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22. Jul 2019

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Gesellschaft

Photovoltaik wächst schneller denn je

Journalist: Chan Sidki-Lundius

Kostensenkungen und der Ausbau der Produktionskapazitäten machen die Photovoltaik zu einer der attraktivsten Technologien für die globale Energiewende. „Die Photovoltaik (PV) wird sich zu einer tragenden Säule der Energiegewinnung entwickeln“, sagt Prof. Dr. Bernd Rech. Er ist seit dem 1. Juni Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB).

Hier werden komplexe Materialsysteme erforscht, die dazu beitragen, Herausforderungen wie die Energiewende zu bewältigen. Das Thema Solarenergie begeistert den Physiker schon seit der Schulzeit. „Das Faszinierende an der Solarenergie ist, dass sie so großes Potenzial in puncto Energieumwandlung besitzt und dass sie nahezu unerschöpflich ist. In einer Stunde scheint die Sonne so viel Energie auf die Erde, wie die ganze Welt in einem Jahr an Primärenergie benötigt“, erläutert der international geschätzte Experte für erneuerbare Energien und Technologietransfer. Er geht davon aus, dass nicht nur der Stromsektor, sondern auch Gebäude und Fahrzeuge, dazu auch der Wärmebereich, die Industrie und Chemieprozesse in Zukunft mit einem großen Anteil durch Solarenergie versorgt werden. „Das liegt unter anderem daran, dass Solarstrom in vielen Teilen der Welt bereits heute sehr wettbewerbsfähig Strom erzeugen kann und die Kosten weiter sinken werden. Zudem gehen von der Photovoltaik keine Gefahren für Mensch und Umwelt aus“, so Rech.

Internationale Photovoltaik-Forscher führen in einer jüngst erschienen Expertise aus, dass die PV-Kapazität schneller steigt als erwartet. 2018 waren weltweit 500 Gigawatt PV-Leistung installiert, für 2030 rechnen die Experten weltweit mit zehn Terawatt installierter PV-Leistung, 2050 sollen es 30 bis 70 TW sein.

Prof. Dr. Bernd Rech,Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB), Foto: Pressefoto

Bei der Silizium-PV, die 95 Prozent des Weltmarkts abdeckt, geht der Trend zu kostengünstigen Solarzellen mit passivierten Kontakten, die höhere Wirkungsgrade ermöglichen. Technologische Fortschritte im Bereich der Dünnschicht-Technologien haben auch hier die Wirkungsgrade über die 20-Prozent-Marke gehoben. Unter dem Strich wandeln diese Solarzellen nur einen Teil der Sonnenenergie in elektrischen Strom. „Da geht noch mehr“, ist Rech überzeugt. „Die Physik erlaubt sogar über 50 Prozent, dafür bedarf es aber neuer Konzepte und neuer Technik, da ist die Forschung noch längst nicht am Ende.“ Noch sehr teure Mehrfachsolarzellen auf Basis von Verbindungshalbleitern haben bereits über 40 Prozent im Labor gezeigt. Dies gilt es mit neuen kostengünstigen Materialien und Technologien auf großen Flächen zu realisieren. Eines ist sicher: Bei einer Produktion im Terawatt-Bereich werden Fragen der Materialversorgung, der Nachhaltigkeit und des Recyclings stärker in den Fokus rücken.

Bernd Rech spricht nicht nur gern über Solarenergie, er nutzt sie auch selbst. Er wohnt mit seiner Familie in einem Plus-Energiehaus. Dessen Photovoltaikanlage produziert rund 11.000 kWh Strom pro Jahr. 6.000 KWh verbraucht die Familie für Haushaltsstrom und Heizen. Die Überschüsse werden ins Netz eingespeist. „Wir sind fast autark“, freut sich Bernd Rech. „Allerdings braucht es noch Lösungen für den Winter und nachts.“ Netze und Leistungselektronik, Speicher, Sektorenkopplung sowie Power-to-Gas könnten und müssten weiterentwickelt werden, um den zukünftig hohen Anteil von Solarstrom aufzunehmen.

27. Jun 2025

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Gesellschaft

Wahlfach Informatik: Zu wenig für Europas digitale Souveränität – mit Christine Regitz

![ChristineRegitz_c_MikeAuerbach_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christine_Regitz_c_Mike_Auerbach_online_d5622666e2.jpg) ```Christine Regitz ist Präsidentin der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI)``` Inmitten einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Stärke zunehmend durch digitale Kompetenz definiert wird, ist informatische Bildung ein entscheidender Hebel für Souveränität und Wirtschaftswachstum. Deutschland braucht nicht nur mehr IT-Fachkräfte – es braucht insgesamt eine digital gebildete Gesellschaft. Denn ohne breite informatische Grundbildung wird die digitale Transformation zur Abhängigkeit statt zur Chance. Informatikkompetenz ist kein Nice-to-have mehr, sondern Grundlage für wirtschaftliche Resilienz. Sie entscheidet darüber, ob wir technologische Entwicklungen mitgestalten oder ihnen hinterherlaufen. Das gilt auch für den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Wer KI nur konsumiert, bleibt abhängig – von den Infrastrukturen, Werten und wirtschaftlichen Interessen anderer. Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Fachkräftesicherung beginnt nicht erst an der Hochschule, sondern bereits in der Grundschule. Informatik muss flächendeckend als Pflichtfach und praxisnah unterrichtet werden – nicht nur, um Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen, sondern um die nächste Generation zum aktiven Gestalten zu befähigen. Nur so entsteht ein Arbeitsmarkt, der auf Augenhöhe mit der Technologie agiert. >Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Deshalb hat die Gesellschaft für Informatik e. V. die Allianz für informatische Bildung ins Leben gerufen. Unser Ziel: den Informatikunterricht flächendeckend stärken, auch schon im Primarbereich. Denn wer heute nicht in digitale Bildung investiert, riskiert morgen, dass Innovation, Wertschöpfung und technologische Kontrolle dauerhaft in Übersee stattfinden. Europa braucht eigene Modelle, eigene Infrastrukturen und vor allem: eigene Menschen, die sie bauen können.