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26. Sep 2025

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Wirtschaft

Mehr Sicherheit mit NIS2

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: ThisIsEngineering/unsplash

Deutschland zieht die Cyberschrauben an. Mit dem Regierungsentwurf vom Juli 2025 soll die EU-Richtlinie NIS2 in deutsches Recht überführt werden und das Sicherheitsniveau dort heben, wo Ausfälle besonders wehtun: in Kliniken, in Rechenzentren und Fabriken, bei Cloud- und Softwareanbietern.

Nach Angaben von Bundesregierung und BSI sind rund 30.000 Unternehmen und Einrichtungen adressiert. Für IT-Teams, Geschäftsleitungen und Behörden heißt das: klarere Pflichten, feste Meldefristen, mehr Verbindlichkeit im Alltag. NIS2 holt viele bisher unregulierte Akteure an Bord. Wer als „wichtige“ oder „besonders wichtige“ Einrichtung gilt, muss Risiken systematisch managen, Lieferketten prüfen, Zugänge per Mehrfaktor-Login absichern, Netze segmentieren, Back-ups testen und Notfallübungen durchführen. Die Meldepflicht folgt einem festen Takt: innerhalb von 24 Stunden eine Frühwarnung, nach 72 Stunden ein Lagebericht, nach einem Monat ein Abschlussbericht. Diese Routine ersetzt Hektik durch Handwerk und macht Vorfälle vergleichbar. Entscheidend ist, dass Technik, Prozesse und Menschen zusammenspielen: klare Rollen, trainierte Abläufe, geübte Kommunikation.

Die Verantwortung sitzt oben. Vorstände und Geschäftsführer müssen Ziele setzen, Fortschritte prüfen, sich fortbilden und Ressourcen bereitstellen. Wer bremst, riskiert Bußgelder im Millionenbereich oder prozentual am Umsatz. Neu ist auch die Registrierungspflicht: Wer unter NIS2 fällt, muss sich fristgerecht bei der zuständigen Behörde melden. Weil NIS2 sich an Standards wie ISO 27001 und IT-Grundschutz orientiert, können viele Unternehmen auf vorhandene Prozesse und Nachweise aufbauen. Politisch ist Tempo gefragt. Deutschland hat die EU-Frist vom 17. Oktober 2024 verfehlt; das Parlament berät nun den Regierungsentwurf, flankiert vom KRITIS-Dachgesetz. Ein Vertragsverletzungsverfahren der EU läuft. Unternehmen sollten das nicht als Warteschleife lesen. Wer jetzt Betroffenheit prüft, Rollen klärt und Meldeketten testet, verschafft sich Sicherheit im Alltag. „Gerade der Bund und die öffentliche Verwaltung sollten und müssen Vorreiter bei der Cybersicherheit sein“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Damit die Regulierung trägt, braucht es aber auch leistungsfähige Aufsicht, praktikable Vorgaben und eine realistische Übergangszeit.

Entscheidend ist, dass Technik, Prozesse und Menschen zusammenspielen: klare Rollen, trainierte Abläufe, geübte Kommunikation.

Auch das BSI drückt aufs Gas. Präsidentin Claudia Plattner mahnt, bei der Umsetzung sei „jetzt wirklich Tempo gefordert“, damit Pflichten greifen und Unternehmen Planungssicherheit erhalten. Dass Deutschland die Frist gerissen hat, bleibt ein Makel, ändert aber nichts am Kurs. Der Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 setzt das Verfahren fort; zugleich werden für die Bundesverwaltung einheitliche Standards festgelegt. Für Firmen gilt: nicht warten, sondern priorisieren, dokumentieren, üben. Für die Praxis hilft ein Bild: NIS2 ist Brandschutz fürs Netz. Feuerlöscher, Türen, Übungen – vieles wirkt banal, rettet aber im Ernstfall den Betrieb. Wer Angriffe meldet statt vertuscht, lernt schneller, erhält Unterstützung und schützt andere. Wer Vorstand, Einkauf, OT und IT an einen Tisch bringt, vermeidet Reibungsverluste. Wer Lieferanten prüft, reduziert Kettenreaktionen. Und wer Back-ups nicht nur hat, sondern testet, gewinnt Zeit, wenn sie am wertvollsten ist.

Unterm Strich ist NIS2 weniger Drohkulisse als Chance. Die Richtlinie zwingt dazu, Sicherheitsaufgaben zu entflechten, Verantwortlichkeiten zu klären und Routinen zu üben. Das kostet, aber es zahlt ein: weniger Stillstand, mehr Vertrauen, bessere Datenlage. Wer früh anfängt, kontrolliert den Aufwand. Wer wartet, zahlt mit Zinsen.

