3. Apr 2023
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Gesellschaft
Journalist: Julia Butz
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Foto: Nadja Bertolt Jensen/unsplash, WPO
Status quo, Herausforderungen und Recyclingziele der Circular Economy in der Verpackungsbranche: Im Gespräch mit der World Packaging Organisation.
Dr. Johannes Bergmair, Generalsekretär World Packaging Organization (WPO)
Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung sind seit einigen Jahren die Topthemen der internationalen Verpackungsindustrie. Dieser Trend ist weltweit zu erkennen, vielleicht mit wenigen Ausnahmen wie USA und Japan. „Die Reduzierung von Müll auf Deponien und in Meeren ist ein wichtiges Ziel – weltweit. Und Verpackung steht da besonders im Fokus, weil jeder und jede täglich damit zu tun hat.“, so Dr. Johannes Bergmair, Generalsekretär WPO World Packaging Organisation.
Die WPO mit Sitz in Wien agiert als zentrale Organisation für alle Verpackungsplayer. Neben dem Ziel, unnötige Verpackungen und Lebensmittelabfälle zu minimieren und Einwegkunststoffe und problematische Materialien zu eliminieren, soll sichergestellt werden, dass alle Verpackungen in dem Land, in dem sie verkauft werden, recycelbar und wiederverwertbar sind. Dazu bietet die WPO in Kooperation mit der ECR Austria AG ein Mapping-Tool an, welches darüber informiert, in welchen Ländern welche Art von Materialien prinzipiell recycelt werden können und wie die Recyclinginfrastruktur in den Zielländern aufgestellt ist. Wichtige Voraussetzung, um auch das Produktdesign für den jeweiligen Markt auf die länderspezifische Verwertungsstruktur abstimmen zu können.
„Das Wissen darüber, über welche Materialströme wir verfügen, wo diese und in welchen Mengen anfallen und welche Anlagen ich dazu benötige, sind unabdingbar für den Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.“
Nach Dr. Bergmair nimmt Europa auf dem Weg von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft eine Vorbildfunktion ein. Die europäische Gesetzgebung schafft bereits seit den 90er-Jahren die notwendigen gesetzlichen Vorgaben, durch die es heute möglich ist, auf eine breite Wissensbasis zurückgreifen zu können. „Das Wissen darüber, über welche Materialströme wir verfügen, wo diese und in welchen Mengen anfallen und welche Anlagen ich dazu benötige, sind unabdingbar für den Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.“, Dr. Bergmair. Im Vergleich zu „historischen“ Recyclingmaterialien wie Papier und Glas sieht er für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft den größten Nachholbedarf bei Kunststoffen, vor allem in Bezug auf Wirtschaftlichkeit. Denn die Neuproduktion aus Kunststoff ist in der Regel noch immer günstiger als der Einsatz von Rezyklaten. Künftig werde sich nach seiner Einschätzung möglicherweise auch die große Vielfalt an Kunststoffarten verringern müssen, um mehr Spielraum für den Einsatz von Rezyklaten in möglichst vielen Produkten zu ermöglichen.
Damit nicht mehr Müll als nötig anfällt, mahnt Dr. Bergmair den ökologischen Optimierungsanspruch nicht über die Anforderungen an Schutz-, Haltbarkeit und Hygienestandards eines Produktes zu stellen. „Die Funktionalität darf nicht vergessen werden. Wenn die Schutzfunktion von Verpackungen nicht mehr in dem Maße, wie sie gebraucht werden, gegeben sind oder zu geringe Sauerstoff- und Lichtbarrieren Lebensmittel schneller verderben lassen, ist dies für die Umweltbilanz schlimmer als eine funktionierende Verpackung mehr. Denn Energie und Rohstoffe sind für deren Produktion umsonst angefallen.“