1. Okt 2025
|
Wirtschaft
Journalist: Thomas Soltau
|
Foto: Homa Appliances/unsplash
Wegwerfen war gestern. Wer heute klug recycelt, spart Kosten, stärkt die Marke – und kreist sich ganz nach oben im Wettbewerb.
Die Kreislaufwirtschaft ist kein romantisches Öko-Ideal, sondern ein handfestes Geschäftsmodell. Ihr Prinzip: Rohstoffe und Produkte bleiben so lange wie möglich im Umlauf – durch Wiederverwendung, Reparatur, Refurbishment oder Recycling. Alles beginnt beim Design: Produkte werden modular, reparierbar und langlebig. Unternehmen entwickeln Materialien, die sich leicht trennen lassen, Geräte, die sich öffnen lassen, und Prozesse, die Rücknahme statt Wegwerf-Logik ermöglichen. Wer das richtig macht, senkt nicht nur Entsorgungskosten, sondern spart bares Geld bei der Beschaffung – und reduziert zusätzlich das Risiko bei schwankenden Rohstoffpreisen.
Im Maschinenbau entstehen neue Servicekonzepte rund um Mietgeräte, im Handel wird retourniertes Inventar wiederaufbereitet, in der IT laufen Altgeräte nach dem Reset eine zweite Runde. Digitale Produktpässe, KI-gestützte Sortieranlagen und smarte Rücknahmesysteme machen das Modell effizienter. Inzwischen setzen auch Baukonzerne auf modulare Elemente, die sich nach Projektende zerlegen und wiederverwenden lassen – eine Art Tetris für Fortgeschrittene. Die EU fördert die Entwicklung mit gezielten Programmen. Auch Schweiz und Österreich setzen auf Ressourcenschonung durch Regulatorik und Anreize – etwa durch steuerliche Vorteile, öffentliche Fördermittel oder Ausschreibungsboni.
Dass sich der Aufwand lohnt, zeigen die Zahlen: Unternehmen mit zirkulären Geschäftsmodellen sind nachweislich erfolgreicher. Sie profitieren von stabileren Rohstoffkosten, zusätzlichem Serviceumsatz und einem Imageplus beim Kunden. Reparaturangebote und Rücknahmegarantien erschließen neue Zielgruppen. Vor allem aber: Wer früh auf Kreislauf setzt, sichert sich Innovationsvorsprung – und senkt langfristig seine Abhängigkeit von globalen Lieferketten. Kreislauf heißt nicht Rückschritt, sondern Zukunft mit Mehrwert.
Verpackungshersteller setzen auf Kunststoffrezyklate, die mehrfach einsetzbar sind. Aus Müll wird Material, aus Aufwand wird Gewinn.
Ein Best Case aus der Industrie: Ein Anlagenbauer führte ein Leasingmodell für Produktionsmaschinen ein. Nach Ablauf der Mietzeit werden die Geräte zurückgenommen, generalüberholt und erneut vermietet – zu 80 Prozent des Neupreises. Die Kunden sparen Investitionen, das Unternehmen Ressourcen – und das Gerät wird zum Umsatzträger auf Zeit. In der Textilbranche entstehen Kollektionen, deren Fasern rückstandsfrei recycelt werden können. Verpackungshersteller setzen auf Kunststoffrezyklate, die mehrfach einsetzbar sind. Aus Müll wird Material, aus Aufwand wird Gewinn. Politisch wird Kreislaufwirtschaft längst als industrieller Hebel verstanden. EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall betont häufig, dass „eingespartes Material das beste Material ist.“ Investitionen in Kreislaufwirtschaft, sauberes Wasser, sichere Chemikalien und eine gesunde Natur sind eine Investition in unsere Widerstandsfähigkeit und wirtschaftliche Sicherheit, so die EU-Kommissaren. Kreislaufwirtschaft wird deshalb allgemein als zentraler Baustein einer ressourcenschonenden, resilienten Industrie gesehen. Kreislaufwirtschaft funktioniert – vorausgesetzt, man lässt sie endlich kreisen.