungsangebote sind ausgebucht und auch die Projektanmeldungen zur Gebäude- und Quartierszertifizierung haben sich vervielfacht. Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Das hat zur Folge, dass sich immer mehr Menschen ernsthaft mit Themen wie Ökobilanzierung, Zirkularität, Suffizienz und Bestandserhalt auseinandersetzen, sprechfähig sind und in einen ernst gemeinten Dialog treten. >Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Prozesse beim Bauen lang sind. Umso wichtiger ist hier der fach- und gewerkeübergreifende Schulterschluss, um endlich schneller zu werden. Es sind bereits viele Lösungsansätze vorhanden und erprobt, die weitergedacht werden können. Wir plädieren stark dafür, das Rad nicht immer neu zu erfinden, sondern auf vorhandenem Wissen und vielleicht noch wichtiger, auf vorhandenen Erfahrungen aufzubauen um den wachsenden Herausforderungen, verursacht durch Klimawandel, Ressourcenknappheit, Biodiversitäts- und Energiekrise gerecht zu werden. Nachhaltigkeit muss von Anfang an und von allen Beteiligten mitgedacht werden. Hier hilft der integrale Planungsansatz bei dem nicht nur der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes von der Planung über den Bau bis hin zu Betrieb und Rückbau betrachtet werden, sondern auch sämtliche Fachplanerinnen und Fachplaner ab Projektstart an einem Tisch sitzen und auf Augenhöhe kommunizieren. Synergien werden dadurch erkannt und effizient sowie ohne Kostensteigerung umgesetzt. Apropos Kosten: Neben neuen Themen und Erkenntnissen treffen wir auch auf immer neue Zielgruppen. Aktuell ist es der Finanzsektor, der in die Verantwortung rückt, Geldströme zur Förderung nachhaltiger Investitionen zu lenken. Und so schließt sich einmal mehr der Kreis, in dem alle Beteiligten eingebunden werden müssen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen auf der Erde zu garantieren.

1. Mär 2025

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Gesellschaft

Nachhaltige Verpackungen: Gesundheit, Umwelt und Innovation–ein Beitrag von Dr. Birgit Geueke, Senior Scientific Officer, Food Packaging Forum

Verpackungen sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken – sie schützen Produkte, halten sie frisch und erleichtern den Transport. Doch es gibt auch Schattenseiten: Angesichts wachsender Umweltprobleme durch steigende Emissionen und schwindende Ressourcen wird der Ruf nach nachhaltigen Lösungen lauter. Nachhaltige Verpackungen bedeuten jedoch mehr als nur den Ersatz eines Materials durch ein anderes. Es betrifft auch die Chemikaliensicherheit, den unkritischen Gebrauch von Einwegmaterialien und die Entsorgung. In diesen Bereichen ist rasches und reflektiertes Handeln erforderlich. Es braucht ein neues Bewusstsein, das wir alle mittragen müssen. Nach oft kurzer Nutzung tragen Verpackungen zu den rund 150 kg Hauskehricht bei, die in der Schweiz pro Person und Jahr anfallen. Weit weniger sichtbar ist das Mikroplastik, das aus Kunststoffverpackungen in Mensch und Umwelt gelangen kann. Ebenso besorgniserregend sind die vielen Chemikalien, von denen manche aus der Verpackung in die Lebensmittel übergehen und so in den Körper gelangen. Hormonelle Störungen und ein erhöhtes Krebsrisiko gehören hier zu den möglichen gesundheitlichen Folgen. Weltweite Daten bestätigen, dass wir alle einen Cocktail aus Chemikalien in uns tragen, an dem auch Lebensmittelverpackungen massgeblich beteiligt sind. Daher ist es wichtig, dass bei nachhaltigen Verpackungen die Chemikaliensicherheit berücksichtigt und ausreichend getestet wird. Besonders kritisch ist der Einsatz recycelter Materialien, die nicht vollständig inert sind. Verfahren zum Recycling von Kunststoffen und papierbasierten Materialien sind oft nicht geeignet, chemische Verunreinigungen in ausreichendem Masse zu entfernen und so die Sicherheit zu gewährleisten. In der Schweiz wurde deshalb der direkte Einsatz von Recyclingpapier und -karton im Lebensmittelbereich bereits 2019 stark eingeschränkt. >Kosten sind eine der grössten Hürden, wenn es um nachhaltige und sichere Verpackungen geht. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass jede Erkrankung, die durch Chemikalien verursacht wird, zu viel Leid führt – und unsere Gesundheit eines der wertvollsten Güter ist. Der wichtige Zielkonflikt zwischen der Verringerung von Abfall und dem Schutz der menschlichen Gesundheit ist nicht zu übersehen und zeigt, dass es nicht reicht, sich auf einzelne Aspekte eines Problems zu konzentrieren. Innovative Geschäftsmodelle können aber zu neuen Wegen führen. Mehrwegsysteme und Pfandlösungen haben bewiesen, dass Kreislaufwirtschaft funktioniert – vorausgesetzt die Infrastruktur ist vorhanden und die Materialien sind wirklich kreislauffähig und inert. Sobald solche Lösungen einfach und bequem in unseren Alltag integriert werden können, wird sich auch das Konsumverhalten anpassen. Kosten sind eine der grössten Hürden, wenn es um nachhaltige und sichere Verpackungen geht. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass jede Erkrankung, die durch Chemikalien verursacht wird, zu viel Leid führt – und unsere Gesundheit eines der wertvollsten Güter ist. Auch eine zerstörte Umwelt lässt sich kaum durch Geld wiederherstellen. Langfristig lohnen sich daher Investitionen in Nachhaltigkeit – für unsere Gesundheit, den Planeten und die kommenden Generationen. Nachhaltige und sichere Verpackungen erfordern gemeinsames Handeln. Ob Detailhändler, Verbraucherinnen, Lebensmittelproduzenten und Politik – wir alle müssen an einem Strang ziehen, um Produkte sicher, ressourcenschonend und gesundheitsfreundlich zu verpacken.