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5. Dez 2022

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Business

Innovationsbereitschaft in Deutschland

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Circula GmbH/Presse

Start-Ups sind Innovationstreiber und stärken die lokale Wirtschaft. Junge Unternehmen sollten sich in jedem Fall mit dem Mittelstand zusammentun. Ein Gespräch mit Nikolai Skatchkov, Dr. Sonja Sulzmaier und Felix Thönnessen. 

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Nikolai Skatchkov, Co-Founder und CEO des Saas-Start-ups Circula

Digitalisierte Reiseabrechnungen und Benefits sparen Zeit und Geld 

Jeder, der beruflich viel unterwegs ist, kennt das mühsame Sortieren der Quittungen und Belege, das zur Abrechnung der Reisekosten und Spesen erforderlich ist. Roman Leicht und Nikolai Skatchkov waren dieses antiquierte Arbeiten leid, und so entwickelten sie eine App zur digitalen Umsetzung – die Arbeitnehmern und Unternehmen Zeit und Nerven spart. Aus ihrer anfänglichen Vision entstand die App Circula, ein Software-as-a-Service Fintech für Unternehmen jeder Größe, das die komplett digitalisierte Abrechnung der Auslagen sowie Mitarbeiter-Benefits und eine intelligente Firmenkreditkarte vereint. „Mitarbeiter können durch die Nutzung von Circula bei der Abrechnung von Geschäftsreisen 60 bis 80 Prozent Arbeitszeit einsparen“, sagt Nikolai Skatchkov.

Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit, wirtschaftlich schonende Gehaltserhöhungen und einen Inflationsausgleich vorzunehmen. „Zu unserem Fokus auf Nutzerfreundlichkeit gehört auch die einfache Realisierung steuerlicher und sozialversicherungstechnischer Ersparnisse. Unternehmen können damit eine Ersparnis von 40 bis 50 Prozent gegenüber einer klassischen Gehaltserhöhung ermöglichen.“
Waren die ersten Kunden vorrangig aus dem Start-up-Bereich, nutzen heute bereits knapp 1.300 Unternehmen die Software, überwiegend Mittelständler wie Maschinenbauer und Unternehmensberater, aber auch Großunternehmen mit über 10.000 Angestellten. Während des letzten Jahres hat Circula nicht nur kräftig zugelegt, das Start-up erobert jetzt auch den spanischen Markt und plant den Markteintritt in den Niederlanden. So unterstützen Innovationen junger Gründer Unternehmen dabei, Zeit und Ressourcen zu sparen – und ihren Mitarbeitern Gutes zu tun.

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Dr. Sonja Sulzmaier, Unternehmerin und Managing Partner der Navispace GmbH

Der Mittelstand sollte noch öfter Innovationen von Start-ups integrieren

Seit dem Jahr 2003 vernetzt die Navispace GmbH mit der Innovation World Cup Plattform jedes Jahr hunderte von Techpreneuren mit großen und mittelständischen Unternehmen – weltweit. „Die geschäftliche Verbindung zu den Corporates ist für viele Start-ups und Scaleups entscheidend für die Umsetzung, Realisierung und das Wachstum ihrer unternehmerischen Tätigkeit“, sagt Dr. Sonja Sulzmaier, Managing Partner der Navispace GmbH.
Kürzlich hat das Pitch-Finale auf der weltgrößten Medizinmesse Medica und das Finale auf der digitalen Baumesse BIM World stattgefunden. Die Jurymitglieder haben hierfür wieder hunderte von Start-ups bewertet und nur die besten fünf Prozent waren auf der Bühne zu sehen. „Wichtiges Kriterium für die Bewertung ist der Innovationsgrad eines Produkts oder einer Dienstleistung“, erklärt Dr. Sulzmaier. „Neben dem Innovationsgrad wird die Umsetzbarkeit der Technologie am Markt, das Marktpotential, und ganz wichtig, die Nachhaltigkeit einer Lösung evaluiert. Denn wir möchten vorrangig Innovationen fördern, die die Welt verbessern.“
 
Viele Unternehmen sind nur dann zukunftsfähig aufgestellt, wenn sie „externe“ Innovationen systematisch berücksichtigen. Gerade der Mittelstand kann sich Innovationen von Start-ups und Scaleups von außen ins Haus holen.
Einige Mittelständler machen das bereits ganz exzellent, doch der BVMW und auch Dr. Sulzmaier wünschen sich, dass noch mehr mittelständische Betriebe diese Chance nutzen. Sie unterstützen dieses Thema mit der Kommission für Start-ups und Unternehmensgründungen und mit der Initiative „German Mittelstand meets Startups“. Aktuell sollten Unternehmen versuchen, „robuste Schritte“ zu gehen: Nicht nur auf ein Pferd setzen, sich breiter als bisher aufstellen, Netzwerke und Netzwerkorganisationen aufbauen, und Flexibilität erarbeiten, um schnell Entscheidungen treffen und auf Veränderungen reagieren zu können.

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Felix Thönnessen, Keynote-Speaker

Unsere Wirtschaft braucht jetzt Mut

„Aufgrund von Corona ist bei jedem angekommen, dass sich Digitalisierung und Innovationsbereitschaft nicht mehr aufhalten lassen“, sagt er. „Doch aufgrund der aktuellen Wirtschaftssituation gerät das Thema gerade in den Hintergrund.“ Da wir in einer sehr unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage sind, weichen gerade viele „Long Term-Themen“ den „Short Term-Themen“, wie Inflation und Rezession. Dabei sollten Unternehmen lieber auf ein nachhaltiges Innovationsökosystem achten: Nicht kurzfristige Impulse setzen, sondern langlebige Innovationen verankern, die häufig aus mehreren Stufen bestehen. Das Erklimmen dieser Innovationen erfordert Durchhaltevermögen – und Innovationen haben kein Ende, sie hören ja nicht irgendwann auf.
Start-ups waren schon immer Innovationstreiber mit frechen Ideen, innovativen Geschäftsmodellen und nachhaltigen Umsetzungsmöglichkeiten. Es ist wichtig, dass viel dafür getan wird, Start-ups in diesem Kontext zu fördern, denn mit ihren Ideen halten sie Großindustrie wie auch Mittelstand in Bewegung. Deshalb sind sie unerlässlich.
Unternehmen sollten sich vor Augen führen, dass sie im Moment viele Einflussfaktoren nicht ändern können. Das zu akzeptieren ist der erste Schritt. Der zweite ist, sich zu überlegen, wie man die Auswirkungen bestimmter externer Faktoren aushebeln kann, also sich weniger abhängig von politischen Entscheidungen und Lieferanten macht.
 „Auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft braucht unsere Wirtschaft jetzt Mut“, sagt Felix Thönnessen. „Mut, an das zu glauben, was uns schon immer stark gemacht hat: Entscheidungen zu treffen und Innovationen zu kreieren.“