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28. Sep 2023

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Wirtschaft

Landwirtschafts-Roboter packen an

Journalist: Katharina Petzholdt

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Foto: Quang Nguyen Vinh/pexels

Automatisierte Unkrautbekämpfung und Salat erntende Roboter: Die Entwicklung moderner Technologien in der Landwirtschaft nimmt Fahrt auf.

Wenn Mähroboter in Privatgärten über Rasenflächen gleiten, ist das schon lange kein Grund mehr zum Staunen. Sie gelten heute fast als Standard. Auch in der Landwirtschaft finden automatisierte Lösungen immer weitere Verbreitung.

Salat erntende Roboter, die so schnell sind, dass sie zwanzig Feldarbeiter ersetzen, befinden sich schon im Einsatz. Auch Melkroboter, die Daten einzelner Kühe punktgenau erfassen und Milch, die den Qualitätsanforderungen nicht entspricht, gleich aussondern, sind Realität. Allerdings ist die Umstellung auf derartige Automatisierungen mit hohen Kosten verbunden, sodass bislang hauptsächlich Landwirte mit solidem Finanzpolster oder Innovationsbegeisterung den Schritt wagen. Landwirte heute stehen vor vielfältigen Herausforderungen: Die eskalierende Klimakrise, die im Green Deal der EU beschlossene Halbierung der Pestizide bis 2030 sowie hohe Lohn- und Energiekosten sind einige davon. Automatisierungen in Kombination mit künstlicher Intelligenz etwa in Drohnen, Robotern oder sensorgesteuerten Systemen bieten da Lösungen.

Die Effizienz automatisierter Systeme kann zu vielerlei Einsparungen führen: die Arbeitslast reduziert sich und damit oft auch der Lohnaufwand. Zudem können durch Datenanalysen Dünger, Wasser, Pestizide oder Medikamente bedarfsgerecht verwendet werden.

Die scheinbare Zwickmühle: Die Betriebe müssen zu einer ökologisch nachhaltigen Gestaltung ihrer Arbeitsabläufe finden und zugleich ökonomisch sinnvoll wirtschaften. Was zunächst wie ein Widerspruch klingen mag, muss keiner sein. Denn die Effizienz automatisierter Systeme kann zu vielerlei Einsparungen führen: die Arbeitslast reduziert sich und damit oft auch der Lohnaufwand. Zudem können durch Datenanalysen Dünger, Wasser, Pestizide oder Medikamente bedarfsgerecht verwendet werden. Das spart Ressourcen und hat geringere Umweltauswirkungen.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart hat in Zusammenarbeit mit zwei Unternehmen das mobile Robotersystem AMU-Bot entwickelt. AMU bedeutet „autonome mechanische Unkrautbekämpfung“. Und genau das kann das System: Es navigiert selbstständig durch Reihenkulturen von Baumschulen und unterscheidet mithilfe von optischen Sensoren Nutzpflanzen von Unkräutern. Letztere entfernt es rein mechanisch durch rotierende Werkzeuge.

Neben Erntemaschinen, Melkrobotern und Unkrautkillern gibt es viele weitere Anwendungsbereiche. So können Bewässerungssysteme mithilfe analysierter Daten von Feuchtigkeits- und Temperatursensoren exakt nach Bedarf bewässern. Mit Transponder ausgestattete Nutztiere erhalten individuell zusammengestelltes Futter und automatische Lenksysteme können mittels GPS die Position und Fahrspur von Maschinen mitunter bis auf fünf Zentimeter genau berechnen. Auch wenn die Möglichkeiten vielversprechend klingen, gibt es Risiken. Was geschieht mit den ermittelten Daten? Entstehen neue Abhängigkeiten? Welchen Einfluss hat die Automatisierung auf die Pflanzenzüchtung? Hier braucht es in Zukunft Antworten und entsprechende Regulierungen.

Auch beim „Vertical Farming“, also dem Pflanzenanbau in der Senkrechten, spielt Automatisierung eine Rolle. Die in Gebäuden in mehreren Ebenen wachsenden Pflanzen können fast unter Laborbedingungen gepflegt werden. Aussaat, Bewässerung, Nährstoffzufuhr, Ernte und Verpackung laufen hier zunehmend automatisch.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.