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7. Jun 2022

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Gesellschaft

„Luxus ist für mich Weitblick“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Presse

Anja Graf ist nicht nur Unternehmerin, sondern auch Designexpertin. Die CEO von Vision Apartments, bietet weltweit über 130.000 Unterkünfte an. Ihr Angebot schliesst die Lücke zwischen Hotelzimmer und Apartment. Was für Sie ein Traumheim ausmacht, verrät sie uns im Interview.

Nach welchen Designvorlieben richten Sie Wohnungen ein?

Meine Devise lautet: Je mehr Design, desto weniger praktisch ist das in der Regel. Schliesslich sollen Menschen sich in unseren Apartments wohlfühlen und leben können. Deshalb versuchen wir, nicht zu unpraktisch zu werden und trotzdem ein modernes Design anzubieten. Das sind zwei bis drei Styles, die wir dann applizieren. Die unteren Apartments bekommen in der Regel weniger Tageslicht, sodass sie von uns hell und freundlich gestaltet werden. Wir haben eine Designerin, die den ganzen Tag nach Trends sucht. Wenn ich was Cooles sehe, dann schicke ich ihr meine Entdeckungen. Sie transformiert meine Impressionen in eine Idee für ein Vision Apartment. Wir sind nicht ja nicht McDonalds und sagen, unser Markenzeichen ist rot gelb für die nächsten 30 Jahre. Es ist uns es deshalb sehr wichtig, immer wieder Neues auszuprobieren. Wir entwickeln auch ganz lustige Sachen: Im letzten Projekt hatten wir plötzlich die Idee, die Tapeten an die Decke zu kleben, statt an die Wände.

Folgt das Design denn einer ganz bestimmten Philosophie?

Natürlich habe ich Vorstellungen vom Design, die ich mit meinem Team nach Absprachen umsetze. Innenarchitektur und Style spielen eine wichtige Rolle, denn sie sollen uns letztlich von der Konkurrenz abheben. Darum kümmert sich ein eigenes Interior Design Team – sie planen die Apartmentstile und realisieren meine Ideen. Allerdings variieren die Stile von Apartment zu Apartment, und wir lancieren immer wieder neue Konzepte. Die dürfen auch gerne etwas ausgefallen sein. Trotzdem muss die Einrichtung funktional sein und über ausreichend Stauraum verfügen. 

Welche Details schätzen Sie besonders in Wohnungen?

Durchdachte Konzepte und übersichtliche, kompakte Wohnungen. Es darf nicht zu kompliziert sein, sondern muss logisch aufgebaut werden. Wenn ich zum Beispiel noch eine Stunde überlege, wo ich hier welches Licht einstelle, ist das Konzept für Bewohner nicht richtig konzipiert. Das gleiche gilt, wenn ich keine Steckdosen finde, um mein Handy irgendwo aufzuladen. Also das ist sicher, das ist mal die Voraussetzung für mich, dass ich mich wohlfühle in meiner Wohnung.

Was macht für Sie persönlich ein «Traumheim» aus?

In einem Traumheim muss ich mich absolut wohlfühlen. Ein Faktor dafür ist eine tolle Aussicht. Wenn ich in eine Stadt reise, dann suche ich mir immer das Hotel oder Apartment aus, wo ich wirklich die Skyline der Stadt sehe. Weitblick ist für mich ein riesiger Luxus. Das Gesamtkonzept muss ebenfalls harmonieren. Farben, Formen, Material, Beleuchtung, Licht, Möbel und Bilder müssen aufeinander abgestimmt sein, damit eine behagliche Atmosphäre entsteht.

Wie und wo wohnen Sie als Expertin für Traum-Immobilien?

Ich wohne in einem Penthouse in Bukarest. Aus meinem Schlafzimmer habe ich eine wunderschöne Sicht, es gibt zudem eine grosse Terrasse rund das gesamte Penthouse. Es ist mir schon wichtig, hoch zu wohnen, aber auch nicht zu hoch. Ein harmonisches Wohngefühl, wie ich es mag, erzeugt man immer mit gelungenen Proportionen, Grössen und den richtigen Distanzen. Kissen, Sofas oder Vorhänge sind dabei nicht zu vernachlässigen und spielen für den Komfort eine bedeutende Rolle. Meine Wohnung ist auch ein wenig Experimentierfläche, um zu sehen, was geht. Grenzen gibt es da eigentlich nicht.

Welche verrückten Ideen oder Wünsche gibt es, die Sie aus bestimmten Gründen noch nicht umsetzten konnten?

Ja, da gibt es natürlich ganz verrückte Sachen. Ich würde zum Beispiel gerne mal Betten gegen Hängematten in einer Wohnung tauschen. Aber das setzen wir alles leider nicht um, weil ich denke, dass die Gefahr eines Unfalls relativ gross ist. Genauso sieht es mit Kerzen aus, die ich persönlich liebe. Doch auch hier besteht das Potenzial eines versehentlichen Brandes. 

Sie haben das Gymnasium abgebrochen, weil Ihnen das Business wichtiger war als die Schule. Hätten Sie damals damit gerechnet heute eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen in der Schweiz zu sein?

Nein, ahnen konnte ich das natürlich nicht. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, es braucht kein Wirtschaftsstudium, um erfolgreich im Business zu werden. Im Gegenteil, diejenigen, die alles lernen, machen dann im Unternehmen alles selbst. Leidenschaft und Mut fürs Business lernt man nicht in der Schule.

27. Jun 2025

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Gesellschaft

Wahlfach Informatik: Zu wenig für Europas digitale Souveränität – mit Christine Regitz

![ChristineRegitz_c_MikeAuerbach_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christine_Regitz_c_Mike_Auerbach_online_d5622666e2.jpg) ```Christine Regitz ist Präsidentin der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI)``` Inmitten einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Stärke zunehmend durch digitale Kompetenz definiert wird, ist informatische Bildung ein entscheidender Hebel für Souveränität und Wirtschaftswachstum. Deutschland braucht nicht nur mehr IT-Fachkräfte – es braucht insgesamt eine digital gebildete Gesellschaft. Denn ohne breite informatische Grundbildung wird die digitale Transformation zur Abhängigkeit statt zur Chance. Informatikkompetenz ist kein Nice-to-have mehr, sondern Grundlage für wirtschaftliche Resilienz. Sie entscheidet darüber, ob wir technologische Entwicklungen mitgestalten oder ihnen hinterherlaufen. Das gilt auch für den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Wer KI nur konsumiert, bleibt abhängig – von den Infrastrukturen, Werten und wirtschaftlichen Interessen anderer. Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Fachkräftesicherung beginnt nicht erst an der Hochschule, sondern bereits in der Grundschule. Informatik muss flächendeckend als Pflichtfach und praxisnah unterrichtet werden – nicht nur, um Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen, sondern um die nächste Generation zum aktiven Gestalten zu befähigen. Nur so entsteht ein Arbeitsmarkt, der auf Augenhöhe mit der Technologie agiert. >Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Deshalb hat die Gesellschaft für Informatik e. V. die Allianz für informatische Bildung ins Leben gerufen. Unser Ziel: den Informatikunterricht flächendeckend stärken, auch schon im Primarbereich. Denn wer heute nicht in digitale Bildung investiert, riskiert morgen, dass Innovation, Wertschöpfung und technologische Kontrolle dauerhaft in Übersee stattfinden. Europa braucht eigene Modelle, eigene Infrastrukturen und vor allem: eigene Menschen, die sie bauen können.