Diesen Artikel teilen:

30. Dez 2024

|

Business

Neue Mobilität als Treiber der systemischen Transformation

|

Foto: Eric Weber/unsplash

Die Mobilität steht im Zentrum eines umfassenden Transformationsprozesses, der sich entlang der Achsen der Energie- und Mobilitätswende bewegt. Im Kontext der Green Economy entstehen dabei nicht nur technologische Innovationen, sondern auch tiefgreifende Veränderungen in politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Dieser Wandel geht über den Austausch einzelner Technologien hinaus und erfordert eine Neuausrichtung von Infrastruktur, Märkten und gesellschaftlichen Prioritäten.

C_Heep_Portrait_2013-1online.jpg BEM-Vorstand Christian Heep

Die Business-Mobility-Kampagne beleuchtet, wie dieser systemische Transformationsprozess neue Chancen für eine nachhaltige Wirtschaft bietet. Unternehmen stehen dabei im Fokus, da sie als Akteure dieser Veränderung eine Schlüsselrolle übernehmen. Sie tragen dazu bei, zukunftsorientierte Lösungen zu entwickeln, die auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit basieren und gleichzeitig ökonomische Stabilität gewährleisten. Der Übergang wird jedoch nicht allein durch technologische Fortschritte erreicht, sondern erfordert politische Lenkungswirkung, um Investitionen in grüne Technologien und Infrastrukturen zu befördern: Konsistente politische Signale und klare Rahmenbedingungen sind dabei entscheidend. Die Beendigung fossiler Subventionen ist ein notwendiger Schritt, um Marktverzerrungen zugunsten nicht-nachhaltiger Technologien zu beseitigen. Dies ist nicht nur ökologisch geboten, sondern auch wirtschaftlich notwendig, um Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Wohlstand zu sichern. Es geht dabei nicht nur um die Abkehr vom Verbrennungsmotor, sondern um die konsequente Priorisierung umweltfreundlicher Technologien, die bereits verfügbar sind und schon heute ökologische und wirtschaftliche Vorteile bieten können. Zukunftsfähige Produkte und Lösungen sind der Schlüssel, um im globalen Wettbewerb zu bestehen und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch zu senken. Es geht nicht mehr um „Technologieoffenheit“, sondern um klare Technologieentschlossenheit. Unternehmen sollten auf Technologien setzen, die nachweislich den größten Nutzen für Umwelt und Wirtschaft bieten. Diese Neuausrichtung steht in engem Zusammenhang mit dem Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit. Der Transformationsprozess muss die Bedürfnisse der heutigen Generation erfüllen, ohne die Chancen und Lebensqualität zukünftiger Generationen zu gefährden und fungiert dabei als moralisches und gesellschaftspolitisches Leitbild für die Energie- und Mobilitätswende. Die Etablierung einer flexiblen, fein abgestimmten Green Economy wird ein zentraler Gradmesser für den Erfolg. Eine intermodale Mobilität hat das Potenzial, das Leben in Städten, Gemeinden und ländlichen Regionen grundlegend zu verändern. Metropolen könnten sich zu Oasen der Nachhaltigkeit und des Wohlstands entwickeln, was ihre Attraktivität steigern wird. Dieser positive Wandel betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche – von der Neugestaltung der Stadtplanung mit grünen Infrastrukturen und emissionsarmen Verkehrskonzepten bis hin zur Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze und der sozialgerechten Förderung gesellschaftlicher Teilhabe. In einem global vernetzten Weltmarkt besteht ein intensiver Wettbewerb um die Implementierung der besten Lösungen und Technologien, die nicht nur die Erreichung der Klimaziele unterstützen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten. Unternehmen, die frühzeitig auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen setzen, können ihre Wettbewerbsposition stärken und dazu beitragen, dass Europa eine Führungsrolle im Bereich der Green Economy und der Skalierung zukunftsweisender Technologien übernimmt. Schlussendlich zeigt sich, dass die Neue Mobilität im Kontext der Green Economy weit mehr ist als ein Mittel zum Zweck. Sie ist der Schlüssel zu einem stabilen Zukunftsmodell, das ökologische, ökonomische und soziale Anforderungen vereint. Wenn es gelingt, den Nachweis zu erbringen, dass diese Transformation wirtschaftlich tragfähig ist, könnten weitere Länder ähnliche Konzepte übernehmen. Dies ist die einzige Möglichkeit, innerhalb eines funktionierenden und langfristig kostengünstigeren Wirtschaftssystems sowohl Klimafolgeschäden zu kompensieren als auch den globalen Klimawandel effektiv zu bekämpfen. Als viertgrößte Industrienation trägt Deutschland – gemeinsam mit Europa – eine besondere Verantwortung, diesen Weg entschlossen zu gestalten und als Vorbild für nachhaltigen Wandel zu agieren.

27. Jun 2025

|

Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.