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13. Nov 2020

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Gesellschaft

Jahrzehnt des Trendbruchs

Journalist: Dr. Daniel Stelter

Seit fast vierzig Jahren leben wir in einem günstigen Umfeld für Anleger: Die Zinsen sanken von weit über zehn Prozent auf null. Die Bewertungen von Aktien stiegen kontinuierlich, unterbrochen von gelegentlichen Krisen, und Immobilien vervielfachten sich im Wert. Immer wenn Ungemach drohte – Asienkrise, New-Economy-Blase, 11. September, Finanzkrise – sprangen die Notenbanken als Retter ein und verhinderten das Schlimmste. So auch in der Corona-Krise. 

Dr. Daniel Stelter, Makroökonom und Strategieberater, beyond the obvious; Foto: Robert Becker/Berlin

Diese Hilfen verhinderten aber auch, die Wirtschaft zu bereinigen und halfen, Unternehmen am Leben zu halten, die nur dank Nullzins ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können. Solche „Zombies“ investieren nicht; sie verderben den gesunden Unternehmen das Geschäft. Die Folge: Überkapazitäten, deflationärer Druck und fehlende Produktivitätszuwächse. Vor Corona schätzte die BIZ den Zombie-Anteil je nach Land auf 10 bis 25 Prozent. Heute dürften es deutlich mehr sein. 

Andere Nebenwirkungen waren schneller wachsende Schulden, steigende Vermögenspreise und damit eine zunehmende Ungleichheit. Je höher verschuldet die Wirtschaft aber ist, desto größer ihre Krisenanfälligkeit. Folge: Die Notenbanken müssen noch mehr eingreifen. Deshalb wurde schon vor Corona über Instrumente wie noch negativere Zinsen, Einschränken/Besteuern von Bar-geld, Kapitalverkehrskontrollen, direkte Finanzierung der Staaten durch die Notenbanken bis hin zu Helikoptergeld nachgedacht. 

Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Die Notenbanken finanzieren faktisch weltweit die Billionen schweren Rettungspakete und gehen dazu über, allen Schuldnern zu helfen, egal wie unsolide diese gewirtschaftet haben. So wird eine weltweite Depression zwar verhindert, es dürfte aber nicht genügen, um das Wirtschaftswachstum auf früheres Niveau zu heben. 

Wir Anleger müssen uns auf ein Feuerwerk radikaler Maßnahmen einstellen. Vor allem die neue „Wunderwaffe“ der Staatsfinanzierung durch die Notenbanken dürfte eingesetzt werden – in Europa bereits vorbereitet durch die aktive Rolle, die die EZB beim Bekämpfen des Klimawandels einnehmen will. Kauft sie nur noch „grüne Anleihen“, wird die EU diese nur zu gerne ausgeben, um den teilweise planwirtschaftlichen Umbau unserer Wirtschaft zur Klimaneutralität zu finanzieren. 

Gepaart mit der politisch vorgegebenen Entwertung vorhandenen Vermögens (Ölheizung, Verbrenner etc.) soll es gelingen, so eine Mehrnachfrage zu generieren. Da gleichzeitig die Angebotsseite der Wirtschaft unter den genannten Faktoren leidet und zusätzlich die Wertschöpfungsketten nach Corona und durch zunehmenden Protektionismus (als „Klimazölle“ getarnt) regionalisiert werden, dürfte dieser Nachfrageschub zu steigenden Preisen führen. 

In die gleiche Richtung wirkt die Demografie. Die Erwerbsbevölkerung beginnt weltweit zu schrumpfen. Die Folgen sind steigende Lasten für das Versorgen der alternden Gesellschaft und steigende Löhne für die zunehmend knappen Arbeitskräfte. 

Gerade Trendbrüche bieten enorme Chancen für jene, die sich darauf einstellen. Neben einer weltweiten Diversifikation über Anlageklassen – Gold, Immobilien, Aktien und Liquidität – hinweg, erfordert dies eine Ausrichtung an den Megatrends der kommen-den Jahre: grüne Technologien, Automatisierung und Versorgung einer alternden Gesellschaft. 

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.