22. Dez 2021
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Gesellschaft
Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind die Megatrends der kommenden Jahre. Auch und besonders die Bauwirtschaft ist gefordert und sie beginnt in beiden Bereichen bei weitem nicht bei null, wie die Beiträge und Beispiele in dieser Beilage zeigen. Digitalisierung ermöglicht konsequente Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit erzwingt geradezu Digitalisierung – dies möchte ich gerne etwas näher erläutern.
Wir alle wissen, dass mehr Nachhaltigkeit heißt, Ressourcen und Rohstoffe schonend und vor allem effizient zu nutzen. Auf Bauwerke bezogen bedeutet das auch, Bauwerke so zu planen und zu errichten, dass diese während ihrer möglichst langen Nutzungsphase möglichst wenige oder – im besten Fall – so gut wie gar keine weiteren Rohstoffe oder Energien benötigen. Schlussendlich: Steht ein Umbau- oder gar Rückbau an, so sollten möglichst alle Stoffe wiedergewonnen und erneut genutzt werden können.
Nun bestehen Bauwerke aus einer Vielzahl von verschiedenen Stoffen und Produkten. Die meisten davon setzen sich wiederum aus unterschiedlichen Ausgangsstoffen zusammen. Und die meisten dieser Materialien und Produkte sollten möglichst fest miteinander verbunden sein. Das gilt für die tragen-den Strukturen eines Bauwerks ebenso wie für die vielen Einbauten und Komponenten, wie Fenster, Rohre, Leitungen und vieles, vieles mehr. Klassische Pläne aus Papier oder auch aus CAD-Programmen können diese Vielfalt an Informationen über Werkstoffe, Produkte, ihren Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie verarbeitet und verbaut wurden keinesfalls transportieren.
Digitale Bauwerksdatenmodelle jedoch können das. Und sie können sogar deutlich mehr – die menschliche Fantasie allein setzt Grenzen. Im Bauwesen ist das Schlagwort für Digitalisierung das Kürzel BIM, das ausgeschrieben Building Information Modeling heißt.
BIM revolutioniert das Bauwesen. Durch BIM entsteht ein sehr schlauer, unglaublich vielfältig einsetzbarer und (virtuell) erlebbarer digitaler Zwilling eines Bauwerks – dieser digitale Zwilling entwickelt sich schon mit den ersten Entwurfsideen von Architekten und ist schon in frühen Phasen beispielsweise mittels Virtual Reality Techniken virtuell erlebbar. So können spätere Nutzer – denken wir an Pflegekräfte eines neuen Krankenhauses – schon sehr früh und buchstäblich konstruktiv eingebunden werden. Arbeitsabläufe aus der Praxis der späteren Nutzer können virtuell getestet, ja sogar optimiert werden. Denn auch das ist ein Aspekt von Nachhaltigkeit: Wir brauchen Bauwerke, die wirklich optimal „funktionieren“.
BIM ermöglicht es, Energieverbräuche zu simulieren, noch bevor das Fundament gegossen wurde. Und im digitalen Bauwerksdatenmodell ist abgespeichert, wo welche Materialien verbaut sind und wie diese wieder gelöst und für weitere Nutzungen gewonnen werden können. Reden wir von Nachhaltigkeit und Digitalisierung, so müssen wir zwingend einen weiteren Aspekt mit in den Blick nehmen: Die digitale Nachhaltigkeit.
Digitale Zwillinge – oder präziser: Bauwerksdatenmodelle – bestehen naturgemäß aus einer sehr großen Menge an Daten. Es nützt auf lange Sicht wenig, wenn diese Daten nur von bestimmten Softwareprogrammen gelesen und genutzt werden können. Digitale Nachhaltigkeit erfordert somit offene Standards und offene Schnittstellen. Nur wenn Daten von Bauwerken über Softwaregrenzen hinweg genutzt werden können, werden sich die gewaltigen Potentiale der Digitalisierung für alle nutzbringend einstellen. Daten werden so zu einem hochpotenten und faszinierenden Baustoff für das nachhaltige Planen, Bauen und Nutzen von Bauwerken.