Diesen Artikel teilen:

4. Jun 2024

|

Gesellschaft

Nachhaltige Textilsiegel im Überblick

Journalist: Kirsten Schwieger

|

Foto: Geschäftsstelle Grüner Knopf

In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, bieten Umwelt- und Sozialzertifikate Orientierung und Sicherheit für Verbraucher. Im Folgenden werden vier bedeutende Textilsiegel vorgestellt, die sich durch strenge Kriterien und unabhängige Kontrollen auszeichnen: Der Blaue Engel, NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST, die Standards der Aid by Trade Foundation, und der Grüne Knopf.

Blauer Engel Textil

Deutschlands wohl bekanntestes Umweltzeichen ist der Blaue Engel. Seit 1978 setzt dieser unabhängige Maßstäbe für umweltschonende, gesunde sowie langlebige Produkte. Von der Historie ist der Blaue Engel ein Umweltzeichen, betrachtet aber zunehmend auch die Arbeitsbedingungen während der Herstellung. Mit dem Blauen Engel für Textilien werden Produkte ausgezeichnet, die hohe Umweltstandards im Herstellungsprozess beachten, gesundheitsbelastende Chemikalien im Endprodukt vermeiden, Reststoffe und Rezyklate verwenden, Arbeitssicherheit und soziale Bedingungen in der Herstellung verbessern sowie eine gute Gebrauchstauglichkeit sicherstellen. Bei der Vergabe des Zeichens wird der gesamte Produktlebenszyklus betrachtet – von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung und dem Recycling. Dabei geht das Gütesiegel über klassische Umweltkriterien wie niedriger Energieverbrauch, geringe Emissionen in Wasser, Luft und Boden oder Ressourcenschutz hinaus und betrachtet auch gesundheitliche Aspekte, wie Schadstoffarmut und Geräuschemissionen. Siegel-Inhaber ist das Bundesumweltministerium (BMU), vergeben wird das Siegel von der RAL gGmbH.

NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST

Der vor allem im europäischen Raum bekannte Standard vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e. V. deckt seit 2000 die gesamte textile Produktionskette ab, in ökologischer wie sozialverantwortlicher Hinsicht. Der Standard spiegelt die vom IVN entworfenen Richtlinien für Naturtextilien wider und garantiert, ab der Weiterverarbeitung der Baumwolle, die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, also die Grundprinzipien der International Labour Organisation. Dabei wird bewusst eine eingeschränkte Palette an Qualitäten und Produkten in Kauf genommen. Hersteller müssen eine Umweltpolicy haben, Mindestlöhne zahlen und auf synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel verzichten. Das eigentliche Gewebe eines Textils muss dafür zu 100 Prozent aus Naturfasern bestehen, die aus kontrolliert biologischem Anbau oder kontrolliert biologischer Tierhaltung stammen. Nur Produkte, deren gesamte Herstellung in jedem einzelnen beteiligten Betrieb zertifiziert wurde, dürfen das Siegel tragen. Auch im Bereich Recycling wird vorausgesetzt, dass die Naturfasern zu 100 % biologisch abbaubar sind.

Die Standards der Aid by Trade Foundation

Mit Cotton made in Africa (CmiA), Cotton made in Africa Organic (CmiA Organic), Regenerative Cotton Standard (RCS) und The Good Cashmere Standard (GCS) setzt sich die Aid by Trade Foundation (AbTF) für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen und Tieren sowie den Schutz der Umwelt ein. Unabhängige Auditoren überprüfen regelmäßig die Einhaltung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte der Standards sowie die Kriterien für Tierwohl und nachhaltiges Management. Die Anforderungen orientieren sich an den Vorgaben international anerkannter Konventionen wie der ILO oder der WHO beziehungsweise an dem Modell der fünf Domänen des Tierwohls. Eine weltweit aktive Allianz aus Textilunternehmen und Modemarken nutzt die verifizierten Rohstoffe und bezahlt dafür Lizenzgebühren. Angesichts der steigenden Herausforderungen an die Landwirtschaft und Textilproduktion sind die Standards von grundlegender Bedeutung für deren Resilienz und Zukunftsfähigkeit. Die international renommierte und agierende AbTF wurde 2005 durch den Unternehmer und Stifter Prof. Dr. Michael Otto gegründet. Sie arbeitet in enger Kooperation mit Branchenexperten, Tier- sowie Naturschutzspezialisten zusammen.

Der Grüne Knopf

Als eine Art „Übersiegel“ wurde das staatliche Siegel 2019 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiiert. Der grüne Knopf prüft systematisch, auf Basis von Vor-Ort-Kontrollen in Produktionsländern, ob ein Unternehmen Verantwortung für die Lieferkette übernimmt und somit seinen unternehmerischen Sorgfaltspflichten nachkommt. Zusätzlich muss durch glaubwürdige Siegel nachgewiesen werden, dass auch das Produkt nachhaltig hergestellt wurde. Modehersteller die bereits bestehende Textilsiegel für ökologische und soziale Produktionsstandards nutzen, können sich um den grünen Knopf bewerben. Dieser umfasst 26 soziale und ökologische Produktkriterien sowie 20 Unternehmenskriterien: von A wie Abwassergrenzwerte bis Z wie Zwangsarbeitsverbot. Neben den beiden Produktionsschritte Nähen und Zuschneiden sowie Färben und Bleichen müssen auch konkrete Anforderungen an die verwendeten Materialien und Fasern erfüllt werden. Das staatliche Siegel ist als geschützte Marke eingetragen. Für die Einhaltung der Kriterien soll die Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland (DAkkS) sorgen.

9. Jul 2025

|

Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.