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28. Sep 2023

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Gesellschaft

KI ersetzt nicht das medizinische Personal, sondern entlastet sie

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Tima Miroshnichenko/pexels, Universitätsklinikum Freiburg

Dr. Michael Kraus, Leitung Zentrum für Digitalisierung und Informationstechnologie des Universitätsklinikums Freiburg, spricht über die Relevanz datengetriebener Medizin.

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Dr. Michael Kraus, Leitung Zentrum für Digitalisierung und Informationstechnologie des Universitätsklinikums Freiburg

In puncto Digitalisierung nehmen Sie mit dem Universitätsklinikum Freiburg eine Spitzenrolle ein. Was machen Sie anders als die große Mehrzahl der deutschen Krankenhäuser?
Das Universitätsklinikum Freiburg hat früh einen Masterplan zur Digitalisierung entwickelt, um die Vision der qualitätszentrierten universitären Spitzenmedizin zu erreichen. Hierbei stehen drei Schwerpunkte im Vordergrund:

1. Datengetriebene Entscheidungen und Echtzeit-Qualitätssicherung: Medizinische Informationen werden dafür möglichst automatisch erfasst, in konkrete Daten umgewandelt und analysiert. Methoden der Künstlichen Intelligenz unterstützen dabei unmittelbar die klinische Entscheidung. Die Vorteile sind eine verbesserte Behandlungsqualität und indirekte Kosteneinsparungen.

2. Digitalisierung als Veränderungsmanagement: Die Digitalisierung ist nicht nur in medizinischen sondern auch in administrativen Bereichen eine große Chance, sowohl um unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen voranzutreiben als auch um den immer stärkeren Fachkräftemangel etwas abzufedern. Neben den Mitarbeitenen binden wir auch die Patienten im Sinne des Patient-Empowerment noch stärker ein, etwa wenn es um das Management ihrer Gesundheitsdaten geht.

3. Vernetzung: Am Universitätsklinikum Freiburg beteiligen wir uns intensiv an Lösungen, um die derzeit fragmentierten Datenstrukturen in Deutschland zu überwinden und sektorenübergreifend integrierte Prozesse zu etablieren. Das ist aufgrund technologischer und gesetzlicher Herausforderungen nicht ganz einfach. Um diese Hürden abzubauen, planen wir in Baden-Württemberg den Aufbau einer forschungskompatiblen, DSGVO-konformen Gesundheitsdateninfrastruktur. Dieser Multicloud-Ansatz wird gleichzeitig helfen, die gestiegenen IT-Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.

Im Hinblick auf den geplanten Europäischen Datenraum wird es darauf ankommen, einen schnellen und regulierten Datenzugang für unsere Forschung und für Partner im Gesundheitssektor zu schaffen.

Was versteht man heute unter datengetriebener Medizin?
Gesundheitsdaten, und dazu zählen zunehmend auch genetische und molekularbiologische Informationen, sind essentiell für individuell zugeschnittene Behandlungskonzepte und die medizinische Forschung. Deshalb müssen wir diesen Datenschatz dringend heben. Wir haben dafür bereits Datenpipelines entwickelt, um neben den klinischen Routinedaten beispielsweise onkologische Molekulardaten einheitlich nutzbar zu machen. Bislang müssen wir diese Daten meist noch standardisieren, um das volle Potenzial zu entfalten und über verschiedene Sektoren und Einrichtungen hinweg zu nutzbar zu machen. Im Hinblick auf den geplanten Europäischen Datenraum wird es darauf ankommen, einen schnellen und regulierten Datenzugang für unsere Forschung und für Partner im Gesundheitssektor zu schaffen.

Sie setzen bereits KI in der Behandlung ein. Können Sie erläutern, wie und wo KI Ihre Arbeit am/mit den Patienten unterstützt?
Schon heute wird jeder Patient am Universitätsklinikum Freiburg – im Hintergrund – mit Unterstützung von KI versorgt. Prominent ist ihre Rolle bei der KI-basierten Bildanalyse, wie bei Schlaganfällen, der Darmkrebsvorsorge und in der Radiologie. Sie optimiert außerdem klinische Prozesse, beispielsweise durch Spracherkennung und wir sind dabei, das Erstellen von Arztbriefen mit KI-Systemen ähnlich wie ChatGPT deutlich zu beschleunigen. KI ersetzt aber keineswegs unsere Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte. Vielmehr unterstützt und entlastet sie die Mitarbeitenden und bringt mehr Zeit für die Patienten. Auch für die IT-Sicherheit ist KI natürlich unverzichtbar.

Wie sieht die Zusammenarbeit der Universitätsklinika Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm aus, die unter dem Kürzel 4U ausgezeichnet wurde?
Der 2021 gegründete Verein „Universitätsmedizin Baden-Württemberg“ (4U) sieht Digitalisierung als wesentlichen Schrittmacher für bessere Krankenversorgung, Forschung, Lehre und Innovation. Wir haben die vorhandenen Prozesse und Daten an den verschiedenen Standorten analysiert und eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie entwickelt. Unser Ziel ist die Schaffung eines Ökosystems der Wissen-generierenden Versorgung. Durch die Zusammenarbeit konnten Projekte effizienter und kostengünstiger umgesetzt werden, z. B. ein gemeinsames Storage-Grid für große Datenmengen und eine Sensibilisierungskampagne für Informationssicherheit. Gleichzeitig schaffen wir so Voraussetzungen für den Auf- und Ausbau von digital vernetzten Versorgungskonzepten. Beispiele dafür sind die Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) oder das Zentrum für Innovative Versorgung (ZIV).

Wann rechnen Sie mit dem flächendeckenden Einsatz von elektronischen Patientenakten, Telemedizin und KI im Krankenhausbetrieb?
Am Universitätsklinikum Freiburg setzen wir seit vielen Jahren auf eine digitale Behandlungsdokumentation. Seit über einem Jahrzehnt nutzen wir digitale Kurven sowohl auf Normal- als auch auf Intensivstationen. Darin integriert ist unter anderem ein intelligentes Medikationsmodul, welches Wechselwirkungen von Medikamenten frühzeitig erkennt und so die Patientensicherheit steigert. Ähnlich sieht es im Bereich Telestroke aus, also bei der Schlaganfallbehandlung. Auch die digitale Vernetzung mit Facharztpraxen bringt enorme Vorteile; unser Augennetz Südbaden profitiert davon seit vielen Jahren. In dieser Entwicklung werden die Patienten künftig eine aktivere Rolle einnehmen. Sie wird aufgrund der schnellen medizinischen Fortschritte, struktureller Veränderungen wie der Ambulantisierung und des wachsenden Fachkräftemangels nicht mehr zu stoppen sein. Den Universitätskliniken kommt dabei eine zentrale Funktion in der Steuerung regionaler medizinischer Netzwerke zu.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.