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6. Jun 2024

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Gesellschaft

Perspektive der Verbraucher einnehmen – von Gerhard Hillebrand

Die Mobilität in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Straßen- und Bahnnetz sind in die Jahre gekommen, Sanierung und Ausbau verlangen hohe Investitionen und werden Jahrzehnte benötigen. Viel schneller müssen die ambitionierten Klimaziele im Straßenverkehr umgesetzt werden. Um diese zu erreichen, strebt die Bundesregierung unter anderem 15 Mio. Elektroautos bis 2030 an, die an 1 Mio. öffentlichen Ladepunkten aufgeladen werden können. Ein Beitrag von Gerhard Hillebrand, ADAC-Verkehrspräsident.

Aber: Die Antriebswende kommt nicht in dem erwünschten Tempo voran, und die hochgesteckten Ziele sind aus heutiger Sicht kaum erreichbar. Denn die Unsicherheiten der Verbraucher sind nach wie vor hoch, die Neuzulassungen gehen spürbar zurück und auch gebrauchte E-Autos finden kaum Abnehmer. Der Verkehrssektor hat 2023 zum dritten Mal in Folge seine Klimaziele deutlich verfehlt.

Umso wichtiger wäre es, dass der Hochlauf der Elektromobilität gelingt – und dass zusätzlich mehr Anstrengungen unternommen werden, um den Verbrenner klimafreundlicher zu betreiben. Beides zusammen kann erheblich dazu beitragen, dass Klimaschutzziele auch im Verkehr erreicht werden. Denn absehbar ist, dass die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf andere Verkehrsmittel nur teilweise gelingen wird – und der Pkw nach wie vor eine große Rolle für die Mobilität der Menschen spielen wird.

Was also tun? Damit mehr Menschen bereit sind, auf die Elektromobilität umzusteigen, sollten wir mit Grundsatzdiskussionen aufhören und Probleme lösen helfen. So ist die sachliche Information entscheidend, um die Unsicherheiten zu reduzieren. Das ist auch die Rolle des ADAC, der Verbraucher auf der Basis von Tests und Expertenwissen informiert und berät – ohne schlecht- oder schönzureden.

Wenn es um reale Probleme geht, müssen aber diese ebenso benannt werden wie die Verantwortlichkeiten in Politik und Wirtschaft. Und gemeinsam müssen alle Kräfte daran arbeiten, besser zu werden. So muss die Regierung Rahmenbedingungen weiter verbessern und für mehr Planungssicherheit als in der Vergangenheit sorgen. Ein Stichwort ist hier die Kurzatmigkeit in der Förderpolitik.

Hersteller sind aufgerufen, ihr Modellangebot an die Bedarfe anzupassen und bezahlbare, kleinere Fahrzeuge anzubieten. Elektromobilität wird sich nicht in die Breite tragen lassen, wenn fast ausschließlich große und hochpreisige Pkw angeboten werden.

Energieversorger müssen gemeinsam mit der Politik für ausreichend Ladeinfrastruktur sowie bezahlbaren Ladestrom sorgen, damit die Vorteile von E-Pkw im Betrieb zum schlagkräftigen Argument für die Elektromobilität werden. Kommunen schließlich müssen Flächen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung stellen und einen echten Wettbewerb der Anbieter zulassen, damit Preise sinken und die Auswahl steigt.

Am Ende geht es jetzt darum, konsequent die Perspektive der Verbraucher einzunehmen – denn um sie geht es und auf deren Akzeptanz kommt es an. Natürlich müssen auch wir als Verbraucher bereit sein, uns auf Neues einzulassen.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.