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3. Apr 2023

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Gesellschaft

Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen

Journalist: Julia Butz

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Foto: GVK, Sigmund/unsplash

Das Schließen von Stoffkreisläufen ist einer der zentralen Schlüssel für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem. Die aktuelle Erhebung „Stoffstrombild Kunststoffe“* macht deutlich, welche zentrale Rolle Kunststoffe innerhalb des Recyclings einnehmen und inwieweit sich der Einsatz von Rezyklaten bereits in der Kunststoffindustrie etabliert hat. Im Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV), Dr. Oliver Möllenstädt.

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Dr. Oliver Möllenstädt, Geschäftsführer des Gesamtverbandes Kunststoffverarbeitende Industrie e.V.

Herr Dr. Möllenstädt, das Stoffstrombild Deutschland zeigt erneut die ungebrochene Nachfrage nach Kunststoffen. Sehen Sie uns zukünftig für geschlossene Materialkreisläufe gut aufgestellt?
Wir sind bereits auf einem sehr guten Weg, haben aber noch ein gutes Stück vor uns. Kunststoff gehört zu den Werkstoffen, die anspruchsvoller sind als andere Materialien, weil es sehr unterschiedliche Kunststoffe gibt. Als Rohstoff bzw. Rezyklat muss er bestimmte Qualitäten haben, damit die Kunststoffindustrie auch vernünftige Produkte anbieten kann. Auch haben wir dort, wo sich Trennung noch nicht lohnt, noch einen recht hohen Anteil thermischer Verwertung, der Anteil an wertstofflicher Verwertung aber wächst. Und auch technisch müssen wir noch besser werden, z. B. wenn wir es mit stark verschmutzten Werkstoffen zu tun haben. Wünschenswert wäre hier ein Ende der Debatte um chemisches und/oder mechanisches Recycling. Nicht nur für mehr Klarheit, sondern um allen Beteiligten viel Zeit, Kraft und Investitionen in die falsche Richtung zu ersparen.

Wo lohnt sich biologisch abbaubarer Kunststoff?
Dessen Einsatz ist nur dann interessant, wenn er auch einen Nutzen bringt, wie bei Blumentöpfen, die im Boden zu Biomasse abgebaut werden oder Biomüllbeuteln. Allerdings geht die biologische Zersetzung außerhalb einer Kompostieranlage nur sehr langsam vonstatten und kann über Jahre andauern – und der Werkstoff ist am Ende verloren. Trotz biologischer Abbaubarkeit bliebe auch das Problem des „Litterings“ bestehen.

Welche Rahmenbedingungen muss der Gesetzgeber schaffen?
Die Rechtsvorschriften unterscheiden sich: Bei einigen Produkten ist der Einsatz von Rezyklaten einfacher umzusetzen, bei manchen schwierig oder bisher überwiegend unzulässig wie bei vielen Lebensmittelverpackungen, mit Ausnahme von Getränkeflaschen. Dabei gäbe es gerade in diesem Bereich noch viel mehr Chancen, ohne zusätzliches Risiko für Verbraucher. Die Europäische Union und ihre jeweiligen Behörden sollten dafür sorgen, mehr Spielräume zu schaffen.

Die Kunststoffbranche ist vorwiegend mittelständisch geprägt. Wie steht es um den Innovationswillen?
Unsere Branche war schon immer sehr innovativ. Von manch einem wurde das Thema Recycling in der Vergangenheit als notwendiges Übel betrachtet, in den letzten drei, vier Jahren hat hier aber ein großer Wandel stattgefunden. Der Großteil ist sehr engagiert, was viele gute Beispiele zeigen. Und wir als GKV begleiten dies.

Der GKV ist die Spitzenorganisation der deutschen kunststoffverarbeitenden Industrie. Mit einem Jahresumsatz von 69,4 Mrd. € und über 320.000 Beschäftigten in 2.905 Betrieben stellt sie einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Deutschlands dar.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.