17. Mär 2023
|
Gesellschaft
Journalist: Armin Fuhrer
|
Foto: Presse, Linda Söndergaard/unsplash
Die Entwicklung zur Smart City ist eine politische Entscheidung. Technologie kann nur die Umsetzung unterstützen, sagt Martin Memmel vom DFKI.
Dr. Martin Memmel, Head of SmartCity Lab am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
Herr Memmel, am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern arbeiten Sie an der Smart City der Zukunft. Worin sehen Sie deren Hauptmerkmale?
Für mich hat eine Smart City smarte Ziele und smarte Akteure. Das bedeutet, dass es sich nicht vorrangig um Technologie, sondern um eine Art Bewusstseinsfrage handelt. Es muss darüber, was eine Stadt positiv auszeichnet, Einigkeit herrschen. Das ist die Grundlage aller weiteren Schritte. Eine Smart City-Charta wie die des Bundesumweltministeriums muss den normierenden Rahmen vorgeben. Darin müssen Faktoren enthalten sein wie zum Beispiel lebenswert, inklusiv und ökologisch nachhaltig.
Welche Rolle kommt der smarten Technologie zu?
Technologie, zum Beispiel die Analyse und Visualisierungen von Daten spielen eine Rolle bei der Frage, ob ein Thema auf die politische Agenda kommt und wie dann auch ein konkretes Ziel definiert wird. Und sind die Ziele beschlossen worden, dann kann Technologie natürlich bei der Umsetzung und der Evaluierung helfen. Sie kann an verschiedenen Stellen ein wichtiger Erfüllungsgehilfe sein.
Wird die Bedeutung der Technologie bei der Umsetzung der Smart City überschätzt?
Ich will es mal so sagen: Die Hoffnung, dass alles sofort besser wird, wenn wir den einen Algorithmus gefunden haben und die eine bestimmte Künstliche Intelligenz einsetzen, ist ganz gewiss übertrieben und wird sich nicht erfüllen.
Aber eine Smart City ohne Technologie ist nicht möglich, oder?
Richtig. Man wird beispielsweise keine intelligente Mobilitätsplanung machen können, wenn man nicht über die entsprechende Technologie verfügt. Gerade die Planung der Mobilität zeigt, wie wichtig die Erhebung, die Zugreifbarmachung und der Umgang mit strukturierten Daten ist. Aber auch an dieser Stelle könnte man schon jetzt sehr vieles besser machen, was mit Technologie gar nichts zu tun hat. KI ist nur der Erfüllungsgehilfe.
Welche Rolle spielen dabei Daten?
Am DFKI machen wir sehr viel Basisarbeit und deswegen ist für uns gerade mit Blick auf die IT der entscheidende Faktor der kluge, strukturierte Umgang mit Daten. Daten sind der Anfang von allem und sind für ein funktionierendes Datenmanagement und die dahinter liegenden entsprechenden Systeme von entscheidender Bedeutung. Ohne diese Grundlage ist man nicht KI-Ready. Auf dieser Basis aber kann man kluge und spannende Dinge machen.
Wie wichtig ist denn dann eine Bestandsaufnahme, bevor Städte bestimmte Bereiche smarter machen?
Die Analyse des Ist-Zustandes ist von entscheidender Bedeutung. Politik und Verwaltung können nur gute Entscheidungen treffen, wenn sie die aktuelle Lage auf Grund von verlässlichem Datenmaterial gut beurteilen können. Aber auch an dieser Stelle ist für mich eine andere Frage entscheidend: Man kann beispielsweise die Ampelschaltungen mit KI besser machen und so den Verkehr flüssiger werden lassen – aber die Frage, wie KFZ-freundlich eine Stadt sein soll, ist eine Frage der Politik, nicht der KI.
Für die bei der Umsetzung smarter Projekte notwendige KI ist eine gute digitale Infrastruktur unerlässlich. Wie stehen wir da in Deutschland?
In der Verwaltung vieler Städte liegen Ideal und Wirklichkeit oft noch sehr weit auseinander. Aber mit dem Ausbau des Breitbandnetzes sind gerade die großen Städte inzwischen vorangekommen. Doch auch das ist letztlich kein technologisches Problem, sondern eins der Umsetzung und damit des Willens.