Diesen Artikel teilen:

12. Nov 2021

|

Gesellschaft

Ohne die Politik wird es nicht klappen

Journalist: Thomas Soltau

Nachhaltige Geldanlagen sind ein boomender Markt. Im Interview erklärt Prof. Dr. Christian Klein, Professor für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität Kassel, wie wichtig grünes Investment ist.

Prof. Dr. Christian Klein, Professor für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität Kassel; Foto: Presse

Warum ist nachhaltige Anlage in Zeiten des Klimawandels immer noch ein Nischenthema?

Nachhaltige Geldanlagen sind kein Nischenthema mehr. Wir sehen hier seit etwa zwei Jahren Wachstumsraten von über 100 Prozent. Das Hauptproblem dürfte allerdings immer noch sein, dass viele Endverbraucherinnen und -verbraucher gar nicht wissen, dass auch bei der Geldanlage auf Nachhaltigkeit geachtet werden kann. Aber das wird sich spätestens nächstes Jahr ändern, wenn die Finanzberater:innen verpflichtet sein werden, das Thema aktiv anzusprechen.

Was kann jede:r Einzelne tun, um einen Trend zu grünen Investments zu beschleunigen?

Einfach machen. Es ist wirklich nicht so schwer. Im Beratungsgespräch den:die Berater:in nach nachhaltigen Anlagen fragen, oder einfach googeln.

Stichwort Impact Investing. Wie schafft es die Finanzbranche, die Wirkung transparent und für alle nach gleichen Regeln darzustellen?

Das ist nun tatsächlich ein Thema, das ziemlich kontrovers diskutiert wird. Die Frage, wie eine Investition direkt und messbar einen positiven Einfluss haben kann, ist nicht trivial zu beantworten. Meiner Meinung nach war die Finanzbranche mit einigen Versprechungen, die sie gemacht hat, etwas voreilig. Das bedeutet aber nicht, dass nachhaltige Geldanlagen nichts bewirken. Die Diskussion um den „Impact“ ist eine spezielle Debatte. Sehr vereinfacht gesagt könnte man sagen: Lassen Sie uns doch erst einmal keinen Schaden mehr anrichten. Das versuchen die meisten nachhaltigen Geldanlagen. Wie wir mit unserem Geld aktiv die Welt retten können, überlegen wir uns später.  

Was hat der Klimawandel für Auswirkungen auf die Kapitalmärkte?

Die Auswirkungen sind gigantisch. Wenn wir die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen wollen, müssen wir große Teile unserer Industrie umbauen. Das wird teuer. Einige Geschäftsmodelle werden nicht mehr funktionieren, neue werden entstehen. Und es ist dann beispielsweise keine gute Idee mehr, in Öl oder Kohle zu investieren. Daran sieht man übrigens, dass Nachhaltigkeitsüberlegungen bei Finanzanlagen kein „Gute-Menschen-Thema“ ist. Es geht hier auch um ganz konkrete Fragestellungen, die für die finanzielle Performance relevant sein können.

Wie kann der globale Kapitalmarkt einen Beitrag leisten, um den Klimawandel aufzuhalten?

Die EU-Kommission hat angekündigt, die globalen Finanzströme so umzuleiten, dass Investitionen, die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen im Einklang stehen, finanziert werden. Aktivitäten, die dem Erreichen dieser Ziele widersprechen, soll dagegen das Geld entzogen wer-den. Die Kapitalmärkte können also hier einen sehr großen Beitrag leisten, indem sie bestimmte Branchen finanzieren und anderen das Geld entziehen. Aber dieser Beitrag ist nur unterstützend. Ohne die Politik wird es nicht klappen.

Sie wirken stets optimistisch. Was glauben Sie, wann werden wirklich nachhaltige Anlagen den Aktienmarkt dominieren?

Ich glaube sogar, dass es mittel- bis langfristig gar keine „nachhaltigen Geld-anlagen“ mehr geben wird, da es völlig normal geworden ist, dass bei Investitionen bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden.

30. Apr 2025

|

Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.