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19. Jun 2024

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Business

Intralogistik-Messe mit regionalem Fokus

Journalist: Gunnar von der Geest

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Foto: Nicola Pavlovic

Die LOGISTICS & AUTOMATION präsentierte in der vergangenen Woche die gesamte Wertschöpfungskette der Intralogistik. Die EMPACK bot zusätzlich Lösungen für Verpackungsprofis.

Easyfairs_Portrait_Maria_Soloveva_online.jpg Maria Soloveva, Projektleiterin

Am 12. und 13. Juni 2024 fand zum dritten Mal in Hamburg die LOGISTICS & AUTOMATION – durchgeführt von Easyfairs – statt. Die kompakte Fachmesse mit regionalem Fokus gab den Besuchenden dabei einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Materialflusstechnik – und das gleich doppelt: auf der Ausstellungsfläche und mit einem spannenden Vortragsprogramm. Parallel dazu fand die Verpackungsmesse EMPACK statt. Im Gespräch mit Projektleiterin Maria Soloveva die die beiden Veranstaltungen noch einmal kompakt zusammenfasst:

Frau Soloveva, was unterscheidet die LOGISTICS & AUTOMATION grundlegend von anderen Fachmessen im Bereich Intralogistik?

Die LOGISTICS & AUTOMATION ist keine gewöhnliche Imagemesse nach dem Motto „Sehen und gesehen werden“. Wir wollten den Besuchenden aus der Region vielmehr eine einfache Komplett-Lösung für ihre Teilnahme bieten – und eine Plattform für konkrete Lösungen. Dies bedeutet: Entscheider aus den Unternehmen konnten unkompliziert und auf Augenhöhe mit unseren Ausstellern ins Gespräch kommen. Eine persönliche Atmosphäre war uns wichtig. Hierzu zählte auch, dass Interessierte ihre Termine nicht bei den Unternehmen im Voraus buchen mussten. Rückmeldungen aus den vergangenen Jahren zeigen, dass dieser Austausch ohne Zeitdruck immer sehr gut ankam.

Wie sah das Themen-Spektrum aus?

Vor allem sind wir auf die gesamte Wertschöpfungskette der Intralogistik eingangen, die Unternehmen, Experten und Anwender aus allen Industriezweigen gleichermaßen anspricht. Die Angebotspalette reichte dabei von Fördertechniken und Sortiersystemen über Lagereinrichtungen bis hin zu automatisierten Lösungen, E-Logistik und Künstliche Intelligenz (KI). Einen Schwerpunkt gab es in diesem Jahr in puncto „Nachhaltigkeit“. Dieses Thema ist zwar nicht neu, doch zunehmend werden „grüne“ Lösungen in Verbindung mit einer Steigerung der Effizienz relevanter.

Welche Unternehmen waren vertreten?

Es ist kein Geheimnis, dass deutsche Unternehmen in der Intralogistik weltweit führend sind. Zu unseren Ausstellern gehörten deshalb globale Key Player wie Linde, Dahl Automation und Murrelektronik, aber auch sehr erfolgreiche Mittelständler sowie Start-ups.

Ergänzt wurde die LOGISTICS & AUTOMATION in Hamburg durch die Fachmesse EMPACK. Was steckt dahinter?

Zusammengefasst könnte man sagen: ein kompaktes Programm an zwei Tagen auf zwei Etagen – für einmal Eintritt. Da sich viele Intralogistik- und Verpackungsthemen überschneiden und auch etliche Firmen als „Zwitter“ in beiden Bereichen tätig sind, war eine Kombination der Messen sinnvoll. So haben die Besuchenden ein nahezu komplettes Gesamtbild am Ende der Produktionskette erhalten.

Apropos Programm: Es gab ja nicht nur etwas zu sehen, sondern auch zu hören. Was haben die Referenten „transportiert“?

Die Themen der mehr als ein Dutzend Vorträge waren so vielschichtig wie die gesamte Branche. Hervorheben möchte ich „Fälschungssicherer QR-Code – einfache Identifikation und Authentifikation der Produkte dank sicherer SmartID-Technologie“. Hierüber hat Tobias Jochum vom Fraunhofer IAP gesprochen. Aber beispielsweise auch „Smarte Lagertechnologien im Mittelstand – 5 Irrtümer über den Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen“ lieferte spannende Erkenntnisse.

Save the Date!

LOGISTICS & AUTOMATION und EMPACK 2025 03./04. Juni 2025 auf der Messe Hamburg

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.