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6. Jun 2024

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Business

Mit Röntgenblick die Batterie durchleuchten – mit Michael Salamon

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Foto: Enis Yavuz/unsplash

Michael Salamon, Leiter der Gruppe Hochenergie Röntgensysteme am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT des Fraunhofer IIS, erklärt, wie man den Batteriezustand seines E-Autos prüfen kann, ohne das ganze Fahrzeug auseinanderzubauen.

Herr Salamon, wie machen Sie am Fraunhofer IIS Batterietechnologie sicherer?

Mit unserer Technologie ermöglichen wir in nur wenigen Minuten einen Einblick in das Innere des im Fahrzeug verbauten Batteriemoduls. Um den mechanischen Zustand innerhalb des Batteriespeichers und die tragenden Strukturen des Batterierahmens zu untersuchen, müssen wir das Fahrzeug jedoch nicht zerlegen. Ziel ist eine mögliche Veränderung der Zellen zu erkennen, um daraus Informationen zum State of Safety (SOS) des Batteriespeichers ableiten zu können. Alternativ könnte man den Gesamtaufbau des Speichers mit einem im Fahrzeug hinterlegten Batteriepass abgleichen, um beispielsweise Unfallschäden ausschließen zu können.

Dieser Anwendungsfall könnte besondere Vorteile für die Schadensklassen Einstufung der Versicherungen haben, da bei einem unauffälligen Röntgenergebnis ein Batteriespeicher selbst nach einem Unfall noch als sicher eingestuft werden könnte. Derzeit muss nach einem Unfall mit Airbag Auslösung der Batteriespeicher komplett ausgetauscht werden, was aktuell zu einem Preisanstieg der Versicherungspolicen führt.

Was hat Röntgentechnik mit Fahrzeugsicherheit zu tun?

Röntgentechnik ist ein integraler Bestandteil der Fahrzeugherstellung, bei der beispielsweise elektronische Komponenten auf fehlerfeie Lötstellen im Produktionsprozess geprüft werden. In der Entwicklung von Fahrzeugen kommt unsere XXL-CT-Technologie seit elf Jahren zum Einsatz, um beispielsweise die innere Verformung von Strukturen nach einem Crashtest erfassen zu können ohne dazu das Fahrzeug auseinander zu bauen.

Im Lebenszyklus eines Fahrzeugs ist die Röntgenanwendung bislang nicht präsent, da bei einem Verbrenner die relevante Fahrzeuginformation auf den dicht verbauten Motorraum beschränkt ist. Erst die Elektromobilität bestärkt den Einsatz von Röntgentechnik da die flächenhafte Anordnung der Batteriespeicher moderner Elektrofahrzeuge die Röntgenabbildung begünstigt. So kann selbst in vollständig gekapselte Batteriemodule hineingeschaut werden um eine visuelle Inspektion der Zellen sowie weiterer Merkmale vorzunehmen. Daher könnte das Röntgenverfahren in Zukunft ein Teil der Hauptuntersuchung werden, um bei unklarer Fahrzeughistorie oder Auffälligkeiten genauer hinzuschauen.

Kann man kaputte Zellen reparieren?

Es hängt von der Bauweise des Batteriespeichers ab, ob eine Zelle getauscht werden kann oder nicht. Leider können wir zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen, welchen Defekttyp und Grad der Zellschädigung wir künftig erkennen werden. Um diesen Aspekt zu beleuchten, führen wir im Moment eine Studie durch.

Lässt sich diese Technologie auch an anderen Standorten als in Fürth nutzen?

Derzeit ist die Anlage in unserer XXL-CT Testhalle untergebracht. Nach erfolgreichem Abschluss der Studie möchten wir die Anlage mit Partnern an weiteren Standorten realisieren. Wir können uns gut vorstellen, dass sich das Prüfverfahren deutschlandweit und dann weltweit etablieren lässt. Dazu sind allerdings noch weitere Entwicklungsschritte nötig wie z. B. eine automatisierte Auswertung der Ergebnisse. Hierbei spielt uns die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz in die Karten, die beispielsweise in der medizinischen Bildgebung schon hervorragende Dienste leistet.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.