14. Dez 2022
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Gesundheit
Journalist: Thomas Soltau
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Foto: Accuray/unsplash
Die elektronische Patientenakte, kurz ePA, soll Abläufe zwischen Ärzten und Versicherten vereinfachen. Doch noch hapert es an vielen Stellen bei der Umsetzung.
Deutschland und die Digitalisierung – das ist keine Erfolgsgeschichte. Exemplarisch dafür steht die elektronische Patientenakte (ePA). Während sie in Dänemark seit Jahren Standard ist, kennen viele Versicherte bei uns diese Option gar nicht, die es als App für Handy oder Tablet seit Anfang 2021 gibt. Als „Kernbestandteil der Digitalisierungsstrategie“ sieht Susanne Ozegwoski, Abteilungsleiterin für Digitales und Innovation vom Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die ePA. Mit ihr sollen sich Versorgungsprozesse verbessern. Doch laut Ozegwoski verfügen derzeit gerade mal 0,7 Prozent in Deutschland über eine elektronische Patientenakte. Bislang bekommt die ePA nur, wer das bei seiner Krankenkasse beantragt. Diese Praxis ändert sich nun. Im Jahr 2025 sollen bereits 80 Prozent der Versicherten eine haben. Bei den Ärzten sieht es nicht viel anders aus. Anfang des Jahres nutzten erst 30 Prozent der Praxen, 11 Prozent der Krankenhäuser und 7 Prozent der Apotheken laut Gematik das Modul, das notwendig ist, um die ePA zu nutzen.
Seit Anfang 2021 können Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen die elektronische Patientenakte nutzen. Alle Untersuchungsergebnisse, Befunde oder Laborergebnisse eines Patienten werden an einem Ort gespeichert, auf den dann alle Zugriff haben, die am Gesundheitsprozess beteiligt sind. So weit, so gut. Doch Mediziner kritisieren bereits länger die E-Akte, die nur schwer anwendbar sei. Zum einen setzt die Nutzung der digitalen Akte voraus, dass der Patient die entsprechenden Daten hochgeladen oder dem Upload in der Arztpraxis zugestimmt hat. Zum anderen muss er den Zugriff auf die Informationen gestatten. Genau hier steht für Versicherte die erste Hürde: sie haben Bedenken, intimste Gesundheitsdaten in eine App hochzuladen. Experten betonen zwar, dass der Versicherte immer Eigentümer seiner Daten ist und darüber verfügen darf, mit wem er die sensiblen Informationen teilt. Zweifel bleiben trotzdem.
Auch bei den Ärzten überwiegt die Skepsis beim Thema Cybersicherheit, so eine aktuelle Umfrage des Fachverbandes Bitkom. Drei Viertel (74 Prozent) der Ärzteschaft im Krankenhaus sehen Kliniken in Deutschland häufig nicht ausreichend vor Cyberangriffen geschützt. Gleichzeitig ist für Ärztinnen und Ärzte eine aus ihrer Sicht übertriebene Auslegung von Datenschutzvorschriften ein Hemmschuh. So betonen 71 Prozent, strenge Datenschutzvorgaben erschwerten oftmals den medizinischen Fortschritt.
Als ob das nicht genug wäre, verhindern teilweise technische und strukturelle Probleme die schnelle Einführung der E-Akte. Ärzten auf dem flachen Land fehlt oft die nötige digitale Infrastruktur, um überhaupt mit der E-Akte arbeiten zu können. Kein oder zu schwaches WLAN macht die Handhabung für Ärzte unmöglich. Dazu gesellen sich Schwierigkeiten bei der Bedienung. Patienten können für jedes Laborergebnis entscheiden, welcher Arzt darauf zugreifen darf – das überfordert nicht wenige. Die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten der E-Akte kritisieren auch Kassenärztliche Vereinigungen. Der behandelnde Arzt könne sich nicht darauf verlassen, dass die ePA des Patienten vollständig ist und ihm bei der Behandlung fundiert und sicher weiterhilft. Zudem fehle den Ärzten auch die Zeit, umfangreiche Fragen zur ePA zu beantworten oder gemeinsam mit Patienten die E-Akte zu befüllen. So lässt die vollständige Digitalisierung noch auf sich warten.