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18. Dez 2020

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Gesundheit

Innovation statt Frustration

Journalist: Armin Fuhrer

Michel Fornasier trägt die „i-limb Ultra Revolution“ – eine bionische Prothese für Menschen, denen eine Hand fehlt. Sie hat sein Leben verändert.

Als Michel Fornasier sich das erste Mal wirklich bewusst wurde, dass irgendetwas an ihm anders ist als bei den anderen Kindern, war er im Kindergarten. „Ich war vier Jahre alt und beim Bauen mit den Legosteinen waren die anderen Kin-der viel schneller als ich“, erinnert er sich heute. Kein Wunder, denn Michel ist nur mit einer Hand auf die Welt gekommen. Die rechte Hand fehlt – in der Sprache der Experten nennt man das Dysmelie. Ein wirklicher Schock war das für ihn nicht, denn der kleine Michel hatte schon gelernt, mit dieser „Einschränkung” zu leben. Dabei hatte seine Familie eine wichtige Rolle gespielt: „Meine Eltern und mein jüngerer, zweihändiger Bruder haben mich von Anfang so behandelt, als habe ich diese Beeinträchtigung nicht. Das hat mir sehr geholfen, damit zu leben und mich ganz normal zu fühlen.“

Aber klar, auch wenn Michel vieles mit links erledigte, wirkte es sich im alltäglichen Leben herausfordernd aus, dass die rechte Hand fehlt. Ganz alltägliche Dinge wie das Binden der Schnürsenkel musste er sich langwierig beibringen. Schon damals nutzte er Prothesen, aber glücklich war er damit nicht. „Das war so eine Art Patschehand ohne Funktionalität. Sie sah aus wie die Hand einer Schaufensterpuppe.“

Rund 30 Jahre später änderte sich dann alles. Eines Tages saß Michel vor dem Fernseher und sah zufällig eine Sendung über High-Tech-Handprothesen. Doch das war etwas völlig anderes, als die „Patschehand“, die er selbst trug. „Was ich in diesem Bericht sah, war wie von einem anderen Stern.“ Eine künstliche Hand, die aussah wie aus einem Science-Fiction-Film und funktional war, denn sie konnte die Finger bewegen, und zwar jeden einzelnen.“ Michel Fornasier war begeistert und nahm Kontakt zum Anbieter auf. Ihm war klar, dass er auch genau eine solche Hand haben wollte.

Entwickelt wurde sie von dem britischen Start-up Touch Bionics, das eng mit dem Schweizer Unternehmen Balgrist Tec zusammenarbeitet. Und schon bald ließ Michel sich eine Hand fertigen. Er trägt sie inzwischen seit knapp fünf Jahren und ist begeistert von ihrer Funktionalität. 

„Diese Hand hat mein Leben grundlegend verändert“, sagt er. Die bionische Hand verfügt über zahlreiche Motoren und Griffmuster. Die Kosten belaufen sich auf über 50.000 Euro – nicht gerade niedrig, aber bei so viel innovativer Technik gerechtfertigt. 

Die „i-limb Ultra Revolution“ ist 2,5 Kilogramm schwer und mit einem Silikon-Handschuh überzogen, mit dem so-gar der Touchscreen eines Smartphones bedient werden kann. Zwei Elektroden, die auf dem Unterarm liegen, messen die elektrische Spannung an der Hautoberfläche, die von der Muskelanspannung abhängig ist. Der Träger benutzt also die Muskeln, die das Handgelenk bewegen. Die Prothese registriert den Muskelimpuls – als Folge öffnet und schließt sich die Hand. Mit einigen Tricks kann die Hand noch einiges mehr, zum Beispiel Greifen oder sich drehen. „Um das zu beherrschen, braucht es viel Training, aber es lohnt sich“, weiß Michel aus eigener Erfahrung. Denn die Feinmotorik reagiert sehr sensibel, und so kann es passieren, dass die Hand eine andere Bewegung ausführt, als ihr Träger eigentlich möchte, wenn er sie nicht richtig steuert. 

Doch die „i-limb Ultra Revolution“ kann noch viel mehr. Mit Hilfe des Smart-phones kann sie 25 Griffe programmieren, die sich via Bluetooth automatisch einstellen, sobald Michel sie benötigt. Begibt der begeisterte Fahrradfahrer sich beispielsweise in die Nähe seines Gefährts, so stellt sich automatisch der passende Griff für den Lenker ein. „Und mit dem sogenannten Pinzettengriff kann ich vieles ganz präzise greifen, zum Beispiel Popcorn im Kino“, sagt er. 

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.