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6. Jul 2023

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Gesellschaft

Langfristig planen, gezielt vorgehen

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Foto: Presse

Eine fundierte Planung des Gebäudeunterhalts setzt zwei Punkte voraus: regelmässiges Kontrollieren der Bauteile durch die Eigentümerinnen und Eigentümer sowie unterstützendes Fachwissen von Bauprofis.

Stefan Aeschi, Dipl. Architekt ETH/SIA DAS Wirtschaft FH, Experte Bau- und Energietchnik beim HEV Schweiz

«Freundschaften sollten wir hegen und pflegen. Aber nicht erst, wenn sie krank daniederliegen.» Dieses Zitat von Ernst Ferstl gilt nicht nur für Freundschaften, sondern auch für Gebäude. Damit die Freude am Eigenheim und sein Wert auch während vieler Jahre erhalten bleibt, heisst es für Gebäude: hegen und pflegen. Über den Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg sind Kontrollen und ein gewisser Unterhalt der Bauteile notwendig. Dadurch werden sich Eigentümerinnen und Eigentümer bewusst, welche Erneuerungsmassnahmen anstehen, und sie können sich frühzeitig darauf vorbereiten.

Instandhaltung
Der Begriff «Gebäudeunterhalt» wird in der Fachwelt in die Themenbereiche Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung unterteilt. Instandhaltungsarbeiten dienen dem Bewahren der Gebrauchstauglichkeit. Sie sorgen also dafür, dass Gebäude oder Gerätschaften durch Reinigen, Richten und Pflegen weiter betrieben werden können. Neben dem Reinigen eines Gerätes oder Bauteils lohnt es sich, durch eine Funktionskontrolle zu prüfen, ob Mängel vorliegen. Schmutz und Umwelteinflüsse greifen Materialien und Bauteile an, was bei schlechter Wartung zu einer starken Verkürzung der Lebensdauer führen kann.

Eine visuelle Kontrolle durch den Laien reicht oft bereits aus, um Mängel zu erkennen. Trotz aller persönlicher Aufmerksamkeit und Sorgfalt lohnt es sich, das Gebäude alle zehn Jahre durch eine Fachperson beurteilen zu lassen. Während Algenbefall an der Fassade meist vom Laien erkannt wird, kann die Tragfähigkeit des Putzes oder das Nachziehen von Wasser in die Aussenwärmedämmung meist nur durch einen Spezialisten festgestellt werden, weil dieser genau weiss, worauf zu achten ist. Eigene Kontrollen, kombiniert mit fachmännischen Einschätzungen, helfen, sich abzeichnende Instandsetzungs- oder Erneuerungsarbeiten zu erkennen und den Gebäudeunterhalt langfristig zu planen und gezielt vorgehen zu können. 

Lebenszyklen der Bauteile als Planungsgrundlage
Neben der optischen Bauteilbegutachtung gehört der Lebenszyklus einzelner Bauteile zu den einfachsten Hilfsmitteln zur Abschätzung des Erneuerungsbedarfes. Beim Lebenszyklus wird unterschieden zwischen der Lebensdauer und der Nutzungsdauer. Die Lebensdauer beschreibt die Zeitspanne, in der ein Bauteil seine Funktion erfüllen kann. Je nach Beanspruchung, Bewitterung und Pflege kann die effektive Lebensdauer genauso wie die Nutzungsdauer erheblich vom zu erwartenden Durchschnitt abweichen. Muss ein Fenstersims aus baulichen Gründen beim Ersatz eines Fensters mit ersetzt werden, liegt seine Nutzungsdauer deutlich unter der prognostizierten Lebensdauer. Auch hier kann fachspezifische Unterstützung wertvolle und entscheidende Inputs liefern.

Eine Lebenszyklusanalyse zeigt die anstehenden Arbeiten auf und erlaubt es, verschiedene Arbeitsschritte in sinnvollen Sanierungspaketen zu vereinen. Daraus lassen sich rasch die zu erwartenden Sanierungskosten ermitteln. Durch geschicktes Bündeln von Massnahmen können entsprechend auch Folgekosten eingespart werden.

Vorbeugen ist besser als Heilen
Regelmässige Kontroll- und Unterhaltsarbeiten reduzieren das Ausfallrisiko von Geräten, verlängern die Lebensdauer von Bauteilen und schaffen Planungssicherheit. Nicht gewartete Bauteile weisen eine höhere Anfälligkeit für Mängel auf als solche, die regelmässig geprüft und unterhalten werden. Von der Umwälzpumpe einer Heizung, die im Herbst getestet wurde, kann erwartet werden, dass sie auch zu Beginn der Heizperiode verlässlich anspringt. Wer den Zustand seiner Geräte und Bauteile kennt, wird weniger Überraschungen erleben und kann Erneuerungen langfristig planen und budgetieren.

Kurzfristiges «Handeln müssen» hingegen verlangt meist eine sofortige Verfügbarkeit der entsprechenden Fachkräfte, was einen höheren Preis zur Folge haben kann. Zudem können lange Lieferfristen zu Provisorien und Übergangslösungen zwingen, was wiederum unnötige Kostenfolgen hat. Analog unserer Gesundheit gilt auch für Gebäudesanierungen die alte Volksweisheit «Vorbeugen ist besser als Heilen.»

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.