Diesen Artikel teilen:

30. Dez 2024

|

Gesundheit

„Ich bin den Medizinern und Pflegern ewig dankbar“ – mit Christian Kahrmann

Journalist: Thomas Soltau

|

Foto: Presse

Ex-„Lindenstraße“-Schauspieler Christian Kahrmann erkrankte im März 2021 schwer an Corona. Weil seine Gelenke durch das lange Liegen im künstlichen Koma Schaden genommen haben, hat er mittlerweile zwei künstliche Hüften. Dank richtiger Therapie in der Reha steht der Schauspieler nun wieder voll im Leben.

Könnten Sie uns von den ersten dramatischen Tagen Ihrer COVID-Erkrankung erzählen? Es begann alles fast wie eine normale Erkältung – leichtes Fieber, Gliederschmerzen. Der Covid-Test war negativ. Da ich gerade aus Köln zurückkam, wo ich wegen meiner krebskranken Mutter ständig zwischen Krankenhaus und meinem Vater hin und her pendelte, dachte ich erst, mein Körper wäre geschwächt. Der nächste Test war dann positiv. Das Fieber wurde schlimmer, irgendwann konnte ich kaum noch aufstehen. Selbst die einfache Atmung war schwierig. Dann sagte der Notarzt: „Wir müssen Sie ins Krankenhaus bringen.“ Dort teilte man mir mit, dass ich am nächsten Morgen ins künstliche Koma gelegt werde, um meinen Körper zu entlasten. Da lag ich dann, 17 Tage lang. Es ist ein merkwürdiges Gefühl – als würde man von einem Abgrund zurückgezogen, von dem man gar nicht wusste, dass er da ist. Wenig später ist mein Vater an COVID-19 gestorben, kurz danach meine Mutter an Krebs.

Wie haben Sie die ersten Schritte in Richtung Genesung empfunden? Ich war wie in einer anderen Welt, als ich aufwachte. Alles fühlte sich fremd an, ich war so kraftlos, dass schon der Versuch, mich auf die Bettkante zu setzen, ein riesiger Kraftakt war. Die Physiotherapeuten halfen mir langsam, mit kleinen Übungen wieder ein Gefühl für meinen Körper zu bekommen. Die Muskulatur war völlig verschwunden, und jede kleine Bewegung fühlte sich an wie ein Marathonlauf. Das Schwierigste war, die Kraft zurückzubekommen, aber auch die mentale Einstellung. Dieser Weg zurück fühlte sich oft endlos an. Manchmal konnte ich nicht glauben, dass ich Gesundheit früher als selbstverständlich angesehen hatte.

Gab es in der Reha einen Moment, der Ihnen besonders Hoffnung gegeben hat? Eines Tages haben mir die Pfleger erzählt, wie knapp es um mich stand. Sie glaubten nicht daran, mich lebend wiederzusehen. In diesem Moment habe ich eine Dankbarkeit empfunden, die ich kaum in Worte fassen kann. Ich realisierte, dass ich wirklich eine zweite Chance bekommen habe – eine, die viele andere leider nicht hatten. Das war eine Art Neuanfang für mich und hat mir viel Kraft gegeben.

Welche Therapien oder Methoden haben Ihnen geholfen, um Ihre Mobilität und Lebensqualität zurückzugewinnen? Letztlich ein umfassendes Reha-Programm. Aufgepäppelt wurde ich in einer Klinik in Wandlitz, die früher SED-Gelände war. Das gesamte Personal und die Therapeuten haben mich praktisch wieder ins Leben zurückgeführt. Die Behandlungen reichten von Massagen über Physiotherapie bis hin zu mentalem Zuspruch und Seelsorge. Vor allem der psychologische Beistand war sehr wertvoll. Es waren auch die anderen Patienten, mit denen ich mich austauschen konnte. Diese Gemeinschaft und das Wissen, dass wir alle kämpfen, haben mir geholfen. Nur durch das Rundum-Paket stehe ich jetzt wieder auf meinen Beinen.

Haben Sie sich nach Ihrer Genesung bei den Ärzten und Pflegern bedankt? Ja, ihr Einsatz hat mich tief berührt. Diesen Menschen verdanke ich mein Leben und habe den Kontakt deshalb immer wieder gesucht. Ich fühle eine Verbundenheit zum Personal und werde sie nie vergessen. Pfleger und Ärzte haben mich schließlich durch diese schwere Zeit gebracht. Dafür bin ich ewig dankbar. Die erstklassigen Therapiezentren und die gute medizinische Versorgung sind der Schlüssel für meine Genesung gewesen.

Entwickelten Sie in dieser schweren Zeit eine neue Lebenseinstellung? Das Leben ist schön, auch wenn es manchmal einfach nur hart sein kann. Die alltäglichen Sorgen – sei es um Geld oder andere Kleinigkeiten – bedeuten wenig, wenn es ums Überleben geht. Es dreht sich darum, die kleinen Erfolge zu sehen und dankbar für jeden Schritt nach vorn zu sein. Wir sollten das Leben in vollen Zügen genießen, uns auf das Wesentliche konzentrieren und auf die Menschen, die uns wichtig sind.

Was ist Ihre größte Erkenntnis aus dieser Erfahrung? Es lohnt sich immer, zu kämpfen – egal, wie schlimm die Umstände sind. Man darf sich nicht von Zweifeln und Ängsten lähmen lassen. Diese Krankheit hat mir Respekt eingeflößt. Ich habe gelernt, dass Krankheiten ein ganzes Leben bestimmen können – ohne Vorwarnung. COVID-19 hat mich dazu gezwungen, achtsamer zu sein und das Hier und Jetzt mehr zu schätzen. Dieses Bewusstsein und die Menschen, die mich durch diese Zeit getragen haben, sind das größte Geschenk, das ich mitnehmen kann.