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28. Sep 2023

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Gesellschaft

Liebe Regierung: Investieren, nicht subventionieren!

Journalist: Tim-Oliver Müller

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Foto: HDB/Bollhorst

Der Bau in der Krise? Ja! Nur unser Problem? Nein.

Denn: Hat der Bau ein Problem, haben wir es alle. Egal ob Kindergärten, Schulen, Wohngebäude, Schienen, Straßen oder Brücken: Die Gesellschaft braucht eine solide und gesunde Bauindustrie. Wir schaffen Welten und setzen wichtige Ziele um. Mit Bauinvestitionen von 475 Milliarden Euro allein im letzten Jahr, steuern wir rund zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Knapp eine Millionen Fachkräfte arbeiten in unserer Branche. Kurzum: Als Transformations-Realisierer und Konjunktur-Garant – die Bauindustrie ist essenziell.

Doch derzeit macht uns vor allem der Wohnungsbau zu schaffen.

Wir verzeichnen 2023 voraussichtlich einen realen Umsatzrückgang von minus neun Prozent und im gesamten Bauhauptgewerbe von sechs Prozent. Die Probleme im Baumaterialbereich gehen zwar zurück, jedoch das akute Problem ist die Auftragslage. Die Bestände schmelzen schneller weg, als uns allen lieb ist. Wir erleben mittlerweile den neunten Monat in Folge mit einem zweistelligen Rückgang im Wohnungsbau. Nach wie vor sorgen Zinssteigerungen, deutlich zulegende Baukosten, nochmals erhöhte energetische Anforderungen – sofern sich die Bundesbauministerin nicht durchsetzt – und die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Politik für ein Umfeld, in dem Investoren weiter auf der Bremse stehen. Hier muss die Regierung einen Rahmen der Zuverlässigkeit schaffen, damit Investoren wieder Geld in die Hand nehmen, Aufträge erteilen und die Bauindustrie Wohnungen für zigtausende Mieterinnen und Mieter bauen kann. Dieser Zustand ist „sozialer Sprengstoff“.

Das Paradoxe: Unsere Produkte werden gebraucht. Es fehlt einzig an Aufträgen privater und öffentlicher Investoren. Aktuell droht vermehrt Kurzarbeit, dabei brauchen wir jede Fachkraft angesichts der enormen Transformations- und Bauaufgaben.

Nicht besser sieht es im deutschen Verkehrsnetz aus. Auch hier melden unsere Unternehmen einen rückläufigen Auftragsbestand, obwohl wir die Mobilitätswende so dringend benötigen. Aktuell ist häufig ein politisches gegenseitiges Ausspielen der Verkehrsträger zu beobachten. Doch für die individuellen, lokalen und überregionalen Mobilitätserfordernisse sind Schiene, Wasserstraße und Straße gleichermaßen wichtig – insbesondere für den ohnehin angeschlagenen Wirtschaftsstandort Deutschland­ und um gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten.

Doch was nützt das beste Ziel, wenn in der Realität Schwerlasttransporte mit Windrädern nicht über Brücken kommen, weil diese zu marode sind. Wir reden von Deutschland, einem Wirtschaftsstandort, im Jahr 2023. Über Jahrzehnte wurde die Verkehrsinfrastruktur vernachlässigt. Die letzten nominalen Rekordinvestitionen verpuffen angesichts der Preissteigerungen.

Auch hier rufe ich laut und deutlich: Investitionen statt Subventionen.

Das stärkt die dringend benötigte Bauindustrie, sichert Arbeitsplätze, schafft Neues und erhält Bewährtes. Jeder eingesetzte Euro in den Bau wird vervielfacht. So würde eine kluge Wirtschaftspolitik aussehen.

Klar ist, dass sich auch die Branche bewegen muss. Gerade um digitaler und nachhaltiger zu werden. Dabei dürfen wir nicht weiter im „Klein-Klein“ verharren. Durch eine konsequente Digitalisierung von Bauverfahren können wir aufgrund einer optimierten Planung und eines gemeinsamen transparenten Blickes auf die Kosten und Bauabläufe des Gesamtprojekts unter frühzeitiger Beteiligung aller Projektbeteiligten produktiver werden. Dafür bedarf es allerdings endlich mehr Kooperation und eine Kopplung von Planung und Bau.

Neue Formen der kooperativen Zusammenarbeit, sowie die konsequente Anwendung innovativer Verfahren sind der Schlüssel für die erfolgreiche digitale und nachhaltige Transformation des Baus. Let’s do it.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.