30. Sep 2021
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Gesellschaft
Journalist: Jakob Bratsch
Raimund Nowak, Fachbeirat Bundesverband eMobilität (BEM), im Interview über intelligente und innovative Stadtentwicklung.
Wir übersetzen smart mit klug. Es ist sehr klug, wenn Fahrzeuge von Motoren angetrieben werden, die geräuscharm arbeiten, die Luft nicht mit Schadstoffen belasten und als Treibstoff erneuerbaren Strom nutzen. Wer weniger Lärm, bessere Luft und mehr Klimaschutz will, muss so schnell wie möglich auf Elektromobilität umsteigen.
Natürlich ist der Umstieg nur ein erster Schritt, aber dieser führt in die richtige Richtung. Es wird auch in Zukunft motorisierten Verkehr geben und nach Lage der Dinge können wir die Klimaschutz-ziele mit Fahrzeugen, die von Verbrennungsmotoren angetrieben werden, nicht erreichen. Deshalb müssen wir parallel das Verkehrssystem ändern. In den Ballungsräumen muss Mobilität anders gedacht werden. Dazu gehört z. B. eine deutliche Steigerung des Fuß- und Radverkehrs sowie eine stärkere Nutzung von Bahnen und Bussen.
Natürlich muss mehr getan werden, um die Menschen für eine veränderte Mobilitätswelt zu gewinnen. Viele Be-denken sind leicht auszuräumen. Leider werden die verkehrspolitischen Debatten viel zu polarisierend geführt. Dabei ist es gar nicht so schwer, Fahrgemeinschaften zu bilden, das Lastenrad zu teilen und verschiedene Mobilitätsangebote besser miteinander zu verbinden.
Von der Antriebs- und Verkehrswende profitieren in erster Linie Menschen, die in beschränkteren Wohnverhältnissen leben, deren Wohnungen an Straßen mit viel Autoverkehr liegen und Familien, die mit ihren Kindern auf die Spielplätze im Stadtquartier gehen und sich nicht ständig Ausflüge in das Umland oder Urlaubsreisen leisten können. Die Interessen dieses Bevölkerungsteils werden in der Verkehrsdebatte oft zu wenig beachtet. Wenn man genau hinschaut, wird man feststellen, dass es sich hier um die Mehrheit handelt.
Der Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor ist keine große Herausforderung mehr. Hier geht es letztlich nur noch darum, möglichst viel Energie vor Ort zu produzieren und die Fahrzeugbatterien in ein intelligentes System der Stromerzeugung einzubauen. Das ist keine technische, sondern mehr eine regulatorische Herausforderung. Hier brauchen wir etwas mehr Mut in der Politik. Mit dem autonomen Fahren steht eine technische Revolution vor der Tür. Selbstfahrende Fahrzeuge dürften in den urbanen Zentren den privaten PKW mehr und mehr zu einem Produkt aus dem Technikmuseum machen. Diese Roboterfahrzeuge werden jetzt entwickelt und kommen ganz sicher mit einem Elektromotor auf die Straße. Die Antriebswende wird also automatisch erfolgen.
In erster Linie entsteht mehr Raum, weil viel weniger Abstellflächen für PKW benötigt werden. Wenn wir diese Räume smart – also klug – nutzen, dann können wir das Leben in den Ballungsräumen deutlich attraktiver gestalten und Problem wie fehlender Wohnraum oder auch die Anpassung an Klimaveränderungen viel einfacher lösen. Da habe ich den Gewinn an Ruhe durch die leisen Motoren noch nicht erwähnt – die es dann nicht nur in PKW, sondern auch in Motorrädern und Lieferfahrzeugen gibt.