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26. Mär 2025

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Business

Loslegen! – mit Thomas Kehl

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse

Thomas Kehl ist der erfolgreichste Finfluencer Deutschlands: Auf seinem YouTube-Kanal „Finanzfluss“, den er gemeinsam mit Arno Krieger betreibt, hat er über 1.500 Videos zur finanziellen Bildung veröffentlicht. Aktuell folgen Finanzfluss 1,43 Millionen Menschen, um zu lernen, wie man sich stetig und sicher ein Vermögen aufbauen kann. Der erste Schritt dazu: Loslegen!

Thomas, trotz Kriegen, Ampel-Aus und einer neuen US-Regierung war das Börsenjahr 2024 ein absolutes Jubeljahr. Wie passt das zusammen?

An der Börse wird die Zukunft bewertet. Was im jeweiligen Jahr tatsächlich passiert, hat zunächst keinen direkten Einfluss auf die Börsenkurse, es sei denn, es verändert die Zukunftsaussichten. So war die Grundstimmung im Jahr 2024 eher positiv – die Investoren waren also eher optimistisch. Allerdings wurde der Aktienmarkt vor allem von den Magnificant Seven, den ganz großen US-Technologiewerten, getrieben.

Die Rente ist sicher – aber wie lange noch und wie sie finanziert wird, steht in den Sternen. Was hältst du von der Idee des Generationenkapitals?

Mit dem Generationenkapital soll die Bonität Deutschlands für ein Zinsdifferenzgeschäft genutzt werden, denn Deutschland hat den Vorteil, dass es gemessen am Bruttoinlandsprodukt relativ gering verschuldet ist. Unser daraus resultierendes gutes Rating führt dazu, dass sich der Staat in Deutschland zu einem sehr günstigen Zinssatz verschulden kann. Die Idee des Generationenfonds ist es, sich Geld zu leihen und es langfristig am Aktienmarkt anzulegen, in der Hoffnung, eine höhere Rendite zu erzielen als Zinsen zu zahlen. Dieses System belastet also die Beitragszahler nicht. Ich halte es für besser, die Rente kapitalgedeckt zu finanzieren, als sie wie bisher über das Umlageverfahren zu finanzieren. Es wäre durchaus machbar, dass nicht die heute Erwerbstätigen die Rentner bezahlen, sondern dass die Rente in der Zukunft bezahlt wird, indem man jetzt etwas zurücklegt.

Die finanzielle Belastung der jungen Menschen wird sehr hoch sein, wenn unser bestehendes Rentensystem nicht grundlegend reformiert wird. Was wären neben dem Aufbau eines Generationenkapitals die wichtigsten Punkte?

Das Aufstocken der eigenen Rente sollte so attraktiv wie möglich gemacht werden. Man sollte sich ohne Steuer- und Sozialabgabenbelastung ein zusätzliches Standbein aufbauen können. Die Rente ist schon heute nicht mehr finanzierbar: Jahr für Jahr fließen rund 100 Milliarden Euro aus Steuermitteln in unser Rentensystem. Dabei ist der demografische Wandel noch gar nicht berücksichtigt. Wenn ich die Rente reformieren könnte, würde ich auf jeden Fall eine Kapitaldeckung einführen und festlegen, dass die Beiträge für die jüngere Generation erstens nicht steigen und zweitens in ein kapitalgedecktes System fließen.

Mit deinem YouTube-Kanal Finanzfluss hast du viel dazu beigetragen, junge Erwachsene für den Umgang mit Geld zu sensibilisieren. Haben Studierende und Berufseinsteiger heute ein anderes Money-Mindset als frühere Generationen?

Diejenigen, die unsere Inhalte konsumieren, würde ich deutlich stärker als „finanzielle Selbstentscheider“ definieren, als das in der Vergangenheit und in den Generationen davor der Fall war. Von unseren Followern kennen wahrscheinlich die wenigsten eine Bankfiliale von innen, weil sie sich selbst um ihre Finanzen kümmern. Der Anstieg der Aktionärsquote ist vor allem auf die junge Generation zurückzuführen, die nun selbst Geld auf die hohe Kante legt. Ich sehe bei der jüngeren Generation durchaus ein anderes Money-Mindset als bei den Älteren.

Wie sicher ist Betongold im Alter wirklich?

Durch das Eigenheim hat man den Vorteil, dass die Miete wegfällt, aber man wohnt damit im Alter keineswegs gratis! Hat man in jungen Jahren eine Immobilie gekauft und diese über viele Jahrzehnte abbezahlt, ist sie im Alter meist (technisch) veraltet und hat hohe Heiz- und Instandhaltungskosten.
Gebäude mit schlechten Energiewerten werden derzeit gar nicht oder nur mit sehr hohen Abschlägen verkauft. Das Thema Wohneigentum ist also alles andere als ein „No Brainer“!

Was ist finanziell zu tun – als Berufseinsteiger, mit 40 und mit 60 Jahren?

Sein Budget analysieren: Wie viel nehme ich ein, wie viel gebe ich aus? Daraus lässt sich die Sparquote ableiten. Wenn ich mittelfristig eine Immobilie kaufen möchte, würde ich das Geld als Tagesgeld, Festgeld oder in einem Geldmarktfonds anlegen. Für die Altersvorsorge würde ich einen ETF-Sparplan wählen, denn das ist langfristig die renditestärkste Anlageklasse mit der größten Diversifikation. Aktienkurse steigen und fallen, es wird auch in Zukunft immer mal wieder einen Crash geben. Das ist bei einem langen Anlagehorizont nicht schlimm – jetzt kann man günstig Aktien kaufen.

Als Berufseinsteiger sollte man eine konsequente Sparquote festlegen. Mit etwa 40 Jahren sollte man idealerweise eine gewisse Rücklage aufgebaut haben oder jetzt damit beginnen. Auch mit 60 Jahren lohnt sich eine Anlage am Kapitalmarkt, denn man hat noch viele Lebensjahre vor sich. Ob man investiert oder nicht, hängt nicht vom Alter, sondern vom Anlagehorizont ab.

Was ist dein ultimativer Tipp um endlich zu handeln?

Loslegen! Nicht ängstigen, machen! Bei vielen Brokern und Neo-Brokern kann man schon mit einem Euro einsteigen.

Fun Facts:

Thomas Kehl

  • hat schon als Kind alles verschlungen, was mit finanzieller Bildung zu tun hat – durch Donald Ducks Lustige Taschenbücher (LTB)
  • geht gerne joggen und wandern, um den Kopf freizubekommen
  • liebt Abenteuerurlaube

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.