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22. Dez 2022

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Gesellschaft

Mehr als „nur“ richtungsweisend

Journalist: Armin Fuhrer

Viele Menschen lieben Möbelstücke und Gebrauchsgegenstände, die einen Status haben, der sie über andere hebt. Aber was macht ein Original zum Original?

Sie werten jede Einrichtung auf, sind Blickfänge, Lieblingsstücke und unverwechselbar: Design-Klassiker. Aber wann wird ein Möbelstück oder ein Gebrauchsgegenstand eigentlich zum Klassiker, zum Original?Dafür gibt es keine Gebrauchsanweisung, denn ob etwas zum Original wird oder in Vergessenheit gerät, ist nicht Ergebnis einer Entscheidung, sondern einer Entwicklung. Dass beispielsweise die Möbel der Bauhaus-Schule zu Klassikern werden würden, war im Augenblick ihres Entstehens keineswegs klar und auch nicht planbar. Nicht selten stießen sie sogar zunächst auf Ablehnung.

Und doch gibt es ein paar Umstände und Eigenschaften, ohne die ein späterer Klassiker nicht zum Klassiker werden kann. Ganz wichtig: Er muss zum Zeitpunkt seines Entstehens etwas Neues darstellen. Aber das allein reicht bei Weitem nicht aus – dieses Neue muss Einfluss ausüben, es darf nicht nur im Strom seiner Zeit mitschwimmen, sondern muss mindestens einen Teil dieses Stroms in eine neue Richtung lenken. Eine Voraussetzung dafür liegt darin, dass das Original für eine klare Wertehaltung steht, die sich in hoher Qualität, wegweisender Funktionalität und begehrenswerter Form- und Farbgebung widerspiegelt. Es ist also innovativ und geht immer mit der Zeit. Und nicht zuletzt setzt es heutzutage durch seine Langlebigkeit und die verwendeten Materialien auch einen Maßstab für Nachhaltigkeit.

Kurzum: Das Original gibt richtungsgebende Werte vor. Und damit ist auch klar, dass ein Produkt, das das Zeug hat, eines Tages zum Klassiker zu werden, nicht bloß ein Trend, eine Mode sein darf. Denn Trends und Moden kommen und gehen, ein Klassiker aber ist gekommen, um zu bleiben.

Das bedeutet nicht, dass das Original nicht aus dem Geist seiner Zeit entspringt. Im Gegenteil, es spiegelt die Zeit seiner Entstehung wider, wie das Beispiel der Bauhaus-Möbel zeigt. Aber er ist zugleich zeitlos. Spätere Generationen von Nutzern und Liebhabern fühlen ihn als Ausdruck seiner Zeit und tragen dieses Gefühl in ihre eigene Gegenwart weiter. Klassiker verlieren nichts von ihrer ursprünglichen Faszination, sondern gewinnen im Laufe der Jahre und Jahrzehnte mehr davon dazu. Zeitgeist und zeitlos – diesen Spagat schaffen nur sehr wenige Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände – und genau das macht sie zu Originalen. Dadurch sorgen Originale für Beständigkeit, und das ist ein Wert, den immer mehr Menschen in einer Zeit, die immer schnelllebiger wird, zu schätzen wissen. Ein Original im Wohnzimmer vermittelt Beständigkeit, Klarheit und Ordnung.

Aber eins ist auch klar: Originale haben ihren Preis. Die Folge davon ist, dass sie häufig adaptiert werden oder sogar kopiert. Billige Kopien von Klassikern überschwemmen heutzutage den Massenmarkt. Umso erfreulicher ist es, dass sich das Design-interessierte Publikum immer stärker für den Wert echter Originale sensibilisiert. Und vielleicht tröstet ja eine Erkenntnis: Nur echte Klassiker werden hundert- oder tausendfach kopiert – sonst wären sie keine Klassiker.