NIS2 ist Brandschutz fürs Netz. Feuerlöscher, Türen, Übungen – vieles wirkt banal, rettet aber im Ernstfall den Betrieb.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Die nächsten 24 Monate entscheiden: Deutschland im Transformationsfenster – Ein Beitrag von Prof. Dr. Henning Wilts

An den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ haben die meisten Unternehmen lange Zeit einen gedanklichen Haken gemacht: Die eigenen Abfälle werden fachmännisch entsorgt, man hatte seine Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitenwende als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und seitdem völlig veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich jedoch auch das Verständnis von Kreislaufwirtschaft fundamental verändert: Von „Nice-to-have“ zur Schlüsselherausforderung eines auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts, der sich schlagartig bewusst wurde, wie abhängig man doch ist von Rohstoffimporten – und der Bereitschaft vieler Länder, den Zugang zu diesen als strategisches Druckmittel zu nutzen. Dementsprechend gewinnen auch zirkuläre Geschäftsmodelle zunehmend an Bedeutung, die von Anfang an mitdenken, wie die Produkte – und damit auch die darin enthaltenen Rohstoffe – am Ende der Nutzungsphase wieder zurückkommen. Immer mehr Unternehmen experimentieren daher mit Pfandsystemen oder Leasingkonzepten – getrieben von der Idee, damit die Resilienz ihrer Rohstoffversorgung zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Treiber sind die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen, ihre Prozesse klimaneutral aufzustellen – hier ist der Einsatz recycelter Rohstoffe natürlich nicht zum Nulltarif zu haben; auf lange Sicht sind die dafür notwendigen Technologien aber schon deutlich ausgereifter und die Kosten pro eingesparter Tonne CO2 bei entsprechender Skalierung niedriger. Aber obwohl das Thema Kreislaufwirtschaft damit immer stärker auch in den Strategieabteilungen der Unternehmen ankommt, faktisch fehlt es an einer selbsttragenden Innovationsdynamik. Noch immer beträgt das Verhältnis von recycelten Rohstoffen und Gesamtrohstoffbedarf gerade mal 13 Prozent; rechnerisch sind also 87 Prozent aller Rohstoffe noch immer Primärmaterial. Die dafür von vielen genannten Gründe sind einerseits rational: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlt es an finanziellen Ressourcen, um ausreichend in die Transformation zur zirkulären Wertschöpfung zu investieren. Gleichzeitig ist den meisten sehr bewusst, dass Deutschland damit droht, seine eigentliche hervorragende Ausgangsbedingungen in diesem zentralen Zukunftsmarkt zu verspielen. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2024 ihre „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ (NKWS) verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Dafür benennt die Strategie ambitionierte Ziele, beispielsweise die faktische Halbierung des Bedarfs an primären Rohstoffen; im Kern aber vor allem über 130 konkrete Maßnahmen. Diese gehen weit über Abfallwirtschaft hinaus, sondern betreffen z. B. die fokussierte Digitalisierung im Recyclingsektor, innovative Finanzierungsmechanismen oder auch Mindestrezyklatquoten, um so einen sicheren Absatzmarkt für hochwertige Sekundärrohstoffe zu schaffen. Aber natürlich ist Papier geduldig und die eigentliche Herausforderung liegt in der jetzt anstehenden Umsetzung. Ein zentraler Schlüssel wird dabei sein, Allianzen zu schaffen – zwischen all den Akteuren, die in einer Kreislaufwirtschaft profitieren wollen von den erhofften positiven Effekten für Klimaschutz, einheimische Beschäftigung, Aufträgen für den Maschinenbau usw. Die in der NKWS angekündigte Plattform muss es daher schaffen, genau solche Allianzen zu bilden und sich nicht in endlosen Debatten über die 100 Prozent perfekte Lösung zu verlieren – denn die internationale Konkurrenz schläft nicht und es ist überhaupt nicht gegeben, dass die erhofften Vorteile tatsächlich am Standort Deutschland realisiert werden. Die nächsten 24 Monate werden daher maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland am Ende zu den Gewinnern oder den Verlierern der zirkulären Transformation gehören wird.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Rohstoffkreisläufe für Umreifungsbänder schließen – mit Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern

![Scheiblehner_Jürgen_bettercollect2 ONLINE.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Scheiblehner_Juergen_bettercollect2_ONLINE_a360744382.jpg) ```Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern.``` Mit better.collect haben wir den Kreis zwischen Sammlung, Aufbereitung und Wiederverwertung von Umreifungsbänder geschlossen. Es ist ein bereits funktionierender Kreislauf – und eine Einladung an die gesamte Industrie, sich dieser Win-Win-Situation anzuschließen. Unsere Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt klar: Die eigene Abholung und Sammlung bei einzelnen Unternehmen ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden. Unser Ziel ist es, diesen Closed Loop gemeinsam zu etablieren und damit einen Standard für verantwortungsvollen Materialeinsatz zu setzen. Mein Appell an die gesamte Branche, einschließlich Wettbewerbender: Nutzen wir diese Synergien. Allein ist dieser Weg weder kosteneffizient noch nachhaltig darstellbar. Gemeinsam aber wird er zu einer starken Lösung für Unternehmen und Umwelt. >Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden.